Maskenpflicht ist keine Nötigung
25.1.2021, 09:17 (CET)
Unter welchen Umständen ist der Bundesrat befugt, eine nationale Maskenpflicht einzuführen? Wie ist dies mit unserer Schweizer Gesetzesgrundlage zu vereinbaren? Ein Facebook-User behauptet in einem Post (hier archiviert), dass eine generelle Maskenpflicht in der Schweiz gegen geltendes Gesetz verstosse und den Straftatbestand der Nötigung gemäss Artikel 181 im Strafgesetzbuch (StGB) erfülle. Weiter wird behauptet, dass das Tragen von Masken gesundheitsschädlich und der Nutzen zur Bekämpfung des Coronavirus nicht nachgewiesen sei. Ist dem tatsächlich so?
BEWERTUNG: Die Behauptung, die Maskenpflicht erfülle den Straftatbestand der Nötigung, ist falsch. Es gibt zudem auch keine Belege, dass das Tragen von Masken gesundheitsschädlich sei.
FAKTEN: Bei der aktuellen «Maskenpflicht» handelt es sich um «Hygiene-Masken zum Zweck der Verhinderung resp. Verminderung der Übertragung von Krankheitskeimen», erklärt Franziska Sprecher, Direktorin des Zentrums für Gesundheitsrecht an der Universität Bern, gegenüber der Keystone-SDA.
Unter diesen Bedingungen verstösst eine landesweite Maskenpflicht nicht gegen geltendes Gesetz, führt Sprecher aus. Die Grundlage für die Maskenpflicht sei das Bundesgesetz zur Bekämpfung übertragbarer Krankheiten, das sogenannte Epidemiegesetz (EpG) vom 28.09.2012. Artikel 2 EpG hat das Ziel, den «Ausbruch und die Verbreitung übertragbarer Krankheiten zu verhüten und zu bekämpfen». Bei der Verordnung jeglicher Massnahmen gegen die Corona-Pandemie stützt sich der Bundesrat und die Kantone auf dieses Bundesgesetz.
Da der Bund das Tragen einer Hygiene-Maske auf Grundlage des Epidemiegesetztes angeordnet hat, ist der Tatbestand der Nötigung gemäss Paragraf Art. 181 StGB nicht erfüllt, so Franziska Sprecher.
Bei einer Nötigung geht es darum, dass eine Tatperson eine Zielperson mit einem rechtswidrigen Nötigungsmittel zu einem bestimmten Verhalten, dem Nötigungsziel, veranlasst. Es handelt sich hierbei um eine rechtswidrige Verletzung der Freiheit von Willensbildung oder Willensbetätigung durch Gewalt, Drohung oder ähnliche Mittel, so Jann Schaub, wissenschaftlicher Mitarbeiter im Institut für Strafrecht und Kriminologie an der Universität Bern, gegenüber der Keystone-SDA.
Franziska Sprecher fügt hinzu, dass bei einer nationalen Maskenpflicht das rechtswidrige Nötigungsmittel fehlt. Hierbei liegt keine rechtswidrigen Verletzung durch Gewalt, Drohung oder ähnlichen Mitteln vor.
Aktuell befindet sich die Schweiz in der Besonderen Lage des Epidemiegesetzes. Gemäss dieser Verordnung können der Bundesrat sowie auch die Kantone Massnahmen anordnen. Relevant ist hierbei, ob eine einheitliche Regelung erforderlich ist oder nicht. Zudem müssen die getroffenen Massnahmen auf das Notwendigste beschränkt werden und dürfen nur so lange dauern, wie es erforderlich ist, um die Verbreitung von Sars-CoV-2 zu verhindern. Der Bundesrat ist gemäss Epidemiegesetz nicht befugt, eine generelle und dauerhafte Pflicht zum Tragen einer Hygiene-Maske einzuführen.
Das Universitätsspital Leipzig hat die Auswirkungen des Maskentragens untersucht. Die Studienautoren kam zum Ergebnis, dass das Tragen einer Maske die körperliche Belastbarkeit zwar einschränke. Gleichzeitig betonen die Studien-Autoren, dass das Tragen der Maske einen wertvollen Beitrag leiste, um die Verbreitung von Sars-CoV-2 zu verlangsamen.
Die Deutsche Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin wies im Mai 2020 darauf hin, dass eine Maske die Ausatmungsluft filtere und infektiöse Tröpfen abfange. Somit schützt die Maske vor allem andere vor einer Ansteckung.
---
Links:
Beitrag bei Facebook: https://www.facebook.com/strubii/posts/10223638939709335 (archiviert: https://archive.vn/bHST1)
Medienmitteilung des Universitätspitals Leipzig: https://www.uniklinikum-leipzig.de/presse/Seiten/Pressemitteilung_7089.aspx (archiviert: http://dpaq.de/HYaJl)
Publikation im Fachmagazin «Clinical Research in Cardiology»: https://link.springer.com/article/10.1007/s00392-020-01704-y
Pressemitteilung der Deutsche Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin: https://pneumologie.de/fileadmin/user_upload/COVID-19/20200518PM_DGP_Nase-Mund-Masken.pdf (archiviert: http://dpaq.de/l7w8v)
--
Kontakt zum dpa-Faktencheckteam: factcheck-schweiz@dpa.com