Impfstoffe verringern das Risiko eines schweren oder gar tödlichen Covid-19-Verlaufs erheblich

17.08.2021, 15:30 (CEST)

Wie wirksam sind Covid-19-Impfstoffe? Wie wird die Wirksamkeit gemessen? In einem Facebook-Post (archiviert), der sich an die «ewigen autoritätsgläubigen Schafe» richtet, wird behauptet, die Wirksamkeit liege bei 0,8 Prozent. Ist dem wirklich so?

Bewertung

Bei diesem Wert handelt es sich um die sogenannte absolute Risikoreduktion - dies ist jedoch nicht angegeben. Üblicherweise wird die relative Risikoreduktion für die Darstellung der Wirksamkeit verwendet. Covid-19-Impfstoffe sind wirksam.

Fakten

Covid-19-Impfstoffe verringern das Risiko eines schweren oder gar tödlichen Krankheitsverlaufs, wie die Deutsche Presse-Agentur bereits in einem Faktencheck ausgeführt hat.

In einem Kommentar des Fachmagazins «The Lancet» vom April 2021 wird die absolute Risikoreduktion (ARR) des Covid-Impfstoffes von Pfizer/Biontech mit 0,84 Prozent ausgewiesen. Diese wird im Facebook-Post gerundet wiedergegeben - allerdings ohne den Hinweis, dass es sich hierbei um die ARR handelt und nicht um die üblich aufgeführte relative Risikoreduktion (RRR). Für den Impfstoff von Pfizer/Biontech wird die RRR im «Lancet»-Kommentar mit 95 Prozent angegeben.

ARR-Werte sind häufig sehr niedrig, RRR-Werte hingegen recht hoch - obwohl sie von identischen Zahlen ausgehen:

- Beim relativen Risikoreduktion (RRR) wird das Erkrankungsrisiko einer mit einem bestimmten Vakzin oder Medikament behandelten Gruppe in Beziehung gesetzt zum Erkrankungsrisiko einer anderen Gruppe, die ohne dieses Vakzin oder Medikament auskommen musste. Eine RRR von 95 Prozent bei einem Impfstoff bedeutet demzufolge, dass die Wahrscheinlichkeit zu erkranken für geimpfte Personen um 95 Prozent niedriger ist als für ungeimpfte.

- Die absolute Risikoreduktion (ARR) gibt in Prozentpunkten an, wie sich das Risiko in Bezug auf alle Untersuchten verringert.

Ein Beispiel: In einer Gruppe von 100 Ungeimpften infizieren sich durchschnittlich 2 Personen mit einer Krankheit. Das sind zwei Prozent. In einer Testgruppe von 100 Geimpften infiziert sich nur eine Person, also ein Prozent.

Das Erkrankungsrisiko liegt bei den Ungeimpften bei 2 Prozent und bei den Geimpften bei 1 Prozent. Die ARR beträgt also genau 1 Prozent (2 Prozent minus 1 Prozent). Ganz anders sieht die RRR aus: Die Verringerung von zwei Personen auf eine Person bedeutet nämlich eine Reduzierung um 50 Prozent. (Detailliertere Erläuterungen hier)

Beide Werte sind korrekt. Es muss aber jeweils klargestellt werden, worum es geht. Im Marketing von Medikamenten wird meist mit der RRR gearbeitet. Wie der Kommentar in «The Lancet» kritisiert, wird durch das Weglassen der ARR die Berichterstattung verzerrt. Schon 2005 beanstandete ein Artikel des «Deutschen Ärzteblattes» die alleinigen Angabe der RRR zur Wirksamkeit eins Medikaments. Die in Basel beheimateten Open-Access-Plattform MDPI kritisiert in einem Artikel von Medicina dieses Vorgehen der Hersteller ebenfalls, weil es die Interpretation der Zahlen erschwere.

Die ausschliessliche Verwendung der ARR ist jedoch genauso irreführend - vor allem wenn wie im Facebook-Post nicht angegeben wird, um welchen Wert es sich handelt.

(Stand: 11.8.2021)

Links

Facebook-Post (archiviert)

The Lancet: Meinungsbeitrag (archiviert) DOI

Deutsches Ärzteblatt: Wie Statistiken täuschen können (archiviert)

Medicina: Kommentar (archiviert)

Biochemia: Erläuterung Kalkulation (archiviert)

NetDoktor: Bedeutung 95% Wirksamkeit (archiviert)

dpa-Faktencheck

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