FDA lässt Auffrischungsimpfstoff zu

1.10.2021, 12:40 (CEST)

Sogar die Experten der US-Arzneimittelbehörde FDA zweifeln jetzt angeblich an der Sicherheit des von Pfizer/Biontech hergestellten Auffrischungsimpfstoffes gegen das COVID-19-Virus. Deswegen hätten sie auch die Zulassung des Impfstoffes abgelehnt. Das jedenfalls wird in den sozialen Netzwerken behauptet.

Bewertung

Die Behauptung ist falsch. Auch der Auffrischungsimpfstoff ist von der Arzneimittelbehörde FDA zugelassen worden, allerdings zunächst nicht für alle Bürger.

Fakten

In einem Facebook-Post aus Luxemburg heißt es unter anderem: «Ein Expertengremium der US-Arzneimittelbehörde FDA hat mit überwältigender Mehrheit einen Antrag auf Zulassung des Corona-Auffrischungsimpfstoffs von Pfizer abgelehnt und Zweifel an dessen Sicherheit geäußert.» Dieser Behauptung vorangestellt wird ein Zitat des US-Notfallmediziners Joseph Fraiman: «Es gibt keine Beweise, dass COVID-Impfskeptiker Unrecht haben und das sollte uns alle erschrecken». Dies habe Fraiman «vor dem Gremium» der FDA gesagt.

Tatsächlich hat am 17. September 2021 eine etwa achtstündige öffentliche Anhörung des «Vaccines and Related Biological Products Advisory Committee» über die Zulassung von Auffrischungsimpfungen des Herstellers Pfizer/Biontech stattgefunden. Dieses Gremium hat eine beratende Funktion. Die FDA ist bei ihren Entscheidungen nicht an die Ratschläge des Experten-Gremiums gebunden, folgt ihnen aber meist. Zu der Anhörung waren auch Vertreter von Interessenverbänden und der Öffentlichkeit geladen. Fraiman wurde dort angehört. Er gehört aber nicht zu dem Beratergremium der FDA.

Am Ende der Anhörung vom 17. September beschlossen die Mitglieder des «Advisory Committee» einstimmig, die Auffrischungsimpfung für Menschen im Alter von 65 und mehr Jahren zu empfehlen. Auch Personen, die besonders anfällig für schwere Erkrankungen seien, sollten diese sogenannte Booster-Impfung bekommen. Ebenfalls einstimmig votierte das «Advisory Committee» dafür, dass auch Menschen, die am Arbeitsplatz einem höheren Infektionsrisiko ausgesetzt seien, die Auffrischungsimpfung von Pfizer/Biontech erhalten sollten. Der Abstimmungsvorgang und die Begründung ist in der Videoaufzeichnung der Anhörung (ab 06:58:00) zu verfolgen.

Das «Advisory Committee» lehnte allerdings einen Vorschlag ab, die Auffrischungsimpfung bereits für alle Personen im Alter von 16 und mehr Jahren zu empfehlen. Einen entsprechenden Antrag, der auch von der US-Regierung von US-Präsident Joe Biden unterstützt wurde, hatte der Pharmahersteller Pfizer Inc. gestellt.

Das Expertengremium begründete seine weniger weitreichende Empfehlung jedoch nicht mit Zweifeln an der Sicherheit des Impfstoffes, wie in dem Facebook-Post behauptet. Sondern mit dem Fehlen ausreichender Datenmengen, um die Notwendigkeit von Auffrischungsimpfungen für die breite Bevölkerung zu belegen. Geimpfte hätten immer noch ausreichend Schutz gegen Erkrankungen durch COVID-19. Der Impfstoff könne etwas später durchaus für die gesamte Bevölkerung empfohlen werden: «Ich denke nur, dass wir noch nicht an diesem Punkt sind», zitierte das Smithsonian Magazine ein Ausschussmitglied, den Impfexperten und Professor für Kinderheilkunde an der Harvard Medical School, Ofer Levy.

Gemäß diesen Empfehlungen des Expertengremiums hat die Arzneimittelbehörde FDA am 22. September 2021 die Auffrischungsimpfung mit dem Impfstoff von Pfizer/Biontech für Personen über 65, mit hohem Erkrankungsrisiko und mit hoher Infektionsgefahr am Arbeitsplatz zugelassen.

Der Notfallmediziner Joseph Fraiman bat in seinem Statement (im Video ab 4:17:00) um «Hilfe bei der Verringerung von Impf-Zurückhaltung». Dafür sei «eine größere Versuchsreihe nötig, mit der bewiesen werden kann, dass die Impfung die Gefahr der Krankenhausbehandlung verringert». Ohne diese Daten könne man nicht die Gegner widerlegen, die öffentlich behaupteten, dass die Impfstoffe vor allem bei jungen und gesunden Menschen mehr schadeten als nützten: «Die Tatsache, dass wir nicht die klinischen Beweise haben, um zu sagen, dass diese Aktivisten sich irren, sollte uns alle erschrecken.» Die Annahme, dass Impfgegner «einfach dumm oder uninformiert» seien, sei falsch.

Die FDA-Sprecherin Abby Capobianco sagte USA Today zu Berichten in sozialen Medien, wonach es laut FDA keine Beweise für die Wirksamkeit des Impfstoffes gebe, man kommentiere grundsätzlich nicht Äußerungen einzelner Teilnehmer von Anhörungen. Fraiman spreche nicht für die FDA.

(Stand: 01.10.2021)

Links


Facebook-Post, archiviert
Videoaufzeichnung Anhörung

Anhörung

Öffentlichkeit in FDA-Gremien
Smithsonian Magazine, archiviert
Zulassungsbeschluss FDA, archiviert
USA Today, archiviert

Kontakt zum dpa-Faktencheckteam: factcheck-luxembourg@dpa.com