EU-Datenbank beinhaltet nur Verdachtsfälle auf Impf-Nebenwirkungen
16.8.2021, 16:39 (CEST)
Immer wieder kursieren in den sozialen Medien unterschiedliche Zahlen zur Corona-Pandemie. In einem aktuell in Luxemburg verbreiteten Facebook-Post wird behauptet, es seien mehr als 20 000 Menschen an der Impfung gegen Covid-19 gestorben. Diese Zahl sei angeblich in einer offiziellen EU-Datenbank aufgelistet (archiviert). Stimmen diese Angaben?
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Bei den beschriebenen Fällen handelt es sich um Verdachtsmeldungen, die in der Datenbank gesammelt werden. Ein ursächlicher Zusammenhang mit den Impfungen ist nicht nachgewiesen. Die Zahl der Verstorbenen ist zudem durch Mehrfachnennungen verfälscht.
Fakten
In dem Facebook-Post(archiviert) wird unter Berufung auf «aktuelle Zahlen» der Datenbank «EudraVigilance» von Ende Juli 2021 behauptet, es habe nach Covid-Impfungen 20 595 Tote gegeben. Die Zahl der «Verletzten» liege bei 991 737 und die der «Schwerverletzten» bei 968 870. Über den Zahlen ist das Sternen-Logo der EU in Verbindung mit dem Wort «Bodycount» zu sehen. Es wird ansonsten im Englischen zur Zählung von Kriegs- oder Katastrophenopfern verwendet.
Nachgewiesene Todesfälle und Nebenwirkungen enthält diese Datenbank der europäischen Arzneimittel-Agentur aber nicht. Sie listet «gemeldete Verdachtsfälle von Arzneimittelnebenwirkungen» auf. Schon auf der Startseite der Datenbank weist die EMA darauf hin, es gehe um «medizinische Ereignisse, die im Rahmen der Anwendung eines Arzneimittels beobachtet wurden, die aber nicht notwendigerweise mit dem Arzneimittel in Zusammenhang stehen oder von ihm verursacht wurden».
Weiter heißt es: «Angaben zu Verdachtsfällen von Nebenwirkungen dürfen nicht so verstanden werden, als hätte das Arzneimittel oder der Wirkstoff die beobachtete Wirkung verursacht oder als sei das Arzneimittel oder der Wirkstoff nicht sicher in der Anwendung.»
Solche Verdachtsfälle können bei dieser Datenbank nicht nur von Medizinern oder aus Krankenhäusern gemeldet werden, sondern auch von jedem Menschen, der sich beispielsweise nach einer Impfung unwohl fühlt. Die Datenbank, zu der jeder kostenlos Zugang hat, enthält in 26 europäischen Sprachen eine Art Gebrauchsanweisung, in der diese Herkunft und die Bedeutung der Daten erläutert wird.
Sie wird laufend aktualisiert und wies (Stand 7.8.2021) insgesamt 802 786 Verdachtsmeldungen, also Personen mit Verdacht auf Nebenwirkungen, für die vier Impfstoffe der Firmen Moderna Biontech/Pfizer Astrazeneca und Johnson & Johnson aus - deutlich weniger als die auf Facebook genannten jeweils knapp eine Million «Verletzte» und «Schwerverletzte». Diese Begriffe tauchen in der Datenbank auch gar nicht auf.
Es wird zwar bei den Verdachtsmeldungen zwischen schweren und nicht schweren Nebenwirkungen unterschieden. So wurden beispielsweise bei den gut 341.000 Verdachtsmeldungen für den Impfstoff von Biontech/Pfizer (Stand: 7.8.2021) rund 446 000 «weniger schwere» und 349 000 «schwere» mögliche Nebenwirkungen aufgeführt. Diese Zahl der möglichen Nebenwirkungen ist deshalb insgesamt höher als die Zahl der Verdachtsmeldungen, weil bei der Verdachtsmeldung zu einer Person meist mehrere Nebenwirkungen angegeben sind.
Angaben zu Todesfällen findet man in der Datenbank bei den jeweiligen Impfstoffen in den Unterpunkten zu den insgesamt 27 «Reaktionsgruppen» - vom Blutkreislauf über das Herz oder das Immunsystem bis hin zu Gefäßkrankheiten. Für jede dieser Reaktionsgruppen wird angegeben, wie viele Todesfälle es in dieser Gruppe gegeben hat.
Addiert man diese Angaben, so ergibt sich zwar die Zahl von 21.310 Todesfällen (Stand: 7.8.2021). Dies ist jedoch nicht die Zahl der Menschen, die nach Impfungen gegen Covid-19 gestorben sind. Da ein einziger Mensch wegen verschiedener möglicher Nebenwirkungen in mehreren Reaktionsgruppen auftauchen kann, wird eine nicht bestimmbare Anzahl von Toten hier mehrfach gezählt.
Verlässliche Informationen darüber, wie viele Menschen wegen Impfungen gegen Covid-19 Nebenwirkungen erlitten haben oder gar gestorben sind, liefert die Datenbank also nicht.
(Stand: 7.8.2021)
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