Verklebter Schnabel?

Vogel-Experten: Kein Todesfall nach Kaugummiverzehr bekannt

14.09.2023, 16:25 (CEST)

Littering ist weder schön noch gut für die Umwelt. Doch dass achtlos weggeworfene Kaugummis zur Gefahr für Vögel werden, ist laut Experten kaum möglich.

Vögel haben eine andere Wahrnehmung der Umwelt als wir Menschen. Auch unsere Nahrung unterscheidet sich deutlich. Doch wie registrieren Vögel, was geniessbar ist und was nicht? In einem Sharepic wird behauptet, dass auf dem Boden liegende Kaugummis eine tödliche Gefahr für Vögel darstellen. Vögel würden dies für Brot halten und anfangen, daran herumzupicken. Der Kaugummi würde dann den Schnabel des Vogels verkleben, sodass die Tiere sterben. Stimmt das? 

Bewertung

Es gibt keine Belege, dass Kaugummi eine tödliche Gefahr für Vögel darstellt. Experten erachten die Behauptung als übertrieben und unwahrscheinlich.

Fakten

Die Behauptung ist schon älter, bereits im Jahr 2009 nahm der amerikanische Sender CBS 21 News das Thema in der Sendung «Lie or Legit» auf. Dem Moderationsteam schrieben Experten auf Anfrage, dass Kaugummi an sich keine tödliche Substanz für Vögel darstellen würde. Spätestens beim Picken würden die Vögel merken, dass es nichts für sie Geniessbares sei.

Der damalige Direktor des von ZooAmerica im Bundesstaat Pennsylvania meinte gegenüber dem Sender, dass es durchaus vorstellbar sei, dass ein grosses Stück Kaugummi bei einem kleinen Vogel im Atemweg stecken bleiben könnte. Ebenso wie bei Menschen sei dies auch bei Vögeln möglich.

Generell ist den Experten nicht bekannt, dass jemals ein Vogel an den Folgen des Fressens eines Kaugummis gestorben sei. Auch die Schweizerische Vogelwarte Sempach meint auf dpa-Anfrage, dass ihnen «keine Fälle von Vögeln bekannt [sei], die an Kaugummis verstorben sind oder verklebte Schnäbel» gehabt hätten.

Vögel haben eine überdurchschnittliche Sehkraft

Die Nahrung registrieren Vögel vor allem über ihren Sehsinn. Dieser ist sehr gut ausgeprägt und spielt für Vögel eine zentrale Rolle, nicht nur bei der Futtersuche, sondern auch bei der Partnersuche sowie bei der Erkennung von Feinden. Vögel sehen bunter und schärfer als Menschen und sie vermögen, ultraviolettes Licht wahrzunehmen. Die Vogelwarte Sempach schreibt, dass reife Beeren im UV-Licht für Vögel leuchten und somit als essbar erkannt werden könnten.

Die Vogelwarte vermutet, dass Jungvögel durch Instinkte sowie von ihren Eltern und durch Ausprobieren lernen, was für sie geniessbar ist. Bei manchen Vogelarten helfe auch der Geruchssinn bei der Auffindung von Fressbarem. Dies sei jedoch noch nicht gut erforscht.

Mittels einer Foto-Rückwärtssuche lässt sich bei der Suchmaschine TinEye ermitteln, dass es sich beim Bild im Posting um ein Stockfoto handelt, welches eine tote Blaumeise abbildet. Diese Vogelart ist gemäss Schweizer Vogelwarte Sempach nicht gefährdet.

Auch nach 2009 kursierte die Behauptung weiterhin. Diese haben Faktenchecker rund um den Globus bereits in den Jahren 2019 sowie 2012 widerlegt.

(Stand: 14.9.2023)

Links

Sharepic (archiviert)

TinEye: Foto-Rückwärtssuche (archiviert)

Shutterstock: Bild mit toter Meise (archiviert)

Schweizer Vogelwarte: Blaumeise (archiviert)

Vogelwarte Sempach: Wahrnehmung von Vögeln (archiviert)

CBS 21 News: Über den Sender (archiviert)

CBS 21 News: Sendung über Behauptung, 04.08.2009 (archiviert)

Youtube: Sendung über Behauptung (archiviert)

NABU: Sehkraft von Vögeln (archiviert)

Vogel und Natur: Sehsinn von Vögeln (archiviert)

Snopes: Faktencheck, 2012 (archiviert)

Hoax-Slayer: Faktencheck, 2012 (archiviert)

Africa Check: Faktencheck, 2019 (archiviert)

Mimikama: Faktencheck, 2019 (archiviert)

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