Verschiedene Sozialleistungen

Polen unterstützt Flüchtlinge aus der Ukraine weiterhin

23.06.2022, 16:51 (CEST)

Die Solidarität mit den geflüchteten Ukrainerinnen und Ukrainern ist in Polen gross. Angeblich soll damit bald Schluss sein, doch diese Zwietracht säende Behauptung ist frei erfunden.

Seit dem Einmarsch der Russen am 24. Februar 2022 flohen viele Ukrainerinnen und Ukrainer ins Nachbarland Polen, wo sie unter anderem finanziell unterstützt werden. Damit soll bald Schluss sein, so eine im Netz kursierende Behauptung: «Polen stellt sämtliche Sozialleistungen für ukrainische Flüchtlinge ein.» (archiviert) Dies gelte ab dem 1. Juli 2022. Der Artikel suggeriert, dass die polnische Regierung durch die Zahlungen an EU-Gelder kommen wollte.

Bewertung

Der polnische Staat unterstützt aus der Ukraine geflüchtete Menschen weiterhin, der Zugang zu den Sozialleistungen bleibt bestehen. Lediglich eine Unterstützungszahlung für polnischen Bürgerinnen und Bürger, die ukrainische Flüchtlinge beherbergen, läuft Ende Juni 2022 aus. Eine Regelungen für Ausnahmefälle wird aktuell von den Behörden erarbeitet.

Fakten

Polen ist gemäss der UNO das Hauptankunftsland für ukrainische Flüchtlinge, wo ihnen aufgrund von entsprechenden Gesetzen umfassende Sozialleistungen gewährt werden. Dafür müssen sich die Geflüchteten beim polnischen Staat registrieren, worauf sie eine sogenannte PESEL-Nummer erhalten.

Polen stellt für ukrainische Flüchtlingen kostenlose Aufenthaltsbescheinigungen aus. Seit dem 24. Februar 2022 können sie sich für 18 Monate legal in Polen aufhalten. Auch der Zugang zum Arbeitsmarkt wird erleichtert: Geflüchtete aus der Ukraine dürfen ohne offizielle Arbeitserlaubnis nach denselben Grundsätzen wie polnische Bürgerinnen und Bürger erwerbstätig sein.

Zudem wird den Flüchtlingen Zugang zur medizinischen Versorgung gewährt. Auch auf Sozialleistungen wie Eltern- oder Kindergeld haben Flüchtlinge Anspruch. Stand Mitte Juni 2022 sind an diesen Unterstützungsleistungen keine Änderungen vorgesehen.

Viele Ukrainerinnen und Ukrainer sind bei Privatpersonen untergekommen. Deswegen hat Warschau eine Gesetzesänderung vorgenommen, wonach polnische Privatpersonen, welche Geflüchtete beherbergen, einen staatlichen Zuschuss beantragen könne. Dieser Zuschuss wurde erst für maximal 60 Tage festgesetzt, wurde dann auf bis zu maximal 120 Tage ausgeweitet. Der Betrag beläuft sich auf 40 Zloty (PLN) pro Person und Tag ab Ankunft des ukrainischen Flüchtlings, welche an die polnische Privatperson geht.

Diese Zahlungen soll Ende Juni 2022 eingestellt werden, wie Vize-Innenminister Paweł Szefernaker Anfang Juni ankündigte. Eine Lösung sei noch in Arbeit und soll Ende Juni vorliegen, die Ausnahmefälle regle. Mit den Unterstützungsmassnahmen im Bildungs- und Arbeitsbereich, aber auch auf dem Wohnungsmarkt will der Staat den Geflüchteten zur Unabhängigkeit helfen.

Seit Anfang Juni können Ukrainerinnen und Ukrainer nicht mehr beliebig gratis mit dem öffentlichen Verkehr mitfahren. Ebenfalls sind sie nun verpflichtet, für Fahrten auf der Autobahn Maut zu entrichten.

