Klimawandel
Kein Sommer wie immer - auch nicht in Luxemburg
21.7.2022, 16:02 (CEST), letztes Update: 21.7.2022, 16:22 (CEST)
Die Hitzewelle des Juli 2022 in Luxemburg hat angeblich nichts mit dem Klimawandel zu tun. Wenn man einem Facebook-Post aus dem Großherzogtum glauben soll, dann sind die Sommermonate dort schon immer so gewesen wie jetzt.
Bewertung
Die Sommermonate waren auch in Luxemburg keineswegs immer so heiß. Tatsächlich bleibt Luxemburg vom Klimawandel nicht verschont.
Fakten
In dem Facebook-Post wird der Screenshot eines Artikels der luxemburgischen Zeitung «L’essentiel» geteilt, der mit dem Titel «Spitzenwerte von 40 Grad werden immer wahrscheinlicher» versehen ist. Dort heißt es auch: «Hitzewellen wie die, die derzeit Luxemburg und das restliche Europa heimsucht, gehören fortan in den Sommermonaten zum normalen europäischen Klima.» Dies sieht die Autorin des fraglichen Facebook-Posts ganz anders. Sie kommentiert die Aussage der Zeitung mit einem «Lol» (Laughing out loud) und der Behauptung «Das IST und WAR immer unsere Sommermonate».
Das ist falsch. Tatsächlich gibt es eine Reihe von Beweisen dafür, dass sich nicht nur im Rest der Welt, sondern auch in Luxemburg das Klima deutlich verändert - und zwar messbar.
Nach Angaben des nationalen Wetterdienstes MeteoLux lag der Mittelwert der Lufttemperatur in den 30 Jahren zwischen 1991 und 2020 über das Jahr gesehen - also von Januar bis Dezember - bei 9,8 Grad. Dagegen betrug der Mittelwert in den 30 Jahren zwischen 1981 und 2010 genau 9,3 Grad. Dies ist eine Erhöhung um 0,5 Grad. Es wird also wärmer in Luxemburg.
Zwar zeigen Durchschnittswerte über lange Zeiträume hinweg besser als einzelne Jahre die Entwicklung des Wetters an. Aber auch einzelne Jahreswerte können aussagekräftig sein. Beispielsweise wurden laut MeteoLux seit dem Jahr 1947 die höchsten Temperaturen für 9 der 12 Monate erst seit 2017 gemessen. Nur drei Höchstwerte - nämlich für Januar, August und Oktober - wurden zwischen 1975 und 2011 registriert. Die Temperaturrekorde der einzelnen Monate liegen also zumeist in der jüngeren Vergangenheit. Die offiziell höchste Temperatur in Luxemburg wurde mit 39 Grad am 25. Juli 2019 gemessen.
In ihrem 2018 veröffentlichten Papier «Strategie und Aktionsplan für die Anpassung an den Klimawandel in Luxemburg 2018-2023» weist die luxemburgische Regierung mit einer übersichtlichen Grafik darauf hin, dass ab 1990 «ein deutlicher Anstieg der Jahresmitteltemperaturen» zu verzeichnen sei (Seite 12). Der Wert sei für die 30-jährigen Referenzzeiträume von 8,3 (1961-1990) auf 9,3 Grad (1981-2010) gestiegen, mittlerweile liege er sogar bei 9,8 Grad (1991-2020). Diese Unterschiede seien «statistisch signifikant», also keine einmaligen «Ausreißer» oder Irrtümer.
In dem Bericht wird (Seite 14) auch darauf hingewiesen, dass die jährlichen Lufttemperaturen in Luxemburg im Zeitraum zwischen 1981 und 2010 - jüngere Daten liegen in diesem Bericht noch nicht vor - im Frühjahr um fast 0,8 und im Sommer um gut 0,6 Grad gestiegen sind. Auch dies sei eine statistisch signifikante Veränderung. Die Klimaprojektionen für die kommenden Jahre und Jahrzehnte zeigen dem Bericht zufolge einen deutlichen Anstieg der Lufttemperaturen, vor allem steigende Temperaturen im Winter (Seite 26).
Aus den bisher aktuellsten Wetterdaten des Flughafens Luxemburg, jenen für Juni 2022, geht beispielsweise hervor, dass dort im Jahr 2017 mit 35,4 Grad die höchste Temperatur eines Juni-Tages gemessen wurde. Im Jahr 2022 lag die Höchsttemperatur bei 33,8 Grad. Die mittlere Juni-Temperatur lag in diesem Jahr jedoch mit 18,3 Grad deutlich über dem Mittelwert von 16,7 Grad für den Zeitraum 1991-2020. Auch die Zahl der Sonnenstunden lag im Juni 2022 mit gut 272 deutlich über dem 30-Jahre-Mittelwert von 241.
Die Veränderung des Klimas in Luxemburg beschäftigt auch die Landwirtschaft, vor allem die Winzer. In einer Auswertung von Wetterdaten der Station Remich aus den vergangenen 50 Jahren weisen zwei Wissenschaftler darauf hin, dass Austrieb, Blüte und Reife in den Weinbergen jetzt 12 bis 17 Tage früher erfolgten als in den 1970er-Jahren. Die Jahres-Mitteltemperaturen seien im Monat Juli über 50 Jahre hinweg um 1,9 Grad, die Tageshöchsttemperaturen sogar um 3 Grad angestiegen. In Remich sei im Juli 2019 mit 40,6 Grad die höchste Temperatur seit Messbeginn erfasst worden.
Der Temperaturanstieg habe zwar überwiegend positive Folgen für die Weinqualität gehabt, mit fortschreitender Klimaerwärmung könnten die negativen Effekte jedoch «bereits in wenigen Jahrzehnten» die «Reifevorteile» überwiegen.
Die Behauptung, die Hitzewelle vom Juli in Luxemburg sei so wie «immer unsere Sommermonate» gewesen, ist also mit den tatsächlich über Jahre hinweg gemessenen Daten nicht in Einklang zu bringen.
(Stand: 21.07.2022)
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