Verschwörungstheorie

Feuer auf Maui: Keine Belege für angebliche Smart-City-Pläne

22.8.2023, 16:52 (CEST), letztes Update: 22.8.2023, 16:54 (CEST)

Die Feuerkatastrophe auf Maui beschäftigt Verschwörungsgläubige in den sozialen Netzwerken. Sie meinen, geheime Hintergründe zu kennen: Etwa Künstliche Intelligenz - und das Weltwirtschaftsforum.

Ein Teil der zum US-Bundesstaat Hawaii gehörenden Insel Maui wurde angeblich in Flammen gesetzt, um die Insel später von künstlicher Intelligenz regieren zu lassen. Auf Maui würden sogenannte 15-Minuten-Städte gebaut. Deswegen hätten alte Häuser verschwinden müssen. Ein in Luxemburg verbreiteter Facebook-Beitrag mit einem rund vierminütigen Video enthält derartige Behauptungen.

Bewertung

Diese Behauptungen sind falsch. Es gibt keinerlei Belege für Pläne zur Errichtung von neuen Städten auf Maui, die durch Künstliche Intelligenz verwaltet werden sollten.

Fakten

Bisher ist die Ursache des am 8. August 2023 ausgebrochenen Feuers, das vor allem die rund 13 000 Einwohner zählende Kleinstadt Lahaina fast vollständig in Schutt und Asche legte, noch ungeklärt. Expertenteams gehen einem Bericht von CBS zufolge vor allem der Frage nach, ob der Brand während des Wirbelsturms «Dora» durch eine abgerissene Stromleitung ausgelöst wurde. Das Feuer breitete sich dann sehr schnell aus - einerseits wegen des Sturms, andererseits wegen der seit Wochen herrschenden ungewöhnlichen Trockenheit.

In dem Video wird unter Berufung auf «Einheimische» behauptet, das Feuer sei durch Brandstiftung ausgelöst worden (ab Minute 0:13). «Man braucht den Grund und Boden, um neue Immobilien zu bauen», behauptet ein Sprecher. «Es sollen 15-Minuten-Städte gebaut werden. Mit einer KI (Künstlichen Intelligenz; Anm. der Redaktion) soll das Ganze verwaltet werden. Es gab unzählige Summits (Gipfel) vom World Economic Forum.» Den Einheimischen sei viel Geld geboten worden, um ihre Häuser zu verkaufen: «Das haben sie nicht gemacht und jetzt liegt alles in Schutt und Asche.»

Die hier wiederholte Behauptung, das jährlich in Davos stattfindende Weltwirtschaftsforum (WEF) unter der Leitung von Klaus Schwab plane den Bau von sogenannten 15-Minuten-Städten, gehört zu den oft wiederholten Verschwörungserzählungen. Sie ist falsch.

WEF forderte keine Mobilitätseinschränkungen

Zwar ist über die Idee, in Städten alle wichtigen Versorgungseinrichtungen fußläufig innerhalb von 15 Minuten erreichbar zu machen, mehrfach auf der Webseite des WEF berichtet worden. Die Behauptung, das Weltwirtschaftsforum fordere die Einrichtung von Städten, in denen die Bürger kein Auto besitzen und sich nicht aus einem vorgeschriebenen Wohngebiet hinausbewegen dürften, ist allerdings pure Fantasie. Die dpa hat zu diesem Thema einen ausführlichen Faktencheck in französischer Sprache veröffentlicht.

In dem Video wird (ab Minute 0:45) die Behauptung, Maui solle zu einer «Smart-City-Insel» neu aufgebaut werden, auch von einer Frau aufgestellt, die sich als «Raylene» vorstellt. Dabei handelt es sich um ein in den sozialen Netzwerken sehr aktive Frau, die nach eigenen Angaben in Great Falls im US-Bundesstaat Montana als «Quantenheilerin» wirkt. Sie verweist auf einen für 25. September geplanten Digitalgipfel auf Hawaii und darauf, dass es im Januar 2023 «so eine Smart City Conference» gegeben habe: «Alles elektrisch und so.»

Tatsächlich fand im Januar 2023 auf Maui die «Hawaii International Conference on System Sciences 2023» (HICSS) statt, die sich als wichtigste und älteste Konferenz weltweit über neue System-Technologien versteht. «Das Konzept von Smart Cities gehört seit mindestens drei Jahrzehnten zu den Forschungsgebieten», schreibt der HICSS-Präsident und Professor Tung Bui in einer E-Mail vom 17. August 2023 an die dpa.

Digital-Gipfel-Veranstalter empört über Unterstellung

Von etwa 1500 wissenschaftlichen Beiträgen hätten sich etwa zehn mit diesem Thema befasst, allerdings keiner davon mit Blick auf eine besondere Entwicklung in Hawaii oder Maui. «Wir hatten keine spezielle Diskussion über die Verwandlung von Maui in eine Smart City», betonte der Professor. «Der Gedanke, destruktive Maßnahmen zu ergreifen, ein historisches Monument zu beschädigen und zahlreiche Todesopfer in Kauf zu nehmen, um Maui in eine intelligente Insel zu verwandeln, liegt jenseits der Grenzen meiner Vorstellungskraft», schreibt Tung Bui.

Auch die Organisatoren des für den 25. September geplanten «Hawaii Digital Governement Summit» zeigen sich empört über die Unterstellung, sie bereiteten die Umwandlung von Maui in die erste «smarte Insel» vor. Auf ihrer Website heißt es, diese Behauptungen hätten mit den tatsächlichen Zielen des jährlichen Gipfeltreffens nichts zu tun. «Die Veranstaltung soll die Zusammenarbeit zwischen IT-Fachleuten aus dem öffentlichen und dem privaten Sektor erleichtern und den Austausch von bewährten Verfahren und innovativen Lösungen fördern, um die Unterstützung und die Dienstleistungen für die Bürger, denen sie dienen, zu verbessern.» Auch auf der Tagesordnung des eintägigen Treffens findet sich kein Hinweis auf irgendwelche Gespräche über künstliche Intelligenz und Maui.

Der Gouverneur von Hawaii, Josh Green, warnte bei einer Pressekonferenz am 16. August vor Falschinformationen in den sozialen Medien (ab Minute 51:20). «Vertrauen Sie keinen Menschen, die sich als Influencer bezeichnen», sagte er. Diesen gehe es nur darum, die eigene Popularität dadurch zu erhöhen, dass man über sie spreche: «Es gibt nichts Schändlicheres.»

(Stand: 22.8.2023)

Links

Facebook-Post (archiviert; archiviertes Video)

Bericht von CBS (archiviert)

dpa-Faktencheck zu Smart Cities (französisch)

Homepage Raylene Short (archiviert)

Hawaii International Conference on System Sciences 2023 (archiviert)

Hawaii Digital Government Summit (archiviert)

Pressekonferenz des Gouverneurs (archiviert)

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