Äpfel mit Birnen verglichen
Fall Trump unterscheidet sich klar von Clintons E-Mails
15.6.2023, 17:17 (CEST)
Nicht nur Trump, sondern auch Joe Biden und Hoillary Clinton seien privat im Besitz von Geheimdokumenten gewesen, argumentieren Trumps politische Freunde. Biden und Clinton müssten sich dafür aber nicht vor Gericht verantworten. Deswegen seien die Vorwürfe gegen Trump ungerecht und illegal. Da lohnt es, sich die Fälle einmal genauer anzuschauen.
Bewertung
Die gegen Trump erhobenen Beschuldigungen sind völlig andere als die Vorwürfe gegen Hillary Clinton und Joe Biden. Sie haben zwar alle mit geheimen Papieren zu tun, sind aber dennoch nicht miteinander vergleichbar.
Fakten
Ein in Luxemburg verbreiteter Facebook-Post zitiert die Rechtsanwältin Alina Habba, die zu Trumps Anwalts-Team gehört. Sowohl Clinton als auch Biden seien im Besitz geheimer Dokumente gewesen, was «nicht strafrechtlich verfolgt» wurde, heißt es da. Die Entscheidung, Trump anzuklagen und auf dem anderen Auge blind zu sein, sei «ein Sinnbild für die Korruption die wir haben».
Diese in dem Post zitierten Äußerungen entsprechen im Wesentlichen dem, was Habba am 13. Juni 2023 am Rande der Anhörung Trumps vor einem Bundesgericht in Miami (Florida) dem US-Fernsehsender Fox News sagte. In dem Video heißt es (etwa 0:25), Trump habe als Präsident das Recht gehabt, als geheim eingestufte Dokumente «summarisch freizugeben». Trumps werde aus politischen Gründen verfogt; das erinnere an das Vorgehen in Diktaturen wie Kuba oder Venezuela.
Tatsächlich unterscheidet sich der Fall Donald Trump in wesentlichen Punkten von den Fällen Hillary Clinton und Joe Biden sowie von dem - in dem Post nicht erwähnten - Fall von Trumps Vizepräsident Mike Pence. In dessen Haus war im Januar und Februar 2023 ebenfalls eine Reihe geheimer Dokumente gefunden worden.
Bei den Unterschieden geht es vor allem darum, ob die Politiker wissentlich und vorsätzlich geheime Dokumente beiseite geschafft und wie sie sich nach der Entdeckung der Dokumente gegenüber den Behörden verhalten haben. Auch die Zahl der fraglichen Geheimdokumente ist höchst unterschiedlich.
Umfangreiche Anklageschrift zu Donald Trump
In der 44 Seiten umfassenden Anklageschrift des Bundesgerichts des südlichen Distrikte von Florida vom 8. Juni 2023 wird Trump nicht nur vorgeworfen, 31 überwiegend als streng geheim (Top Secret) eingestufte Dokumente besessen zu haben. Er wird in sieben weiteren Anklagepunkten vor allem beschuldigt, sich mit einem Helfer zur Behinderung der Justiz verschworen zu haben. Er habe geheime Dokumente nicht herausgeben oder verstecken wollen, die Aufbewahrung von Geheimdokumenten verschleiert und absichtlich falsche Erklärungen über den Verbleib von Dokumenten abgegeben.
Der Anklageschrift zufolge lagerte Trump in einem Ballsaal, einem Badezimmer und einem Lagerraum seines Clubs Mar-a-Lago insgesamt 337 mit Geheimhaltungsvermerk versehene Dokumente in Dutzenden von Pappkartons. Außerdem diverse Erinnerungsstücke und -fotos an seine bis zum 20. Januar 2021 dauernde Präsidentschaft. In der Anklageschrift wird ausführlich beschrieben, wie der Ex-Präsident und dessen Anwälte gelogen und versucht hätten, die Dokumente vor dem Zugriff der Behörden zu verstecken.
Derartige Beschuldigungen sind weder gegen Clinton noch gegen Biden oder Pence erhoben worden.
