Video fehlinterpretiert
Gerichtshof nannte Besetzung von palästinensischen Gebieten illegal
30.9.2024, 16:40 (CEST)
Am 7. Oktober 2023 griff die Hamas Israel an, der dadurch ausgelöste bewaffnete Konflikt dauert bis heute an und beschäftigt auch die internationale Gemeinschaft. Auch das Hauptrechtsprechungsorgan der Vereinten Nationen - der Internationale Gerichtshof (IGH) - befasste sich damit. Hat der IGH Israel als «illegaler Staat» deklariert, wie in einem Facebook-Post behauptet wird? Die Behauptung kursiert zusammen mit einem Video, das den palästinensischen Aussenminister Riyad al-Maliki zeigt. Was ist genau im Clip zu sehen und hören?
Bewertung
Der Internationale Gerichtshof erklärte in seinem Urteil vom 19. Juli 2024 die Besetzung palästinensischen Territoriums durch Israel als illegal. Der palästinensische Aussenminister verkündete dies auch so den Medien. In keiner Weise wird Israel die Staatlichkeit abgesprochen, weder im IGH-Urteil noch vom palästinensischen Aussenminister. Die Anerkennung oder Nicht-Anerkennung des Staates Israels stand beim Gutachten nicht zur Diskussion.
Fakten
Der Internationale Gerichtshof bezeichnet im Gutachten vom 19. Juli 2024 die Besetzung von palästinensischem Gebiet durch Israel als rechtswidrig. Die Präsenz Israels im Gazastreifen, im Westjordanland sowie in Ostjerusalem sei illegal und schnellstmöglich zu beenden, urteilt der IGH. Der Gerichtshof ruft die internationale Gemeinschaft dazu auf, die israelische Besetzung nicht als legal anzuerkennen.
Mit dem Gutachten antwortet der IGH auf einen Antrag der UNO von Ende 2022, welcher im Januar 2023 an den Gerichtshof übermittelt wurde. Das IGH-Urteil befasst sich mit den rechtlichen Konsequenzen der Verletzung des palästinensischen Volkes auf Selbstbestimmung durch Israel aufgrund der anhaltenden Besetzung und der israelischen Siedlungspolitik sowie deren Auswirkungen.
Es geht im Urteil ausschliesslich um die Illegitimität der israelischen Besetzung von palästinensischem Territorium. Weder der Antrag noch das Urteil stellen die Staatlichkeit Israels infrage. Im Gegenteil: Das IGH-Gutachten spricht sich für ein friedliches und sicheres Miteinander des israelischen und des palästinensischen Volkes aus.
Das im Facebook-Post beigefügte Video stammt vom türkischen Nachrichtenportal TRT World und ist auf dessen Youtube-Kanal zu finden. Dabei verkündet der palästinensische Aussenminister Riyad al-Maliki den Medienschaffenden das IGH-Urteil am 19. Juli 2024, wonach die israelischen Besetzungen von palästinensischem Territorium rechtswidrig und illegal seien. An keiner Stelle bringt al-Maliki Zweifel an der Staatlichkeit Israels zur Sprache.
Das Urteil des Internationalen Gerichtshofs wurde weltweit von den Medien aufgegriffen, auch in der Schweiz. Derartige IGH-Gutachten sind rechtlich nicht bindend, haben aber eine politische sowie moralische Wirkung (Download).
(Stand: 30.9.2024)
Links
Facebook-Post (archiviert, Video archiviert)
bpb: Internationaler Gerichtshof (archiviert)
IGH: Urteil vom 19.7.2024 (archiviert)
IGH: Pressemitteilung zum Urteil vom 19.7.2024 (archiviert)
IGH: Anfrage der UNO zu den Rechtsfolgen der israelischen Besetzungspolitik, 30.12.2022 (archiviert)
TRT: YouTube-Video mit dem Statement von al-Maliki, 19.07.2024 (archiviert)
BBC: Artikel über das IGH-Urteil vom 19. Juli 2024, 19.07.2024 (archiviert)
SWI: Artikel über das IGH-Urteil vom 19. Juli 2024, 20.07.2024 (archiviert)
Al Jazeera: Artikel über das IGH-Urteil vom 19. Juli 2024, 19.07.2024 (archiviert)
Times of Israel: Artikel über das IGH-Urteil vom 19. Juli 2024, 19.07.2024 (archiviert)
NZZ: Artikel über das IGH-Urteil vom 19. Juli 2024, 19.07.2024 (archiviert)
Über dpa-Faktenchecks
Dieser Faktencheck wurde im Rahmen des Facebook/Meta-Programms für unabhängige Faktenprüfung erstellt. Ausführliche Informationen zu diesem Programm finden Sie hier.
Erläuterungen von Facebook/Meta zum Umgang mit Konten, die Falschinformationen verbreiten, finden Sie hier.
Wenn Sie inhaltliche Einwände oder Anmerkungen haben, schicken Sie diese bitte mit einem Link zu dem betroffenen Facebook-Post an factcheck-schweiz@dpa.com. Nutzen Sie hierfür bitte die entsprechenden Vorlagen. Hinweise zu Einsprüchen finden Sie hier.
Schon gewusst?
Wenn Sie Zweifel an einer Nachricht, einer Behauptung, einem Bild oder einem Video haben, können Sie den dpa-Faktencheck auch per WhatsApp kontaktieren. Weitere Informationen dazu finden Sie hier.