Rockefeller-Stiftung plante 2010 nicht die Covid-Pandemie

27.07.2021, 15:22 (CEST)

Die US-amerikanische Rockefeller Stiftung hat angeblich schon 2010 die weltweite Corona-Pandemie geplant. Im «Rockefeller Lockstep Plan» seien die Maßnahmen zur Erpressung und zur Massenüberwachung bereits dargelegt. Dies wird jedenfalls auf Facebook unter Berufung auf den niederländischen Parlamentsabgeordneten Thierry Baudet behauptet.

Bewertung

Das von Baudet als Beweis angeführte Dokument der Rockefeller Foundation stammt tatsächlich aus dem Jahr 2010. Es beschreibt jedoch keinen «Lockstep-Plan». Tatsächlich handelt es sich um vier fiktive Szenarien, in denen es um die Rolle der Technologie in hypothetischen Situationen der Zukunft geht. In einem dieser Szenarien wird eine Pandemie einschließlich Maßnahmen beschrieben, die den Maßnahmen gegen die Covid-19-Pandemie von 2020/21 ähneln.

Fakten

In dem Facebook-Post wird eine Rede des Vorsitzenden des rechtspopulistischen «Forum voor Democratie» der Niederlande, Thierry Baudet, von Anfang Juni 2021 verbreitet. In dem Post heißt es unter anderem, in dem «Rockefeller Lockstep Plan» gehe es um «die Pandemie, die geplant wurde, um wirtschaftliche Ziele durchzusetzen». Der Satz «Die Menschen werden betteln, um diesen digitalen Coronapass zu bekommen!» stehe «wortwörtlich in diesem Plan und auch, wie Lebensmittelengpässe eingefädelt werden, um Menschen zu erpressen und sie endlich in die Massenüberwachung zu bringen». 

Mit dem Post wird ein Video der ins Deutsche übersetzten Rede verbreitet. In dieser Rede im niederländischen Parlament verweist Baudet auf ein 2010 veröffentlichtes, 54 Seiten umfassendes Dokument der Rockefeller-Stiftung und des mittlerweile so nicht mehr existierenden Global Business Network (GBN) mit dem Titel «Szenarien für die Zukunft von Technologie und internationaler Entwicklungen». 

Beide Organisationen verstehen sich als Akteure im Kampf gegen Armut und für den Zugang aller Menschen zu Nahrung und Gesundheit.

In dem Papier heißt es, man habe deshalb Szenarien entwickelt, um zu überlegen, wie sich Technologie und Entwicklung in der Zukunft unterstützen oder auch behindern könnten. «Es ist wichtig, dass Szenarien keine Vorhersagen sind», wird in der Einleitung auf Seite 9 des Dokuments betont. Es gehe darum, Kräfte des Wandels zu identifizieren. «Szenarien sollen unser Denken über die Möglichkeiten und Hindernisse, die die Zukunft für uns bereithalten könnte, erweitern.»

In dem Papier werden vier unterschiedliche Szenarien dargestellt. Eines beschreibt eine Welt mit wirtschaftlichen Problemen, in der einzelne nach örtlichen Lösungen für Probleme suchen (Titel: Smart Scramble), ein anderes beschreibt eine Welt mit schwachen Regierungen und bedrohlichen technischen Entwicklungen (Hack Attack), ein drittes geht von einer Welt aus, in der koordiniert und kooperativ globale Probleme gelöst werden (Clever Together).

Ein viertes Szenario schließlich (Lock Step) beschreibt eine Welt in der die Regierungen immer stärker die Kontrolle übernehmen, die politische Führung zunehmend autoritärer handelt und die Mitwirkung der Bürger ständig zurückgedrängt wird.

In diesem fiktive Lock Step-Szenario von 2010 gibt es in der Tat Aspekte, die an die derzeitige COVID-19-Pandemie erinnern. Das Szenario geht von einem neuen Grippevirus aus, der 20 Prozent der Weltbevölkerung infiziert und zu 8 Millionen Todesopfern in sieben Monaten führt. Während der Pandemie wird unter anderem eine Pflicht zum Tragen von Gesichtsmasken und die Messung der Körpertemperatur beim Betreten von Bahnhöfen oder Supermärkten verordnet. Am stärksten betroffen ist die Dritte Welt.

Tatsächlich handelt es sich bei dem Papier im Gegensatz zu den Behauptungen in Facebook-Posts nicht um einen «Plan». Das Papier beschreibt vor allem, dass viele Bürger in den Industriestaaten die autoritärere politische Führung zunächst widerspruchslos akzeptieren. Später kommt es dann zu teilweise gewalttätigen Reaktionen. 

Baudet stellt zusätzliche Behauptungen auf, die mit den Tatsachen wenig zu tun haben. «Genau wie jetzt stehen Menschen, die jubeln, als sie geimpft wurden, Fotos von ihren gestochenen Armen in sozialen Medien - steht alles in diesem Bericht», sagt der Abgeordnete in dem Video (ab Minute 2:15) und hält dabei das Papier in die Höhe. «Sie betteln um einen Corona-Pass, sagen die Schreiber des Szenarios voraus», ergänzt er. Tatsächlich finden sich keine derartigen Äußerungen in dem Bericht. Zudem finden sich auch die Worte Corona oder COVID nicht in dem Papier.

Dass in den unterschiedlichen Szenarien aus dem Jahr 2010 auch eine Pandemie vorkommt, hat wesentlich damit zu tun, dass Pandemien seit der Antike immer wieder aufgetreten sind und dass sie - wie etwa die Pest oder die sogenannte Spanische Grippe - gelegentlich über Jahre hinweg in Europa und/oder auf anderen Erdteilen Millionen von Opfern forderten. Dies war meist auch mit gesellschaftlichen Veränderungen verbunden. Daher setzt ein Zukunftsszenario mit einer Pandemie keine besonderen hellseherischen Fähigkeiten voraus.

(Stand: 27.07.2021) 

Links


Facebook-Post, hier archiviert

Video deutsche Fassung, hier archiviert

Rockefeller-Stiftung, hier archiviert

Szenarien-Papier, hier archiviert

Uni-Klinik Düsseldorf über Pandemien, hier archiviert

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