Video zeigt Stimmzettel für Juniorwahl

Wahlurnen und die darin enthaltenen Stimmen sind in Deutschland immer auf mehrere Arten gesichert - vor allem, indem Wahlvorstand und Wahlhelfer sie beaufsichtigen. Darum überrascht auf den ersten Blick, was in einem Video bei Tiktok zu sehen ist: Ein Haufen Stimmzettel liegen zerknüllt in einem Behälter. Auf einigen Zetteln sind Parteien angekreuzt. «Hier haben wir den Beweis: Stimmzettelvernichtung», sagt eine Person in dem Video, das Mitte Juni 2024 im Umlauf ist - und: «So wirst du verarscht hier in dem Land». Doch zeigt das Video wirklich, dass Stimmzettel für die Europawahl entsorgt wurden?

Bewertung

In dem Video sind Stimmzettel für eine Juniorwahl an einer Schule in Nordrhein-Westfalen zu sehen, die parallel zur Europawahl lief. Sie ist zwar realitätsnah, wirkt sich jedoch nicht auf die Zusammensetzung des Parlaments aus.

Fakten

Bei Sekunde 0:04 im Video ist es möglich, das erste Wort in der zweiten Textzeile zu lesen: Juniorwahl. Das ist ein Projekt, bei dem an deutschen Schulen der Ablauf einer politischen Wahl simuliert wird.

Die Schüler bekommen Stimmzettel, auf denen dieselben Personen stehen, die im Wahlkreis der Schule öffentlich kandidieren. Nach der offiziellen Europawahl erfahren die Schüler die Ergebnisse der Abstimmungen an den Schulen.

In dem verbreiteten Video ist auf Listenplatz 21 deutlich die Partei «Menschliche Welt» zu erkennen, sowie auf Listenplatz 20 die «Partei für schulmedizinische Verjüngungsforschung». Außerdem sieht man in der dritten Zeile auf einem anderen Stimmzettel, dass es sich um ein Bundesland mit längerem Doppelnamen handelt. Diese Details finden sich in den Materialien zur Juniorwahl nur auf dem Stimmzettel für Nordrhein-Westfalen.

Wer die Listen aus dem Video mit echten Wahlzetteln vergleicht, sieht weitere Unterschiede. So folgt auf die Ziffern in der linken Spalte auf den echten Zetteln kein Punkt - bei den Stimmzetteln zur Juniorwahl hingegen schon.

Über der rechten Spalte steht auf den echten Stimmzetteln, mit einem Kreuz-Symbol versehen: «Bitte hier ankreuzen». Dieser Hinweis fehlt bei der Juniorwahl. Hinzu kommen weitere Abweichungen in Schriftart und Layout.

Auffällig ist im Video zudem, dass die Zettel komplett rechteckig und nicht gelocht sind. Bei echten Wahlen ist eine Ecke abgeschnitten oder gelocht, um Blinden oder Menschen mit Sehbehinderung die Wahl zu ermöglichen.

Das Video zeigt also keine echten Stimmzettel, die vernichtet wurden, sondern nachgebildete Stimmzettel für Probeabstimmungen an einer Schule in Nordrhein-Westfalen.

Der Trägerverein der Juniorwahl schreibt selber auf seiner Webseite (siehe letzte Frage): «Die Stimmzettel können Sie nach einer angemessenen Zeit umweltgerecht entsorgen.» Nur Wahlkabinen sowie die Wahlurne sollen beteiligte Schulen für spätere Juniorwahlen aufheben, heißt es.

(Stand: 14.6.24)