Der Fall Hillary Clinton ist anders gelagert
Die frühere US-Außenministerin Hillary Clinton hatte im Dezember 2014 rund 33 000 E-Mails an das Ministerium übergeben, die sie entgegen den Vorschriften von privaten Mail-Accounts und nicht von dem besonders gesicherten Account des Ministeriums verschickt hatte. Nach Angaben des damaligen FBI-Direktors James Comey vom 5. Juli 2016 wurden bei der Untersuchung der Mails insgesamt 52 Mail-Verläufe gefunden, in denen sich geheime Informationen befunden hätten. Davon seien in acht Verläufen Mails enthalten gewesen, die als «streng geheim» betrachtet werden könnten.
In diesem Bericht - der vier Monate vor der Präsidentenwahl veröffentlicht wurde, bei der Trump seine Gegenkandidatin Clinton besiegte - erklärte der FBI-Direktor, eine Strafverfolgung sei bei einem «eindeutig vorsätzlichen und absichtlichen Missbrauch von Geheimsachen» oder bei großen Mengen von Geheimmaterial möglich: «Wir sehen diese Dinge hier nicht.» Clintons Umgang mit ihren Mails sei «extrem fahrlässig» gewesen. In einem Interview benutzte er auch den Ausdruck «schlampig».
Im Gegensatz zu den Vorwürfen gegen Trump, die sich auf deutlich als geheim gekennzeichnete Dokumente beziehen, ging es in den Clinton-Mails nicht um solche Dokumente, sondern um einzelne Informationen, die in den Mails ausgetauscht wurden.
Im Juni 2018, also während der Amtszeit von Präsident Trump, legte das Büro des Generalinspekteurs des Justizministeriums (Office of the Inspector General) auf Anforderung des Kongresses und des Justizministeriums einen Bericht über die Ermittlungen gegen Hillary Clinton in der E-Mail-Affäre vor. Dabei ging das Büro, das für die Aufklärung möglicher Unregelmäßigkeiten innerhalb der Behörde zuständig ist, auf den Vorwurf zu nachsichtiger Ermittlungen ein. In dem 568 Seiten umfassenden Bericht kommt das Büro zu dem Ergebnis, dass die Anklagebehörde korrekt handelte, als sie eine Anklage gegen Clinton ablehnte. Clintons Vorgehen sei weder «kriminell fahrlässig» noch «vorsätzlich und unrechtmäßig» gewesen. Dies sei aber Voraussetzung für eine Strafverfolgung.
Unterschiede zu Joe Biden und Mike Pence
Auch die Fälle Joe Biden und Mike Pence liegen völlig anders als der Fall Trump.
Im November 2022 hatten Anwälte von Joe Biden, als sie ein früheres Büro von Biden im Penn Biden Center in Washington ausräumten, eine «kleine Zahl» von als geheim gekennzeichneten Dokumenten gefunden, teilte Bidens Anwalt Richard Sauber im Januar 2023 mit. Diese Dokumente seien sofort an das dafür zuständige Nationalarchiv übergeben worden. Wenig später wurden weitere Dokumente in einer Garage des Privathauses von Biden gefunden. Auch hier zeigten sich Bidens Anwälte gegenüber den Ermittlern kooperativ. Justizminister Merrick Garland hat einen Sonderermittler eingesetzt, der prüfen soll, welche Konsequenzen der Aktenfund hat.
Bei Ex-Vizepräsident Mike Pence wurden im Januar und im Februar ebenfalls mehrere geheime Dokumente entdeckt. In ersten Presseberichten war von etwa einem Dutzend Dokumenten die Rede. Einem Bericht des Senders CNN zufolge hatte Pence seinen Anwalt gebeten, zu prüfen, ob er selbst irgendwelche geheime Regierungsdokumente im Haus habe. Nach dem Auffinden der Dokumente sei das Nationalarchiv sofort informiert worden.
(Stand 15.06.2023)
Links
Anklageschrift Trump, archiviert
Bericht Comey zu Clinton, archiviert
Bericht Generalinspekteur Justizministerium, archiviert
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