Nachrichten zeigten keine Kinobilder: «Fälschung» ist gefälscht
11.3.2022, 14:56 (CET)
Ein angeblich gefälschtes Video über die Flucht tausender Menschen aus der ukrainischen Hauptstadt Kiew löst Empörung in den sozialen Medien aus. Empörung über vermeintlich lügende Journalisten, die Bilder aus einem Kinofilm als authentische Aufnahmen aus Kiew ausgegeben haben sollen. #liggepress («Lügenpresse») schreibt ein Luxemburger Nutzer dazu. Dass darunter lediglich ein angeblicher Screenshot gezeigt wird, hat einen guten Grund.
Bewertung
Das fragliche Video existiert nicht. Der Screenshot, der das skrupellose Fake beweisen soll, ist eine plumpe Fälschung.
Fakten
In den sozialen Medien wird, oft mit dem Zusatz «Ganz großes Kino», ein Post geteilt, der aus einer Kombination zweier Screenshots aus dem Film «Deep Impact» besteht. Das erste Foto ist in der oberen rechten Ecke mit einem Logo des italienischen Nachrichtensenders TGCOM24 und links den italienischen Worten «Fuga da Kiev» (Flucht aus Kiew) versehen. Das zweite Foto ist praktisch identisch und enthält die Erläuterung «Scena del film Deep Impact» (Szene aus dem Film Deep Impact). Dies legt nahe, der Nachrichtensender habe Bilder aus dem Film als Bilder von der Flucht aus Kiew ausgegeben.
Tatsächlich besteht kein Zweifel daran, dass beide Fotos eine Szene aus dem 1998 in den USA erschienenen Film «Deep Impact» zeigen. In diesem Film geht es um die zerstörerischen Folgen des Einschlags eines Kometen auf der Erde. Dieser führt führt zu einer Massenflucht von Menschen vor dem Hintergrund einer gigantischen Flutwelle. Die in dem Post gezeigte Szene (etwa ab Minute 1:15) ist eine der bekanntesten des Films - und deshalb grundsätzlich für einen gefälschten Beitrag in einem Nachrichtensender eher ungeeignet.
Wichtiger noch: Das Video existiert nicht. Der Screenshot mit dem Logo von TGCOM24 soll lediglich den Eindruck erwecken, als habe es ein solches Video gegeben. TGCOM24 hat diese Bilder nie ausgesendet, wie Domenico Catagno, Vizedirektor des Senders, der Deutschen Presse-Agentur bestätigte.
Auf der Webseite des Senders ist das Video daher auch nicht zu finden. Auch das Logo in der oberen rechten Ecke des angeblichen Screenshots stimmt nicht mit dem derzeit in Videobeiträgen verwendeten Logo überein. Dieses trägt den zusätzlichen Schriftzug Mediaset oder zeigt die 24 unter den Buchstaben «TGCOM». Das in dem gefälschten Facebook-Beitrag verwendete Logo stammt hingegen von der Homepage des Senders. Das Einfügen eines Logos oder von Schrift in ein Foto ist jederzeit ohne größere Probleme möglich.
VerschiedeneitalienischeFaktenchecker haben die falsche Behauptung auch schon widerlegt. Im Übrigen ist klar, dass seit dem Einmarsch russischer Truppen in die Ukraine Hunderttausende Menschen von dort geflohen sind. Das belegen nicht nur aktuelle Zahlen des UN-Flüchlingshilfswerks UNHCR.
Links
UNHCR über ukrainische Flüchtlingen (archiviert)
Deep Impact bei IMDB (archiviert)
Clip Deep Impact auf Youtube (archiviert)
Italienische Faktenchecks von Bufale, Facta und Butac (hier, hier und hier archiviert)
Kontakt zum dpa-Faktencheckteam: factcheck-luxembourg@dpa.com