Inhaltsstoffe bei Covid-Impfung ausgewiesen, Haftung geregelt, US-Daten sind Verdachtsmeldungen

29.11.2021, 11:13 (CET)

In einem offenen Brief werden die Schweizer Musiker Stefanie Heinzmann, Stress und Baschi wegen ihres Engagements bei der nationalen Impfwoche vom 8. bis 14. November 2021 kritisiert. Dabei ging es vor allem darum, der Bevölkerung den Zugang zu Informationen über die Covid-19-Impfung und zum Impfstoff zu erleichtern. In dem in den sozialen Medien (archiviert) kursierenden Brief steht unter anderem, dass die Inhaltsstoffe der Vakzine nicht deklariert seien - die Packungsbeilage sei «leer». Zudem seien weder Hersteller, Arzt noch Staat haftbar. Weiter wird behauptet, dass es in den USA 17 000 Tote und 2 700 Fehlgeburten aufgrund der Covid-Vakzine gegeben hätte.

Bewertung

Die Inhaltsstoffe der Covid-Impfstoffe sind in der Produktinformation zu finden und im Internet abrufbar. Die Haftung bei möglichen Impfschäden ist in der Schweiz geregelt. Bei den angeblichen Impftoten und Fehlgeburten in den USA handelt es sich lediglich um Verdachtsmeldungen.

Fakten

Fakt 1: Inhaltsstoffe der Covid-Impfstoffe sind in den Produktinformationen ausgewiesen

Die Packungsbeilagen zu den zugelassenen Covid-Impfstoffen sind in der Arzneimittelinformationsdatenbank Swissmedicinfo zu finden. Bei der Produktinformation für die Patienten sind zu jedem Covid-Impfstoff (Comirnaty von Pfizer/Biontech, Spikevax von Moderna und Janssen) auch deren Wirkstoffe und Hilfsstoffe vermerkt. Die Inhaltsstoffe sind also deklariert. In derselben Datenbank sind auch die Produktinformationen für Gesundheitsfachpersonen (Comirnaty, Spikevax und Janssen) öffentlich einsehbar.

Fakt 2: Haftung geregelt

Für Covid-19-Impfstoffe gelten dieselben Haftungsregeln (Seite 18) wie für andere Arzneimittel. Gemäss der Eidgenössischen Kommission für Impffragen (Ekif) gilt als Impfschaden, «wenn eine Person eine über das übliche Ausmass einer Impfreaktion hinausgehende gesundheitliche Schädigung erleidet». Beim Vorliegen eines solches Falles kommen bei behördlich empfohlenen Arzneimittel drei Instanzen für die Haftung in Frage:

  • Der Impfstoffhersteller kann gemäss Produktehaftpflichtgesetz zur Verantwortung gezogen werden, etwa wenn ein Produktionsfehler vorliegt.
  • Wird die Sorgfaltspflicht nicht eingehalten und das Arzneimittel beispielsweise fehlerhaft verabreicht, haftet die impfende Person.
  • Der Bund gewährt eine Entschädigung, wenn der Impfschaden nicht anderweitig durch den Hersteller, die verabreichende Person oder durch die Sozial- oder Privatversicherung gedeckt wird.

Wann finanzielle Ansprüche geltend gemacht werden können, wird im Epidemiengesetz geregelt. Die Fälle werden jeweils einzeln geprüft. Die Deutsche Presse-Agentur (dpa) thematisierte bereits in einem früheren Faktencheck die Haftungsregel bei Impfschäden.

Fakt 3: Bei den Daten aus der USA handelt es sich um Verdachtsmeldungen

Die US-Gesundheitsbehörde Centers for Disease Control and Prevention (CDC) unterhält das Meldesystem Vaccine Adverse Event Reporting System (Vaers). Da werden unerwünschte Nebenwirkungen, die in einem zeitlichen Zusammenhang mit der Covid-Impfung beobachtet wurden, erfasst.

Dabei handelt es sich lediglich um Verdachtsmeldungen. Diese sind nicht als Dokumentation von durch Impfungen verursachten Nebenwirkungen zu verstehen, warnen die Betreiber. Bei den Meldungen handle es sich um Hinweise, dass ein Ereignis einige Zeit nach der Impfung aufgetreten ist – keine Beweise. Nicht nur Gesundheitsdienstleister können Meldungen einreichen, sondern auch Privatpersonen.

Die US-Gesundheitsbehörden stufen die Covid-19-Vakzine nach wie vor als sicher und wirksam ein. Sie wird auch für Schwangere und Stillende empfohlen. Etliche Artikel diverser Medien berichten über die Fehlinterpretationen der Daten aus Vaers. Auch die dpa hat Faktenchecks dazu verfasst.

