Spezielle Testbedingungen

Audi baute und verkaufte Fahrzeug mit Spar-Diesel

22.06.2024, 09:08 (CEST)

Spritverbräuche unter Testbedingungen entsprechen selten denen im Normalbetrieb. Trotzdem wurden und werden Autos mit sparsamen Motoren angeboten. Wie ein Audi 100 aus dem Jahr 1990.

Im Jahr 1989 berichtete das ZDF über einen Audi 100, der unter extremen Testbedingungen mit einer Tankfüllung 4818 Kilometer weit fuhr. «Trotz beeindruckender Testergebnisse und TÜV-Bestätigung kam dieses Fahrzeug nie auf den Markt», behaupten Nutzer sozialer Netzwerke 35 Jahre später. Hat der Audi-Vorstand die Öffentlichkeit also belogen, als er ankündigte, im Frühjahr 1990 werde der Hersteller ein Auto mit diesem sparsamen Turbodiesel-Motor anbieten?

Bewertung

Nein, Audi hat nicht gelogen und Anfang 1990 tatsächlich ein Modell mit dem entsprechenden Motor auf den Markt gebracht. Dass der Wagen letztlich mehr verbrauchte als 1,76 Liter pro 100 Kilometer, liegt an den besonderen Bedingungen der Rekordfahrt (60 km/h, wenig Licht, keine Klimaanlage, nur ein Außenspiegel, kaum Steigungen etc.).

Fakten

Im Januar 1990 brachte Audi das Modell 100 2.5 TDI mit der Baureihenbezeichnung C3(44) auf den Markt. Als die Reihe Ende 1990 auslief, erhielt auch das Nachfolgemodell den weiter verbesserten 5-Zylinder-Turbodiesel-Motor, der erstmals einen Katalysator bekam.

Das 1990 vorgestellte Serienfahrzeug war mit einem Durchschnittsverbrauch von 5,7 Litern Diesel auf 100 Kilometer angegeben - rund dreimal so viel wie bei der Rekordfahrt aus dem 80-Liter-Tank flossen. Der Unterschied erklärt sich mit den besonderen Bedingungen der Testfahrt, die deutlich vom Normalbetrieb und auch den damals gültigen Verbrauchstests abwichen.

Bei konstant 90 Kilometern pro Stunde verbrauchte der Audi laut Normtest 4,2 Liter pro 100 km. Bei ihrer Rekordfahrt waren die Audi-Entwickler jedoch nur mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 60 km/h unterwegs - mit deutlich weniger Luftwiderstand also.

«Das Auto hatte Reifen, die eine Vorwegnahme der sogenannten Leichtlaufreifen waren. Wir haben geschaut, dass keine zusätzlichen elektrischen Verbraucher im Auto waren, wie Radio und ähnliches. Wir sind tagsüber gefahren, damit wir wenig Licht gebraucht haben. Das Auto hatte keine Klimaanlage», erzählte der frühere Audi-Technikvorstand Jürgen Stockmar dem Sender mdr im Jahr 2019 über die Bedingungen der Testfahrt drei Jahrzehnte zuvor.

Um Diesel zu sparen, habe Audi eine Strecke mit wenig Verkehr und kaum Steigungen ausgesucht. Stadtverkehr wurde vermieden, und das Fahrzeug besaß nur einen Außenspiegel. «Insofern waren und sind die 1,76 Liter für die Kunden schon sehr irreführend», urteilte der mdr und stellte fest: «Geringer Verbrauch war nur durch Tricks möglich.»

Serien-Audi fuhr mit gleichem Motor

Anders als behauptet, brachte Audi seine Limousine mit dem Turbodiesel aber Anfang 1990 tatsächlich auf den Markt. Die Verbräuche lagen in der Praxis allerdings eher bei 6,5 Litern pro 100 km. Die Fachleute von «auto, motor und sport» kamen 2022 im Ecotest mit einem 32 Jahre alten Audi 100 auf einen Verbrauch von 5,6 Litern auf 100 km.

«Teilweise aufkeimende Gerüchte, dass die Öllobby oder die Autoindustrie verhindert hätten, dass der Motor auf den Markt kommt, sind also erwiesenermaßen falsch: Der Motor wurde millionenfach gebaut und verkauft», bemerkt die Website EFahrer.com dazu.

(Stand: 21.06.2024)

Links

Facebook-Post (archiviert, Video archiviert)

Technische Daten Audi 100 2.5 TDI (archiviert)

Audi 100 TDI (C3) (archiviert)

Nachfolgemodell (archiviert)

«Der Spiegel» über Stockmar (archiviert)

mdr-Bericht über die Rekordfahrt (archiviert)

Verbrauch 2.5 TDI laut Spritmonitor (archiviert)

EFahrer.com zu dem Motor (archiviert)

Test von «auto, motor und sport» (archiviert)

Über dpa-Faktenchecks

Dieser Faktencheck wurde im Rahmen des Facebook/Meta-Programms für unabhängige Faktenprüfung erstellt. Ausführliche Informationen zu diesem Programm finden Sie hier.

Erläuterungen von Facebook/Meta zum Umgang mit Konten, die Falschinformationen verbreiten, finden Sie hier.

Wenn Sie inhaltliche Einwände oder Anmerkungen haben, schicken Sie diese bitte mit einem Link zu dem betroffenen Facebook-Post an faktencheck@dpa.com. Nutzen Sie hierfür bitte die entsprechenden Vorlagen. Hinweise zu Einsprüchen finden Sie hier.

Schon gewusst?

Wenn Sie Zweifel an einer Nachricht, einer Behauptung, einem Bild oder einem Video haben, können Sie den dpa-Faktencheck auch per WhatsApp kontaktieren. Weitere Informationen dazu finden Sie hier.