Liste besteht seit Jahren

«Krankheit X» wird seit 2018 von der WHO als Platzhalter geführt

21.08.2023, 15:56 (CEST)

Um sich auf künftige Pandemien besser vorzubereiten, hat die WHO eine Liste von potenziell gefährlichen Krankheitserregern. Darin wird auch «Krankheit X» aufgeführt. Was hat es damit auf sich?

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) führt eine Liste mit Krankheiten, welche das Potenzial haben, ein öffentliches Gesundheitsrisiko von internationaler Tragweite auszulösen, und gegen die wirksame Medikamente oder Impfstoffe fehlen. Auf Facebook wird nun behauptet, die WHO habe diese Liste im August 2023 um eine «Krankheit X» erweitert. Ein nicht-existierendes Virus werde nun von britischen Wissenschaftlern erforscht, so die Behauptung weiter. Auch eine Impfung gegen «Krankheit X» würde bereits getestet. Was hat es mit der «Krankheit X» auf sich?

Bewertung

Schon seit 2018 steht «Krankheit X» als Platzhalter für eine noch nicht bekannte Krankheit auf der Liste der WHO. Die Liste erschien zuerst 2017 und soll die gezielte Forschung zu potenziell gefährlichen Krankheitserregern vorantreiben. Gegenmassnahmen und Impfstofftechnologien sollen weiterentwickelt werden. Bei derartigen Vorbereitungen auf künftige Pandemien beteiligen sich auch britische Behörden. Dabei wird nicht an einem konkreten Impfstoff, sondern an Methoden zur Prüfung der Impfstoffwirksamkeit, Impfstofftechnologien sowie an der Verbesserung von bestehenden Impfstoffen geforscht.

Fakten

Im Jahr 2017 definierte die WHO erstmals eine Liste mit Krankheiten, welche das Potenzial haben, einen Notfall von internationaler Tragweite auszulösen. Diese Liste wurde im Jahr 2018 um die «Krankheit X» ergänzt. Gemeint ist damit ein noch nicht bekannter Krankheitserreger, von dem man nicht weiss, ob er beim Menschen Krankheiten und eine schwerwiegende internationale Ansteckungswelle auslösen kann.

Auch in der medizinischen Fachzeitschrift «MMW - Fortschritte der Medizin» heißt es in einem Artikel von 2019, dass «Krankheit X» seit 2018 auf der Liste der WHO aufgeführt und damit ein unbekannter Krankheitserreger gemeint sei, welcher eine Pandemie auslösen kann. Risiken würden dabei zum einen von Erregern aus gehen, welche von Tieren auf den Menschen überspringen, zum anderen von bereits bekannten Erregern, die sich weiterentwickelt haben.

Die Expertengruppe der WHO fordert, die Diagnostik zu verbessern, auch für weiter Krankheiten, die das Potenzial haben, ein Gesundheitsnotstand auszulösen. Bestehende Medikamente und Impfstoffe sollen demnach verbessert werden. Es solle in Grundlagenforschung investiert werden, um unter anderem die Übertragungswege zu erkennen. Konkret soll zu den Krankheitserregern in den Bereichen Tests, Behandlungen und Impfstoffe geforscht werden.

Die gezielte Forschung und Entwicklung von Gegenmassnahmen gegen Krankheitserreger sei für eine schnelle und wirksame Reaktion im Falle einer Epidemie oder Pandemie entscheidend, zitiert die WHO den Exekutivdirektor ihres Programms für gesundheitliche Notfälle Michael Ryan.

Pandemievorbereitung in Grossbritannien

Nicht nur auf internationaler Ebene wird eine bessere Vorbereitung auf eine künftige Pandemie angestrebt. Auch einzelne Staaten beteiligen sich daran, wie etwa Grossbritannien. Anfang August 2023 stellte die britische Health Security Agency (UKHSA) ihr Zentrum für die Entwicklung und Bewertung von Impfstoffen (VDEC) vor. Das Zentrum soll sich auf die Impfstoffentwicklung für Grossbritannien, aber auch für die internationale Gemeinschaft spezialisieren. Das Zentrum befasst sich eigenen Angaben zufolge insbesondere mit Impfstoffen gegen Krankheitserreger, für die es noch keine Impfstoffe gibt sowie mit Impfstoffen, die nicht zugelassen sind oder die verbessert werden müssen.

Das VDEC hat zum Beispiel Tests entwickelt, um die Impfstoffwirksamkeit gegen bakterielle Infektionen zu messen. Ob diese Tests für die Bekämpfung ähnlicher, bedrohlicherer Krankheitserreger mit Pandemiepotenzial nützlich sind, wird aktuell evaluiert. So beschreibt die Britische Gesundheitsbehörde ihre Vorbereitung zur Bekämpfung von «Krankheit X».

Auch in einem aktuellen Blogbeitrag der UKHSA und in einem Erklärtext des UK Vaccine Network, einem Zusammenschluss von Behörden, Wissenschaft und Pharmaindustrie, ist die Rede von Vorbereitungen mit Blick auf eine «Krankheit X». Bevor entsprechende Impfstoffe zugänglich gemacht würden, seien umfangreiche Studien auch betreffend Sicherheit und Wirksamkeit notwendig, schreibt die britische Gesundheitsbehörde.

Medienmitteilung von 2019, Wikipedia-Eintrag seit 2020

Aus einer Medienmitteilung aus dem Jahr 2019 geht hervor, dass sich die britische Gesundheitsbehörde schon länger für die Bekämpfung von «Krankheit X» engagiert und mit internationalen Partnern zusammenarbeitet. Bereits damals schrieb die Behörde, dass das Pandemie-Risiko mit der gestiegenen Mobilität sowie mit dem Klimawandel gestiegen und die öffentliche Gesundheit gefährdet sei.

In der Online-Enzyklopädie Wikipedia wurde ein englischsprachiger Artikel über die «Krankheit X» im Jahr 2020 erstellt, wie aus dem Bearbeitungsverlauf hervorgeht.

(Stand: 21.8.2023)

Links

Facebook-Post (archiviert)

Artikel in «MMW - Fortschritte der Medizin» (archiviert)

WHO: Liste mir priorisierten Krankheitserregern für Forschung und Entwicklung (archiviert)

WHO: Medienmitteilung über Aktualisierung der Liste, 21.11.2022 (archiviert)

WHO: Update der Liste, 6.-7.2.2018 (archiviert)

Britische Behörde: Medienmitteilung zur Forschung an potentiellen epidemischen Krankheitserregern, 7.8.2023 (archiviert)

Britische Behörde: Blogbeitrag zur Forschung an potentiellen epidemischen Krankheitserregern, 7.8.2023 (archiviert)

Britische Behörde: UK Vaccine Network (archiviert)

Britische Behörde: Medienmitteilung über Strategie für Infektionskrankheiten, 11.9.2019 (archiviert)

Wikipedia: Disease X (archiviert)

Wikipedia: Disease X-Beitrag aus dem Jahr 2020 (archiviert)

Wikipedia: Bearbeitungsverlauf des Beitrages über Disease X (archiviert)

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