Impfverweigerer müssen keine baldige Impfung mit Spinat fürchten

15.11.2021, 14:54 (CET)

Schon bald könnten die Verweigerer von Impfungen gegen Covid-19 beim Essen ausgetrickst werden. Denn wer sich nicht impfen lassen mag, der wird dann angeblich gezwungen, Salat, Spinat oder anderes Gemüse zu essen - dessen Zellen einen mRNA-Impfstoff enthält. Das jedenfalls wird in den sozialen Netzwerken behauptet.

Bewertung

Diese Behauptung ist falsch. Richtig ist allerdings, dass in den USA tatsächlich daran geforscht wird, ob man mRNA-Impfstoff mit Hilfe von Gemüse herstellen kann.

Fakten

In einem Facebook-Post aus Luxemburg heißt es, Wissenschaftler versuchten, Spinat und andere essbare Pflanzen herzustellen, die mit Covid-19-Impfstoff gefüllt seien. Das solle Impf-Injektionen ersetzen. «Millionen von Menschen, die eine Impfung mit einem experimentellen mRNA-Impfstoff verweigert haben, könnten bald gezwungen sein, die Gentherapie in ihrer Nahrung zu sich zu nehmen», heißt es in englischer Sprache in dem Post.

Zugleich wird darauf verwiesen, dass Forscher an einer kalifornischen Universität 500 000 US-Dollar von der National Science Foundation (NSF) erhalten sollen. Damit solle eine «Technologie, die experimentelle mRNA-COVID-19-Impfstoffe in Spinat, Salat und andere essbare Pflanzen einbringt», entwickelt werden.

Sogenannte mRNA-Impfstoffe werden beispielsweise von den Unternehmen Biontech oder Moderna hergestellt. In der Abkürzung steht das «m» für messenger und «RNA» für ribonucleic acid (Deutsch: Ribonukleinsäure). Vorher wurde noch kein Impfstoff dieser Art für den Menschen zugelassen.

Tatsächlich hat die NSF laut Mitteilung vom 10. August 2021 Fördermittel in Höhe von 500 000 US-Dollar für die kalifornische Universität Riverside (UCR) im Osten von Los Angeles freigegeben. Damit sollen bis Ende 2023 laufende Forschungen finanziert werden. Bei diesen Forschungen geht es dem Bescheid der NSF zufolge darum, die Möglichkeit zur Herstellung von mRNA in Pflanzen zu erforschen.

Eine Pressemitteilung der Universität vom 16. September 2021 erläutert, die Forschung habe drei Ziele. Erstens gehe es darum, zu zeigen, dass DNA mit mRNA-Impfstoff in eine Pflanzenzelle eingebracht werden und sich dort vermehren könne. Zweitens wolle man zeigen, dass Pflanzen ausreichend mRNA produzieren könnten. Und drittens gehe es darum, die richtige Dosierungsmöglichkeit zu finden.

Falls dies alles funktioniere, dann könnten mRNA-Impfstoffe beispielsweise als Gemüse gegessen werden, ohne dass wie bisher erheblicher Aufwand für die Kühlung von Impfstoff getrieben werden müsse. «Bauern könnten letztendlich ganze Felder damit anbauen», wird der Leiter des Forschungsprojektes, der Biotechnik-Professor Juan Pablo Giraldo, von der Universität zitiert. 

In dem Bescheid der NSF wird erläutert, dass es sich um den Versuch handelt, die in pflanzlichen Zellen vorhandenen Chloroplasten als eine Art von mit Sonnenergie betriebene «Fabrik» von mRNA Impfstoff zu betreiben. Chloroplasten, die innerhalb von Pflanzenzellen über eine eigene DNA verfügen und beispielsweise die Photosynthese ermöglichen, könnten nach Ansicht Giraldos möglicherweise zur Produktion von mRNA verwendet werden.

Die NSF verweist in ihrem Bescheid darauf, dass trotz erheblicher Anstrengungen in der Biotechnik die Einführung von gentechnisch veränderten DNA-Molekülen in Chloroplasten bisher sehr schwierig, teuer und ineffizient sei. «Diese Forschung wird einige Jahre brauchen, um das technologische Konzept zu beweisen», erläuterte Giraldo dem US-Medienunternehmen USA Today. «Wenn sie erfolgreich ist, wird es weitere Studien und mehrere Jahre dauern, bis die Menschen Blattgemüse als mRNA-Impfstofffabriken verwenden können.»

Die Behauptung in dem Facebook-Post, Ziel der Forschung sei es, die Injektionen gegen COVID-19 mit mRNA-Impfstoff zu ersetzen, ist falsch. Tatsächlich geht es um eine grundsätzlich neue Technologie für die Herstellung von mRNA-Impfstoffen - unabhängig von einem bestimmten Virus.

Ebenfalls falsch ist die Behauptung, Millionen von Menschen, die sich einem «experimentellen mRNA-Vakzin» verweigert hätten, könnten «bald» schon «gezwungen» werden, die «Gentherapie» als Nahrung zu sich zu nehmen. Falls die Herstellung von mRNA-Impfstoff in Pflanzen möglich sein sollte, wird dies auf keinen Fall «bald» sein. Zudem gibt es keinerlei Hinweis darauf, dass irgend ein Zwang angewendet werden soll, Pflanzen mit mRNA-Impfstoff zu sich zu nehmen.

Zur Behauptung, es handele sich bei mRNA-Impfstoffen um ein «experimentelles» Vakzin oder um eine «Gentherapie», gibt es unter anderem hier einen Faktencheck der dpa.

(Stand: 15.11.2021)

Links

Facebook-Post, archiviert
Förder-Mitteilung NSF, archiviert
Pressemitteilung der Universität, archiviertBiontech über mRNA-Impfstoffe, archiviert

Moderna über mRNA-Impfstoffe, archiviert
Juan Pablo Giraldo, archiviert
Chloroplasten, archiviert

dpa-Faktencheck zu Erbgut und mRNA-Impfstoffen

Kontakt zum dpa-Faktencheckteam: factcheck-luxembourg@dpa.com