EU-Milliarden sind Pandemie-Unterstützung

Die EU stellt seinen Mitgliedsstaaten Mittel zur Verfügung, um die wirtschaftlichen und sozialen Auswirkungen der Corona-Pandemie abzufedern. Dafür mussten die Staaten einen Plan vorlegen, welcher im Fall von Polen Anfang Juni 2022 von der EU als positiv bewertet wurde. Entsprechend wurden dem Land fast 36 Milliarden Euro zugesprochen.

Von diesen EU-Geldern profitieren Projekte zur Förderung von erneuerbaren Energie, für die Digitalisierung, sowie Reformen zur Förderung von Investition, aber auch Reformen im Bildungswesen, auf dem Arbeitsmarkt. Mit der polnischen Flüchtlingspolitik im Angesicht des russischen Angriffskrieges hat die Zahlung nichts zu tun.

Die Europäische Union unterstützt sehr wohl Mitgliedsstaaten, welche Geflüchtete aus der Ukraine aufnehmen oder als Transitland fungieren. Insgesamt hat der EU-Rat dafür 3,5 Milliarden Euro gesprochen, welche auf die EU-Länder aufgeteilt werden. Jene Länder wie Polen, welche vergleichsweise sehr viele Flüchtlinge beherbergt, wird vom Gesamtbudget mehr Geld zugesprochen.

(Stand: 22.6.2022) 

Links

SchweizerZeitung: Artikel mit Falschbehauptung , 07.06.2022 (archiviert)

UNHCR: Daten der Ukrainischen Flüchtlingsbewegung, Stand 16.06.2022 (archiviert)

EU: Kommission billigt 35.4 Milliarden Euro für Aufbauplan an Polen, 01.06.2022 (archiviert)

EU: Aufbau- und Resilienzfazilität (archiviert)

EU: Zahlung für EU-Aufnahmeländer von Flüchtlingen aus der Ukraine, 06.04.2022 (archiviert)

Polnische Behörde: Gesetz zur Unterstützung der ukrainischen Flüchtlinge, Stand 01.06.2022 (archiviert)

Polnische Behörden: Gesetzesänderung für Unterstützung für Flüchtlinge aus der Ukraine, 24.05.2022 (archiviert)

Polnische Behörden: Gesetzesänderung für Flüchtlinge aus der Ukraine, 28.03.2022 (archiviert)

Polnische Behörden: Temporärer Schutz für Flüchtlinge aus der Ukraine, 24.03.2022 (archiviert)

Polnische Behörde: PESEL-Nummer (archiviert)

Polnische Behörde: Verordnung über die Leistungen für Flüchtlinge aus der Ukraine, 04.05.2022 (archiviert)

Polnische Behörde: Verordnung über die Leistungen für Flüchtlinge aus der Ukraine, 29.04.2022 (archiviert)

Polnische Behörde: Gesetztesänderung zur Unterstützung für Flüchtlinge aus der Ukraine, 29.04.2022 (archiviert)

Polnische Behörden: Bahnreisen für Flüchtlinge aus der Ukraine, 25.05.2022 (archiviert)

Behörden Krakau: Auszahlung an polnische Bürger für aufgenommene ukrainische Flüchtlinge, 20.06.2022 (archiviert)

Polsat News: Interview mit Paweł Szefernaker, 06.06.2022 (archiviert)

Polsat News: Interview mit Paweł Szefernaker (Video), 06.06.2022 (archiviert, Video archiviert)

PAP: Interview mit Paweł Szefernaker, 06.06.2022 (archiviert)

Rp: Interview mit Paweł Bossernaker, 01.05.2022 (archiviert)

Visit Ukraine: Abschaffung der Gratis-ÖV-Nutzung, 24.05.2022 (archiviert)

Visit Ukraine: Abschaffung Gratis-Maut, 04.06.2022 (archiviert)

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