Auch bei den Meldungen zu Fehlgeburten ist nicht belegt, dass diese durch die Covid-Impfung verursacht wurden. Studien verzeichneten keine erhöhten Fehlgeburten bei Frauen, denen ein Covid-Impfstoff verabreicht wurde. Die US-Gesundheitsbehörde verzeichnet jährlich etwa 24 000 Totgeburten. Die dpa hat mehrfach Falschaussagen zu Fehlgeburten in zeitlicher Nähe zu einer Covid-Impfung widerlegt.

Der Musiker und Unterzeichner des offenen Briefes, Marty McKay, bestätigte auf Anfrage der Nachrichtenagentur Keystone-SDA, dass er dessen Verfasser sei. Er publizierte den Brief auf Telegram, das Schreiben ist aber auch auf Twitter und weiteren Kanälen zu finden.

Weiter gab McKay an, die Daten zu den Todesfällen und Fehlgeburten der Website OpenVAERS entnommen zu haben. Dabei handelt es sich um ein Projekt, das dabei helfen will, Vaers-Daten leichter zu durchsuchen. Die Betreiber stellen auf der Seite klar, dass es sich bei den Zahlen um gemeldete Verdachtsfälle in zeitlichem Zusammenhang mit Covid-19-Impfungen handelt - nicht um Fälle, bei denen ein kausaler Zusammenhang mit der Impfung bestätigt wurde.

(Stand: 29.11.2021)

Links

Facebook-Post (archiviert)

Telegram-Post (archiviert)

Tweet (archiviert)

Gemeinsam Schweiz (archiviert)

Homepage Marty McKay (archiviert)

Swissmedicinfo: Datenbank für Arzneimittelinformation

Swissmedicinfo: Produktinformation Comirnaty (Pfizer/Biontech) für Patienten (archiviert)

Swissmedicinfo: Produktinformation Comirnaty (Pfizer/Biontech) für Gesundheitsfachpersonen (archiviert)

Swissmedicinfo: Produktinformation Spikevax (Moderna) für Patienten (archiviert)

Swissmedicinfo: Produktinformation Spikevax (Moderna) für Gesundheitsfachpersonen (archiviert)

Swissmedicinfo: Produktinformation Janssen für Patienten (archiviert)

Swissmedicinfo: Produktinformation Janssen für Gesundheitsfachpersonen (archiviert)

Infovac: Haftungsregel bei Covid-19-Imfpstoffen, 18.1.2021 (archiviert)

BAG: Covid-Impfstrategie, 22.6.2021 (Downolad) (archiviert)

BAG: Entschädigung und Genugtuung bei Impfschäden (archiviert)

Fedlex: Epidemiengesetz EpG (archiviert)

Vaers: Hintergründe der Datenbank (archiviert)

Vaers: Hilfestellung zur Dateninterpretation (archiviert)

Artikel über den Missbrauch von Vaers:

Vice, 3.2.2021 (archiviert)

Politifact, 3.5.2021 (archiviert)

CDC: Sicherheitsupdate zur Covid-Impfung, 16.11.2021 (archiviert)

CDC: Sicherheitsupdate zur Covid-Impfung, 10.11.2021 (archiviert)

CDC: Covid-Impfung für Schwangere, 19.11.2021 (archiviert)

CDC: Schwangerschaft und Fehlgeburten, 13.8.2020 (archiviert)

CDC: Fehlgeburten – Daten und Statistik, 13.8.2020 (archiviert)

NEJM: Studie über mRNA-Covid-19-Impfstoff bei Schwangeren (archiviert)

OpenVAERS (archiviert)

OpenVAERS: Allgemeine Daten, 5.11.2021 (archiviert)

OpenVAERS: Anzahl Tote, 5.11.2021 (archiviert)

OpenVAERS: Fehlgeburten, 5.11.2021 (archiviert)

OpenVAERS: Angaben zum Urheber (archiviert)

Faktenchecks der dpa:

- Covid-Impfungen: Studien liegen vor, Haftung ist geregelt

- Tod von USJugendlichen durch Covid-19-Impfstoffe nicht bewiesen

- Sars-CoV-2 verursacht Krankheiten und Übersterblichkeit - Impfstoff mit Bauplan für das Spike-Protein versehen

- Anteil der Fehlgeburten liegt im Durchschnitt

- Die Zahl der Geimpften ist zwar angestiegen, Fehlgeburten kommen aber immer vor

Kontakt zum Faktencheck-Team der dpa: factcheck-schweiz@dpa.com