Kein Beleg für virustötende Wirkung von Vitamin C

4.8.2020, 12:44 (CEST)

Auf Facebook kursieren Posts, in denen davon die Rede ist, dass Vitamin C gegen das Coronavirus helfe. Hoch dosiertes Vitamin C töte das neuartige Virus Sars-CoV-2 nämlich «höchst effektiv» ab. Ein angeblicher Beleg: «Die Chinesen» hätten «50 Tonnen Vitamin C unter der Bevölkerung verteilt», und die Zahl der Neuinfektionen sei daraufhin gesunken. Man solle deshalb zur Vorsorge gegen Covid-19 täglich drei Gramm Vitamin C zu sich nehmen.

BEWERTUNG: Es gibt keine Belege für eine virustötende Wirkung von Vitamin C. Eine hoch dosierte Aufnahme wird nicht empfohlen. Tatsächlich wurden 50 Tonnen Vitamin C Anfang Februar von einer Chemiefirma in die chinesische Provinz Hubei geliefert. Die Menge entspricht aber gerade einmal dem Normalbedarf der dort lebenden Menschen für acht Tage.

FAKTEN: Eine virustötende Wirkung von Vitamin C konnte eine Sprecherin des deutschen Bundesinstitutes für Arzneimittel und Medizinprodukte nicht bestätigen. Ihr sei eine solche Wirkung nicht bekannt, teilte sie auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur mit. Auch der deutsche Virologe Stephan Günther vom Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin zeigte sich skeptisch: Ihm lägen keinerlei Belege vor, dass Vitamin C das Coronavirus abtöten könne.

Jürgen Behr, Professor für Pneumologie an der Ludwig-Maximilians-Universität in München, teilte der Deutschen Presse-Agentur mit, er würde «hochdosiertes Vitamin C nicht für die Allgemeinbevölkerung empfehlen». Eine normale Versorgung mit Vitamin C über eine ausgewogene Ernährung reiche aus, um das Immunsystem zu unterstützen. Die Schweizerische Gesellschaft für Ernährung empfiehlt für erwachsene Frauen 95 Milligramm Vitamin C und für erwachsene Männer 110 Milligramm pro Tag.

Tatsächlich wurde Anfang Februar Vitamin C in die chinesische Provinz Hubei gebracht. Am 3. Februar schrieb der niederländische Chemiekonzern DSM auf Twitter, das Unternehmen habe 50 Tonnen Vitamin C nach Hubei verfrachtet.

50 Tonnen Vitamin C entsprechen allerdings bei einer Bevölkerung von rund 60 Millionen Menschen in Hubei einer Menge von weniger als einem Gramm Vitamin C pro Einwohner. Rechnet man das auf die empfohlene Tagesmenge von etwa 100 mg um, so würde das Vitamin C gerade einmal für acht Tage reichen. Von einer Hochdosis Vitamin C - als Nahrungsergänzungsmittel - kann also keine Rede sein.

In der chinesischen Stadt Wuhan wird derzeit eine klinische Studie zum Einsatz von äusserst hoch dosiertem Vitamin C bei Lungenentzündungen durchgeführt. Dabei wird den schwer kranken Patientinnen und Patienten pro Tag insgesamt 24 Gramm Vitamin C injiziert - also in einer Dosierung, die etwa dem 240-fachen der empfohlenen Tagesmenge entspricht. Bis die Ergebnisse vorliegen, wird es jedoch noch etwas dauern: Die Autoren der Studie geben an, dass die Datenerhebung schätzungsweise Ende September abgeschlossen sein wird.

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Links: 

Facebook-Post: https://www.facebook.com/HardeggerMentalTraining/posts/2925549470874807?__tn__=-R (archiviert: http://archive.is/uecth)

Empfehlung zur täglichen Vitamin-C-Zufuhr: http://www.sge-ssn.ch/grundlagen/lebensmittel-und-naehrstoffe/naehrstoffempfehlungen/dachreferenzwerte/ (archiviert: http://archive.is/IOOGM)

Tweet von DSM: https://twitter.com/dsm/status/1224262885729349633 
(archiviert: http://archive.is/k01VE)

Offizielle Angaben der Provinz Hubei zur Bevölkerung: http://en.hubei.gov.cn/hubei_info/introduction/population/201904/t20190425_1411627.shtml (archiviert: http://archive.is/T0VfP)

Angaben der chinesischen Behörden zu Fallzahlen in Hubei:
http://en.nhc.gov.cn/DailyBriefing.html 

Klinische Studie in Wuhan: https://clinicaltrials.gov/ct2/show/NCT04264533 (archiviert: http://archive.vn/sBSQP

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