Mit Hakenkreuz und Runen

Das Bild zeigt die Tätowierungen eines Belarussen

10.06.2022, 12:26 (CEST)

Wladimir Putin rechtfertigt den Angriff auf die Ukraine mit dem Ziel einer «Entnazifizierung» das Landes. Doch angebliche Beweise für rechtes Gedankengut unter Ukrainern entpuppen sich oft als falsch.

In der Ukraine seien Nazis am Werk, rechtfertigt Russland unter anderem ihren militärischen Einsatz. Ein auf mehreren Plattformen kursierendes Foto (archiviert) soll die russische These unterstützen. Es zeigt Tätowierungen auf dem Rücken eines Mannes, darunter ein Hakenkreuz und weitere Symbole aus der NS-Zeit. «Mal wieder ein ukrainischer Soldat gefangen genommen mit interessanten Tattoos», lautet ein Kommentar vom 4. Mai 2022 dazu. Handelt es sich dabei um einen ukrainischen Kriegsgefangenen?  

Bewertung

Das gezeigte Bild kursiert bereits seit einigen Jahren im Netz. Es zeigt nach Angeben des Innenministeriums von Belarus einen belarussischen Staatsbürger.

Fakten

Das belarussische Innenministerium publizierte am 19. April 2016 eine Mitteilung über die Festnahme eines jungen Staatsbürgers wegen Verdacht auf Rowdytum. In der Mitteilung ist ein Video eingebunden, in dem der im Facebook-Post abgebildete Mann zu sehen ist und das auf dem YouTube-Kanal des Innenministeriums veröffentlicht wurde. Ein Tweet der Behörde verweist ebenfalls auf die Mitteilung des Innenministeriums sowie auf das Video.

Belarussische Medien nahmen die Mitteilung inklusive des Bildes in ihre Berichterstattung auf. 2017 wurde der Mann zu sieben Jahren Haft verurteilt. Auch in Deutschland wurde berichtet.

Der in Wizebsk, im Norden von Belarus, verhaftete Mann soll angeblich 2014 während den Unruhen in der Ukraine im Bataillon Asow gekämpft haben. Damals begannen im Osten der Ukraine Kampfhandlungen, in diesem Zusammenhang annektierte Russland die ukrainische Halbinsel Krim, was die Schweiz als Verstoss gegen nationales und internationales Recht sieht.

Die Bataillon Asow wurde im Frühjahr 2014 in der Ukraine gegründet. Gründungsmitglieder hatten tatsächlich Verbindungen zu rechtsextremen Gruppen. Das Bataillon ist auch in den aktuellen Kampfhandlungen involviert, Untersuchungen haben jedoch eine Distanzierung vom Rechtsextremismus festgestellt. Führende Persönlichkeiten mit entsprechenden Verbindungen hätten die Gruppierung verlassen, zudem ist das Regiment bereits seit Herbst 2014 den ukrainischen Behörden unterstellt und somit zur Einhaltung des humanitären Völkerrechts verpflichtet.

Die Verwendung von rechtsextremistische Symbolik ist jedoch auffallend, im Jahr 2015 gab ein Regimentsvertreter gegenüber US-Today an, dass etwa 10 bis 20 Prozent der Mitglieder Nazis seien. Auch andere Experten geben an, dass Neo-Nazis in der Minderheit innerhalb des Bataillons sind. Die Deutschen Bundesbehörden schlussfolgern, dass die russische Aggression, beginnend im Jahr 2014, das ultranationale Gedankengut gefördert hätte. An der Gesamtanzahl gemessen sei der Anteil der Rechtsextremen gering.

Die Verhaftung des Belarussen löste eine Diskussion für eine härtere Bestrafung bei der Verwendung von NS-Symbolik aus. Der belarussische Präsidenten Alexander Lukaschenko unterzeichnet im Mai 2021 ein Gesetz gegen die Rehabilitation des Nazismus. Nazi-Propaganda hat der ehemalige ukrainische Präsidenten Petro Poroschenko bereits im Jahr 2015 in der Ukraine verboten.

(Stand: 10.6.2022)

Links

Facebook-Post (archiviert)

Telegram-Post russisch (archiviert)

Telegram-Post (archiviert)

Innenministerium von Belarus: Medienmitteilung über die Festnahme, 19.04.2016 (archiviert)

Innenministerium von Belarus: Youtube-Film über die Festnahme (archiviert, Video archiviert)

Innenministerium von Belarus: Youtube-Kanalinformation (archiviert)

Innenministerium von Belarus: Tweet mit Link zur Medienmitteilung, 19.04.2016 (archiviert)

Innenministerium von Belarus: Tweet mit Link zum Youtube-Video, 19.04.2016 (archiviert)

Innenministerium von Belarus: Vorschläge für verschärfte Massnahmen gegen NS-Ideologie, 10.08.2016 (archiviert)

Prinemanskiye Vesti: Artikel über Festnahme, 11.08.2016 (archiviert)

Juristische Zeitung UA: Beginn des Prozesses, 12.12.2016 (archiviert)

RIA: Artikel über Urteil, 03.03.2017 (archiviert)

Tweet vom Freien Journalist (archiviert)

DEZA: Factsheet – Schweizer Zusammenarbeit mit der Ukraine, 2020 (Download) (archiviert)

Deutscher Bundestag: Regiment Asow, 2022 (archiviert)

US-Today: Faschistisches Gedankengut in der Bataillon Asow, 10.03.2015 (archiviert)

Hromadeske: Mitglieder der Asow Bataillon sind Neo-Nazi, 19.01.2015 (archiviert)

Belta: Lukaschenko unterzeichnet Gesetz gegen Rehabilitation des Nazismus, 15.05.2021 (archiviert)

Radio Free Europe: Poroschenko unterzeichnet Gesetz gegen Nazi-Symbole, 15.05.2015 (archiviert)

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