Autos werden auch künftig nicht zwangsgebremst
12.1.2022, 14:10 (CET), letztes Update: 12.1.2022, 14:21 (CET)
Den Autofahrern in der EU droht angeblich die «totale Überwachung». Denn künftig solle ein von der EU vorgeschriebener elektronischer Fahrassistent die Fahrzeuge automatisch auf die jeweils erlaubte Höchstgeschwindigkeit herunterbremsen. Das wird jedenfalls in sozialen Medien behauptet.
Bewertung
Der elektronische Assistent bremst nicht automatisch auf die erlaubte Geschwindigkeit herunter. Wer wirklich möchte, kann schneller als erlaubt fahren.
Fakten
In einem in Luxemburg verbreiteten Facebook-Post heißt es, Neuwagen in der EU müssten ab Juli 2022 selbständig die Geschwindigkeit verringern können. Und: «Ein Fahrassistent bremst künftig automatisch auf die maximal erlaubte Geschwindigkeit herunter.» Dieses Vorhaben wird als «die totale Überwachung» bezeichnet.
In einem in luxemburgischer Sprache hinzugefügten Kommentar heißt es: «So greifen sie des Luxemburgers liebstes Kind an. BMW, 180 PS, max. 130 km/h.» Die Geschwindigkeitsangabe bezieht sich offensichtlich auf das geltende Tempolimit auf Luxemburger Autobahnen von 130 Kilometern pro Stunde.
Zutreffend ist, dass die EU-Kommission im Juni 2021 eine Verordnung beschlossen hat, mit der unter anderem vom 6. Juli 2022 an in neuen Fahrzeugtypen und vom 7. Juli 2024 an in allen Neuwagen die Ausstattung mit einem «intelligenten Geschwindigkeitsassistenten» vorgeschrieben ist.
Allerdings stimmt es nicht, dass dieser Geschwindigkeitsassistent das Auto automatisch auf die maximal erlaubte Geschwindigkeit herunterbremst. Tatsächlich behält der Autofahrer trotz des elektronischen Assistenten die volle Kontrolle über das Tempo des Wagens.
Der Fahrer kann den Geschwindigkeitsassistenten, der beispielsweise Verkehrszeichen erkennt und auch die zulässigen Höchstgeschwindigkeiten in den unterschiedlichen Ländern kennt, nach Belieben ein- und ausschalten. Allerdings ist der Assistent unmittelbar nach dem Anlassen immer eingeschaltet. Details sind unter anderem in dieser Mitteilung der EU-Kommission zu finden.
Der Autofahrer wird - sofern er das System nicht zuvor schon ausgeschaltet hat - über einen Warnton und/oder über ein «haptisches Signal» auf eine Überschreitung der Höchstgeschwindigkeit aufmerksam gemacht. Letzteres bedeutet, dass bei zu hohem Tempo die Motorleistung etwas nachlässt. Der Fahrer spürt dann, dass er kurzzeitig stärkeren Druck auf das Gaspedal ausüben muss, um das von ihm gewünschte Tempo zu halten oder zu erreichen.
Die ständige Kontrolle der Geschwindigkeit durch den Fahrer hat unter anderem Sicherheitsgründe: Niemand, der beispielsweise gerade ein anderes Auto überholt, soll von einer plötzlichen automatischen Tempobegrenzung gefährdet werden.
Die EU-Kommission begründet die Vorschrift über elektronische Assistenzsysteme in Autos (aber auch in Lastwagen und Bussen) in einer Mitteilung mit der Verkehrssicherheit. 90 Prozent aller Unfälle mit Toten und Verletzten beruhten auf menschlichem Versagen: «Hochentwickelte Sicherheitsfunktionen werden so dazu beitragen, die Zahl der Unfälle zu verringern.» Deswegen werden neben dem Geschwindigkeitsassistenten beispielsweise auch andere Systeme wie Müdigkeitswarner in Lastwagen vorgeschrieben.
Eine leicht verständliche Darstellung des tatsächlich geplanten Geschindigkeitsassistenten findet sich unter anderem in der Zeitschrift Auto Motor Sport.
(Stand: 12.01.2022)
Links
Facebook-Post, archiviert
EU-Verordnung, archiviert
Automobilclub Luxemburg zum Tempolimit, archiviert
Mitteilung der EU-Kommission, archiviert
Pressemitteilung EU-Kommission, archiviert
Auto Motor Sport, archiviert
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