Bild zeigt Bergung von toten Zivilisten in Butscha

19.4.2022, 15:46 (CEST)

Eine unabhängige Berichterstattung aus bewaffneten Konflikten vielfach unmöglich. Diese Situation wird nicht selten von Kriegsparteien ausgenutzt. So warnt angeblich der russische Generaloberst Michail Misinzew, dass die Ukraine in der Region Sumy weitere inszenierte Provokationen gegen die russischen Streitkräfte vorbereite. Unterhalb des Facebook-Beitrages (archiviert) ist ein Foto mit drei Männer bei einer Bergung zu sehen. Zeigt das Bild - wie es den Anschein erweckt - britische Filmproduzenten, die angeblich der Ukraine bei der vermeintlichen Diskreditierung der russischen Armee behilflich sind?

Bewertung

Das Foto ist aus dem Kontext gerissen worden. Es zeigt die Bergung eines toten Zivilisten aus einem Massengrab in Butscha. Gerichtsmediziner entnahmen am 11. April 2022 den gefunden Leichen DNA-Proben zur Identifizierung.

Fakten

Bei einer Foto-Rückwärtssuche stösst man auf eine türkische und eine tschechische Berichterstattung, die dasselbe Bild wie im Facebook-Post zeigen. Beide Artikel thematisieren die Exhumierung eines Massengrabes nach dem Massaker, das die russische Armee in Butscha angerichtet hatte. Russland bestreitet jegliche Vorwürfe, Kriegsverbrechen begangen zu haben.

Der Ankara Masasi-Artikel verweist mit dem Kürzel AA auf die türkische Nachrichtenagentur Anadolu Ajansi. Der Tschechische Artikel weist in der Bildlegende ebenfalls die Agentur Anadolu sowie den Fotographen Metin Aktas als Quelle aus.

Das Bild lässt sich in der Bilddatenbank der Anadolu Agentur finden, sowie auch bei Getty Images. Die Bildlegenden sind jeweils identisch und weisen auf die Exhumierung in Butscha vom 11. April 2022 hin. Die Zivilisten seien während des russischen Angriff ums Leben gekommen, so die Bildlegende.

Der Pressefotograf Metin Aktas arbeitet schon länger für die türkische Nachrichtenagentur, wie sich aus dem Angebot in Pressefotodatenbanken und Berichterstattungen erschliessen lässt.

Das Bild zeigt folglich keine Filmproduzenten oder Mitarbeiter eines Videodrehs, sondern Beamte bei der Untersuchung von Leichen in Butscha. Von einer Inszenierung kann keine Rede sein: Diverse Schweizer Medien berichteten über die Massaker an der Zivilbevölkerung durch die russischen Armee in Butscha. Russland bestreitet jegliche Vorwürfe, wie in den Medien zu lesen ist.

Es lassen sich keine Belege finden, wonach angeblich britische Filmproduzenten zusammen mit den ukrainischen Behörden Kriegsverbrechen inszenieren. Ein deutsches Onlinemedium hat die angebliche russische Warnung vor inszenierten Kriegsverbrechen in Sumy aufgenommen. Eine ähnliche Warnung ist auch auf der Seite der russische Botschaft in Deutschland zu finden. Die Behauptungen lassen sich aber nicht bestätigen.

(Stand: 19.04.2022)

Links

Facebook-Post (archiviert)

Instagram-Post (archiviert)

Seznam Zprávy: Artikel über Exhumierung in Butscha, 12.04.2022 (archiviert)

Ankara Masasi: Artikel über Exhumierung in Butscha, 11.04.2022 (archiviert)

Anadolu Images: Bild vom Massengrab in Butscha, 11.04.2022 (archiviert)

Getty Images: Bild vom Massengrab in Butscha, 11.04.2022 (archiviert)

Hurriyet: Artikel über Pressefotografie-Ausstellung, 14.08.2020 (archiviert)

ABC News: Bilderstrecke mit Bild von Metin Aktas, 20.11.2014 (archiviert)

20 Minuten: Berichterstattung über Massaker in Butscha, 05.04.2022 (archiviert)

Tagblatt: Berichterstattung über Massaker in Butscha, 03.04.2022 (archiviert)

Artikel auf noack-finsterwald.de (archiviert)

Russische Botschaft in Deutschland: Artikel mit angeblicher Warnung vor inszenierten Gräueltaten, 12.04.2022 (archiviert)

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