Video liefert Beweis

Interview-Äußerungen von SPD-Chefin frei erfunden

15.01.2024, 14:08 (CET)

In sozialen Netzwerken werden Zitate öfter mit kleine Weglassungen oder Ergänzungen verfälscht oder im Sinn verdreht. Dass sie vollständig erfunden werden, kommt schon seltener vor.

Die Co-Vorsitzende der SPD, Saskia Esken, hat angeblich gesagt, die AfD müsse verboten werden, um die SPD zu schützen. Ein Sharepic, dass Esken entsprechende Äußerungen zuschreibt, wird in Luxemburg mit dem Zusatz «Dt. SPD Faschisten und ihr Verständnis von Demokratie» verbreitet.

Bewertung

Esken hat das nicht gesagt. Das angebliche Zitat ist frei erfunden.

Fakten

In sozialen Netzwerken wird Esken wie folgt zitiert: «Die SPD wird alles dafür tun um die AfD für verfassungsfeindlich zu erklären. Das ist kein Angriff auf die Demokratie, sondern dient dem Schutz der SPD. Wir können nicht zulassen mehr Wählerstimmen an die ASD zu verlieren.» In Klammern ist sogar eine Quellenangabe hinzugefügt: (Saskia Esken im Interview mit n-tv am 11.1.24).

Tatsächlich hat Esken dem deutschen Nachrichtensender ntv in der Sendung «Frühstart» vom 11. Januar 2024 ein Interview gegeben. Dort hat sie sich auch zur Frage, ob die AfD vom Bundesverfassungsgericht als verfassungsfeindlich verboten werden sollte, geäußert. Allerdings hat sie dort nicht gesagt, was ihr in dem Facebook-Post untergeschoben wird.

Was Esken bei n-tv wirklich sagte

In dem Interview, das sowohl auf der Webseite von ntv als auch über YouTube in voller Länge als Video abrufbar ist, wurde Esken zunächst gefragt, was sie zu den schlechten Umfragewerte für die deutsche Bundesregierung sage. Sie antwortete darauf, die Ampel müsse «besser regieren» und «geräuschloser zu Kompromissen finden».

Auf die Frage, ob es angesichts von Berichten über ein Treffen von Rechtsradikalen über die Vertreibung von Menschen mit ausländischen Wurzeln jetzt an der Zeit sei, ein Verbotsverfahren gegen die AfD zu starten, antwortete sie (ab 1:51): «Das ist wirklich widerwärtig, was wir gehört haben. Aber es ist natürlich nicht neu, dass diese Haltungen in der AfD auch bestehen. Dass sie auch getragen werden von einer großen Mehrheit auch der Mitglieder dort.»

Die AfD sei «bestens vernetzt mit gefährlichen, auch gewaltbereiten Rechtsextremen nicht nur in Deutschland, sondern in ganz Europa». Esken fügte hinzu: «Auf diese Netzwerke hinzuweisen, die auch strafzuverfolgen und zu ermitteln, das ist eine Aufgabe unserer wehrhaften Demokratie, unseres Rechtsstaats.»

Auf die Nachfrage des ntv-Journalisten, ob jetzt nicht der Zeitpunkt für ein Verbot sei, sagte Esken (ab 2:40): «Diese Nachweise zu führen, ist Aufgabe der Bundes- und Landesämter des Verfassungsschutzes. Das tun die auch. Und deswegen liegt es auch an denen, am Ende deutlich zu machen, wann der Moment gekommen ist. Ich sage aber ganz klar: Das Verbotsverfahren gegen die NPD ist damals gescheitert mit der Begründung, sie sei noch nicht relevant genug, wir sollten nicht so lange warten bis die zu relevant ist.»

Das Bundesverfassungsgericht hatte am 17. Januar 2017 einen Antrag auf Verbot der NPD unter anderem mit der Begründung abgelehnt, es gebe keine «konkreten Anhaltspunkte von Gewicht», die das Erreichen verfassungsfeindlicher Ziele der NPD möglich erscheinen ließen. Deshalb bedürfe es «des präventiven Schutzes der Verfassung durch ein Parteiverbot nicht». 

Esken ergänzt, die Enthüllungen über das Treffen von AfD-Politikern und anderen Rechten seien für sie «ein weiteres Argument, um deutlich zu machen: Diese Partei ist vernetzt mit Rechtsradikalen in aller Welt. Und von ihr geht eine große Gefahr ab aus. Wir finanzieren diese Partei mit Abgeordnetenentschädigungen und vielem mehr, Parteienfinanzierung, und drohen damit auch unser eigenes Grab zu schaufeln. Das werden wir nicht zulassen.»

Im weiteren Verlauf des insgesamt etwa sieben Minuten langen Gespräches geht es um die Proteste der Bauern gegen die Politik der Bundesregierung. Zu keinem Zeitpunkt hat Esken also die ihr unterstellten Äußerungen getan.

(Stand: 15.01.2024)

Links

Facebook-Post, archiviert

Interview bei ntv, archiviert

Interview bei YouTube

Video, archiviert

Urteil Bundesverfassungsgericht, archiviert

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