Covid-Impfung

Angebliche Zahlen aus Italien entspringen der Fantasie

24.10.2022, 18:24 (CEST)

Daten aus Italien belegen angeblich verheerende Folgen der Impfung gegen Covid-19. Tatsächlich besteht kein Anlass zur Beunruhigung: Aktuell verbreitete Zahlen sind völlig frei erfunden.

Angeblich gibt es «einige neue Daten aus Italien» zur Pandemie 2022, heißt es in einem auf Facebook geteilten Post. Quelle der Daten sei das «Statistische Institut der Regierung». Demnach haben einige schwere Krankheiten sich in diesem Jahr vervielfacht. «Die COVID Impfung entfaltet ihre Wirkung. Gratulation an alle, die standhaft geblieben sind», heißt es in dem Post.

Bewertung

Die Zahlen sind erkennbar unsinnig und allem Anschein nach frei erfunden.

Fakten

Es gibt keinen Beleg für die Daten aus dem Facebook-Post. Darin wird behauptet, im Jahr 2022 sei die Zahl der Fehlgeburten um 279 Prozent gestiegen, die der Herzinfarkte um 269 Prozent und die der Lungenembolien um 458 Prozent. Angeblich habe es auch einen Anstieg bei Eierstockerkrankungen von 437 Prozent, bei multipler Sklerose von 680 Prozent und bei Brustkrebs von 487 Prozent gegeben.

Tatsächlich gibt es zwar kein «Statistisches Institut der Regierung», wohl aber das staatliche Statistische Amt Italiens (ISTAT). Dieses hat (Stand 24.10.2022) hinsichtlich der Krankheitsursachen bei Todesfällen lediglich eine bis zum Jahr 2019 reichende Statistik veröffentlicht. Aktuellere Zahlen gibt es nicht. In dieser Statistik von ISTAT sind - ebenso wie auch im übrigen Europa - Kreislauf- und Krebserkrankungen die beiden wichtigsten Todesursachen.

Nach Angaben des Präsidenten der italienischen Liga für die Krebsbekämpfung (LILT), Francesco Schittulli, erkranken jedes Jahr in Italien etwa 60 000 Frauen an Brustkrebs. Wäre der behauptete Anstieg um 487 Prozent korrekt, würde das bedeuten, dass im laufenden Jahr bei rund 350 000 Frauen diese Krankheit diagnostiziert werden müsste. Darauf gibt es nicht den geringsten Hinweis.

Schittulli sagte am 4. Oktober 2022 laut einem Bericht der Apothekenzeitung Rifday vielmehr, er rechne damit, dass etwa 4000 Frauen wegen der Corona-Pandemie nicht rechtzeitig zum Arzt gegangen seien und deswegen in einem fortgeschrittenen Stadium mit einer Behandlung beginnen müssen.

Die behauptete Erhöhung von 269 Prozent bei Herzinfarkten müsste sich ebenso wie beim Brustkrebs auch in den Zahlen der gesamten Todesfälle in Italien zeigen - und zwar in dramatischer Weise. Tatsächlich jedoch sind nach Angaben von ISTAT in den Monaten Januar bis August 2022 genau 479 394 Menschen in Italien gestorben. Dies waren nicht mehr, sondern vielmehr weniger als im gleichen Zeitraum des Jahres 2021.

2021 starben bis August 483 145 Menschen. Das waren etwa so viele wie 2020, als 483 594 Tote in den ersten acht Monaten des Jahres gezählt wurden. Anders ausgedrückt: 2022 sind bis August nicht mehr Menschen als in den beiden Vorjahren gestorben - sondern weniger.

Die Statistik über die Zahl aller Todesfälle reicht bis zum Jahr 2020. Demnach starben im gesamten Jahr 2018 rund 633 000 Italiener, 2019 waren es mit gut 634 000 fast ebenso viele - während die Zahl der Todesfälle im Corona-Jahr 2020 auf gut 740 000 angestiegen war.

Allerdings verweist das Statistische Amt in einer Pressemitteilung vom 30. August darauf, dass die Zahl der Todesfälle im Juli 2022 deutlich höher war als in den beiden gleichen Vorjahresmonaten. Sie lag im Juli dieses Jahres bei 64 471, signifikant mehr als Juli 2021 (55 689 und im Juli 2020 (53 442). Eine ähnliche Entwicklung habe es 2015 gegeben, die vor allem auf große Hitze zurückzuführen gewesen sei.

Die Unsinnigkeit der behaupteten Zahlen wird ganz besonders deutlich, wenn in dem Facebook-Post verbreitet wird, es habe in den ersten neun Monaten 2022 genau 548 000 «plötzliche unerwartete Todesfälle» gegeben. Was auch immer unter solchen Todesfällen zu verstehen sein mag: Die genannte Zahl von angeblich 548 000 Toten liegt um rund 20 000 über der Gesamtzahl aller Menschen, die in diesem Zeitraum überhaupt in Italien gestorben sind.

(Stand: 24.10.2022)

Links

Facebook-Post, archiviert

Statistik ISTAT Todesursachen, archiviert

Rifday zu Brustkrebs, archiviert

Statistik ISTAT zu Todesfällen, archiviert

Statistik ISTAT Tdesfälle 2022, archiviert

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