Deutschland kein echter Staat?

«Vereinigtes Wirtschaftsgebiet» gab es nur vor Gründung der BRD

13.06.2024, 14:06 (CEST), letztes Update: 13.06.2024, 14:50 (CEST)

Im Internet sähen Nutzer manchmal Zweifel an der Existenz eines deutschen Staats. Die Behauptungen führen zurück bis in die Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg. Was ist damals genau passiert?

In sozialen Medien bezweifeln einige Nutzer, dass es einen deutschen Staat gibt. So heißt es mitunter, es handele sich lediglich um ein «Vereinigtes Wirtschaftsgebiet». Stimmt das?

Bewertung

Falsch. Das Vereinigte Wirtschaftsgebiet war ein Zusammenschluss der amerikanischen und britischen Besatzungszone in der frühen deutschen Nachkriegszeit. Mit dem Grundgesetz, den Wahlen zum ersten Bundestag und der konstituierenden Sitzungen von Bundestag und Bundesrat entstand im Jahr 1949 die Bundesrepublik Deutschland als Staat.

Fakten

Das Vereinigte Wirtschaftsgebiet war nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs allein eine Vorform der Bundesrepublik Deutschland. Dafür schlossen die Besatzungszonen Großbritanniens und der USA in Deutschland in einem Abkommen am 1. Januar 1947 zu einer Wirtschaftseinheit zusammen (Bizone). Eine gemeinsame Deutschlandpolitik aller vier Besatzungsmächte war zuvor gescheitert.

Die Bundesrepublik Deutschland (BRD) enstand - wie auch die DDR - 1949 als neuer Staat mit einer eigenen Verfassung. Bereits in der Präambel des Grundgesetzes der BRD heißt es: «Im Bewußtsein seiner Verantwortung vor Gott und den Menschen, von dem Willen beseelt, als gleichberechtigtes Glied in einem vereinten Europa dem Frieden der Welt zu dienen, hat sich das Deutsche Volk kraft seiner verfassungsgebenden Gewalt dieses Grundgesetz gegeben.» Die westlichen Alliierten behielten sich allerings bis 1955 einige Hoheitsrechte vor. Danach galt Westdeutschland als souveräner Staat. Ausnahmen waren bis 1990 lediglich Vorbehaltsrechte, unter anderem bei der Truppenstationierung.

Behauptungen, nach denen der heutige Bundeswirtschaftsminister und Vizekanzler Robert Habeck (Grüne) die Existenz eines «Volks» in Deutschland bestritten hätte, sind aus dem Zusammenhang gerissen. Habeck wurde im Jahr 2018 in einem Interview um seine Assoziationen zu dem Begriff «Volksverräter» gebeten. Er antwortete damals, dass er das Wort ablehne. Wörtlich sagte Habeck: «Das ist ein Nazibegriff. Es gibt kein Volk, und es gibt deswegen auch keinen Verrat am Volk. Das ist ein böser Satz, um Menschen auszugrenzen und zu stigmatisieren.» Roberts Habecks Aussagen beziehen sich damit auf das Wort «Volksverräter» und nicht auf den Begriff «Volk» allgemein.

(Stand: 12.6.2024)

Links

Facebook-Post (archiviert)

Robert Habeck im Interview in der Sendung "informr" 2018 (archiviert)

Staatslexikon zum Begriff "Vereinigtes Wirtschaftsgebiet" (archiviert)

Deutscher Bundestag zum Grundgesetz (archiviert)

Bundeszentraletische Bildung zu Hoheitsrechten der Alliierten(archiviert)

Über dpa-Faktenchecks

Dieser Faktencheck wurde im Rahmen des Facebook/Meta-Programms für unabhängige Faktenprüfung erstellt. Ausführliche Informationen zu diesem Programm finden Sie hier.

Erläuterungen von Facebook/Meta zum Umgang mit Konten, die Falschinformationen verbreiten, finden Sie hier.

Wenn Sie inhaltliche Einwände oder Anmerkungen haben, schicken Sie diese bitte mit einem Link zu dem betroffenen Facebook-Post an faktencheck@dpa.com. Nutzen Sie hierfür bitte die entsprechenden Vorlagen. Hinweise zu Einsprüchen finden Sie hier.

Schon gewusst?

Wenn Sie Zweifel an einer Nachricht, einer Behauptung, einem Bild oder einem Video haben, können Sie den dpa-Faktencheck auch per WhatsApp kontaktieren. Weitere Informationen dazu finden Sie hier.