Nach dem Hochwasser kommt durchaus Hilfe von der Politik

3.8.2021, 18:17 (CEST), letztes Update: 6.8.2021, 18:06 (CEST)

Im Westen Deutschlands verwüstet ein Unwetter mit verheerenden Überschwemmungen ganze Landstriche. Mehr als 180 Menschen sterben - aber angeblich ist kein Politiker bereit zu zur Hilfe. Kann das wirklich sein?

Bewertung

Die Behauptung, dass die Opfer der Hochwasserkatastrophe von Politikern keine Hilfe bekommen haben, ist falsch. Nach den Überschwemmungen ist eine große Hilfsaktion angelaufen.

Fakten

In einem Facebook-Post aus Luxemburg wird darauf hingewiesen, dass es in Belgien nach 30 Toten durch die Flut eine Staatstrauer und eine landesweite Schweigeminute gegeben habe. Zu «Deutschland mit 150 Toten» heißt es: «Außer leeren Versprechen und Lachen der Politiker, Nix, Null Komma Nix.»

Die Überschwemmungskatastrophe nach schweren Regenfällen in der Nacht vom 14. zum 15. Juli 2021 hat nach Angaben der Polizei zu 139 Todesopfern in Rheinland-Pfalz und 47 Todesopfern in Nordrhein-Westfalen - also insgesamt 186 Toten - geführt.

Unmittelbar nach der Katastrophe begann am 15. Juli die Rettung von Überlebenden und die Bergung von Toten. Neben einem Großaufgebot von Polizei, Feuerwehren aus allen Teilen Deutschlands, den großen Hilfsorganisationen und Privatleuten wurde der Einsatz auch maßgeblich von politischen Entscheidungen bestimmt.

Schon seit dem 14. Juli war die Bundeswehr im Einsatz, im Morgengrauen des 15. Juli wurden Hubschrauber der Bundeswehr benutzt, um vom Wasser eingeschlossene Menschen von den Dächern ihrer Häuser zu holen. Gleichzeitig rollten Bergepanzer und anderes schweres Gerät in die Katastrophenregion, um dort vor allem Straßen frei zu räumen. Am 16. Juli erklärte Bundesverteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) den «militärischen Katastrophenalarm», mit dem wichtige Entscheidungen an die Militärs vor Ort delegiert werden. Im Einsatz waren 750 Soldaten.

Auch das Technische Hilfswerk (THW), das dem Bundesinnenministerium untersteht, wurde unmittelbar nach der Überschwemmung mit bis zu 4000 Kräften in das Katastrophengebiet geschickt. Die Arbeit von Bundeswehr und THW konzentrierte sich vor allem auf die Wiederherstellung der stellenweise völlig zerstörten öffentlichen Infrastruktur.

Neben der Rettung von Opfern und der Instandsetzung von Gebäuden, Straßen und Brücken kümmerte sich die Politik vor allem um Hilfen für jene Menschen, die sich eine neue Existenz aufbauen müssen. Sowohl Rheinland-Pfalz als auch Nordrhein-Westfalen stellten jeweils 200 Millionen Euro für «Soforthilfen» zur Verfügung. Die Bundesregierung stellte die gleiche Summe bereit, sodass in beiden Bundesländern jeweils 400 Millionen Euro zur Verfügung waren. Privathaushalte bekamen maximal 3500 Euro, Landwirte und Selbstständige bekamen Soforthilfe in Höhe von bis zu 5000 Euro pro Unternehmen. 

In Rheinland-Pfalz wurden nach Angaben des Statistischen Landesamtes vom 2. August 2021 bereits mehr als 15 Millionen Euro Soforthilfe für 7500 Anträge ausgezahlt. Über die Kreisverwaltungen sollten 8,5 Millionen Euro ausgezahlt werden, die aus Spenden von Bürgern auf ein Konto der Landesregierung geflossen sind. Auch in Nordrhein-Westfalen begann die Auszahlung der Hochwasser-Soforthilfe in Städten und Landkreisen am 27. Juli. Es gab zunächst aber keinen Gesamtüberblick über die geleisteten Zahlungen.

Die Hilfen werden von manchen Hochwasser-Opfern für unzureichend gehalten. Empörte Bürger hielten dem nordrhein-westfälischen Ministerpräsidenten und CDU-Kanzlerkandidaten Armin Laschet bei einem Besuch im Katastrophengebiet am 2. Juli in Swisttal und Schleiden vor, die Verwaltung habe versagt und Versprechen würden nicht eingehalten.

Die Bundesregierung hat ihre bisherigen Hilfen hier und hier aufgelistet. Dazu gehört unter anderem eine Anweisung von Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) an die Finanzämter, den Hochwasser-Geschädigten steuerliche Erleichterungen zu gewähren. Unter anderem wurden Nachweispflichten aufgehoben und Vorschriften, die zu einer Besteuerung von Hilfsleistungen hätten führen können, außer Kraft gesetzt.

Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) kündigte an, erstmals werde es für Unternehmen die Möglichkeit zur Überbrückung von Umsatzausfällen geben. Einzelheiten der Hilfe für Unternehmen müssten noch beschlossen werden, doch werde es «am Geld nicht scheitern». 

Wichtiger als die Soforthilfen dürfte das Wiederaufbauprogramm sein, das vor allem von der Bundesregierung geplant wird. Dabei geht es um einen Wiederaufbaufonds für zerstörte Infrastruktur, beispielsweise Straßen, Bahntrassen, Brücken oder Klärwerke. Für diesen Fonds, dessen Höhe noch nicht feststeht, sollten nach Worten von Finanzminister Scholz mehrere Milliarden Euro eingeplant werden. Ein politischer Beschluss über den Wiederaufbaufonds und dessen Funktionieren wird voraussichtlich am 10. August bei einem Treffen von Bund und Ländern fallen. Bis zu diesem Datum soll es auch eine erste Schätzung der Schadenshöhe geben.

(Stand: 02.08.2021) 

Links

Facebook-Post(archiviert)

Zahl der Todesopfer, archiviert

Zahl der Todesopfer in Rheinland-Pfalz (archiviert)

Bundeswehr-Einsatz(archiviert)

Militärischer Katastrophenalarm(archiviert)

Einsatz Technisches Hilfswerk(archiviert)

Statistisches Landesamt RLP(archiviert)

WDR zu Laschet-Besuch(archiviert)

Bundesregierung zu Hilfen(archiviert)

Bundes-Hilfen(archiviert)

Anweisung Scholz(archiviert)

Kontakt zum dpa-Faktencheckteam: factcheck-luxembourg@dpa.com