Lauterbach-Aussage wird ins Gegenteil verkehrt

17.1.2022, 16:08 (CET), letztes Update: 18.1.2022, 17:23 (CET)

Der deutsche Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) will angeblich verhindern, dass die Omikron-Variante die Corona-Pandemie beendet. Jedenfalls wird das in einem Videoschnipsel aus einer Rede Lauterbachs vor dem Bundesrat behauptet.

Bewertung

Der stark geschnittene Videoausschnitt reißt die Äußerungen Lauterbachs so aus dem Zusammenhang, dass sie in ihr Gegenteil verdreht werden.

Fakten

Der Bundesrat hat am 14. Januar 2022 in einer Sondersitzung über Änderungen der COVID-19-Schutzmaßnahmen-Ausnahmeverordnung beraten. Bei Facebook wird dazu unter anderem ein 15 Sekunden langer Videoausschnitt aus der Rede Lauterbachs geteilt - in Luxemburg beispielsweise mit dem Hinweis «Gut zuhören» in luxemburgischer Sprache und mit Wut-Emojis.

In diesem Video ist Lauterbach mit folgenden Worten zu hören: «Und wenn es weitergeht, dann müssen auch wir weitermachen. Wir können nicht aufhören, wir können nicht sagen: Mit Omikron hören wir jetzt auf. Omikron wird die Pandemie auch deshalb nicht beenden. Wenn es jetzt tatsächlich so wäre - was wir verhindern werden.» An dieser Stelle deuten Tonlage und Gestik Lauterbachs stark darauf hin, dass der Satz noch etwas länger ist - was aber dem Schnitt zum Opfer gefallen und daher in diesem Post nicht zu hören ist.

Eingeblendet in das Video ist ein Schriftzug in fehlerhaftem Deutsch: «Was sagt er da? Die werden verhindern, das Omikron die Pandemie beendet. Hört mal hin, wie die euch ins Gesicht sagen, das sie euch verarschen.»

Tatsächlich hat Lauterbach in seiner im Internet verfügbaren Rede zu Beginn (etwa ab Minute 22:30) gesagt, die Pandemie sei «an einer Schnittstelle angekommen». Es gehe jetzt um die Frage, ob man die Pandemie so entschärfen könne, dass sie zu einer «endemischen Lage» werde: «Wir müssen die Gelegenheit ergreifen. Und wir haben die Mittel dafür, die Pandemie in Deutschland in diesem Jahr weitestgehend zu beenden.»

Lauterbach sagte, die Politik der Bundesregierung sei darauf ausgerichtet, eine drohende «Omikron-Wand» mit hohen, schnell ansteigenden Fallzahlen zu verhindern und daraus «einen Hügel zu machen mit geringeren Infektions- und Sterbezahlen». Die «relativ vorsichtige Strategie» der Regierung sei richtig, sie werde «uns aber langfristig nicht aus der Pandemie befreien». Im Herbst müsse mit neuen Varianten gerechnet werden. 99 von 100 Wissenschaftlern sagten: «Es geht weiter.»

Daran anschließend sagte Lauterbach das, was verkürzt und im falschen Zusammenhang wiedergegeben wurde und in Wirklichkeit (32:20) so lautete: «Und wenn es weitergeht, dann müssen auch wir weitermachen. Wir können nicht aufhören, wir können nicht sagen: Mit Omikron hören wir jetzt auf. Omikron wird die Pandemie auch deshalb nicht beenden. Wenn es jetzt tatsächlich so wäre, was wir verhindern werden, aber wenn es tatsächlich so wäre, die Ungeimpften würden sich alle mit Omikron anstecken, das ist ja auch ein Gedanke, der manchmal vorgetragen wird - das wird die Pandemie nicht beenden. Auch nicht für die Ungeimpften. Weil die Infektion mit Omikron vor weiteren Varianten nicht viel schützt.»

Lauterbachs «was wir verhindern werden» bezog sich also nicht darauf, dass die Pandemie nicht beendet werden solle, sondern vielmehr auf eine mögliche Ansteckung aller Ungeimpften mit Omikron.

Er verwies im Anschluss an den Satz über den geringen Schutz der Omikron-Variante vor weiteren Varianten darauf, dass selbst eine frische Omikron-Infektion nur einen etwa 50-prozentigen Schutz vor der Delta-Variante biete. Davon blieben nach ein paar Monaten nur 20 Prozent übrig: «Dann habe ich eine 80-prozentige Vulnerabilität (Verwundbarkeit) gegen neue Varianten.» Er denke, dass es zwar im Sommer eine «gute Zeit» geben werde - «aber dann kommt der Herbst und die gute Zeit ist vorbei.»

Man dürfe deshalb nicht die Gelegenheit verpassen, eine ausreichend hohe Impfquote und damit eine hohe Grundimmunisierung zu erreichen. Wenn auch die ältere Bevölkerung ausreichend grundimmunisiert sei und neue Medikamente zur Verfügung stünden, «dann wären wir ja durch». «Wir hätten es ja geschafft», sagte der Minister. «Das wäre ja der Punkt. Das schaffen wir aus meiner Sicht nur, wenn wir eine allgemeine Impfpflicht einführen.»

(Stand: 17.01.2022)

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Video der Bundesratssitzung, archiviert

Video auf Bundesratsseite

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