Legale Einreisen
Offizielle Migrationsmaßnahme der Biden-Regierung
19.4.2024, 19:18 (CEST)
Die Grenze im Süden der Vereinigten Staaten sorgt seit Jahren für heftige Auseinandersetzungen zwischen Demokraten und Republikanern. Während letztere einen harten Abgrenzungskurs verfolgen, hatte die Biden-Administration in den vergangenen Jahren einen lockereren Kurs verfolgt. Nun ist aber im Netz zu lesen, der amtierende US-Präsident habe über 300 000 illegale Einwanderer heimlich in die USA geflogen, um die offizielle Anzahl der Grenzübergänge zu verringern. Was ist da dran?
Bewertung
Die betreffenden Personen reisten über ein spezielles befristetes Bewährungsprogramm legal und ordnungsgemäß in die Vereinigten Staaten ein.
Fakten
Die Behauptung stützt sich auf einen Artikel der britischen Boulevardzeitung «Daily Mail». Dort steht, dass die Regierung von Joe Biden zugegeben habe, heimlich 320 000 Migranten in die Vereinigten Staaten geflogen zu haben. Quelle ist ein Beitrag einer US-amerikanischen Denkfabrik für Einwanderungsbeschränkungen über eine Klage im Rahmen des Freedom of Information Act (FOIA).
So seien im Jahr 2023 auf Genehmigung der Zoll- und Grenzschutzbehörde der USA (CBP) 320 000 «unzulässige Ausländer» ins Land gelangt, ist dort zu lesen. Angaben zu den konkreten Ab- und Anflugsorten waren von der CBP aus Sicherheitsgründen abgelehnt worden. Das ist aber tatsächlich das einzig Geheime an der Geschichte: Denn die Menschen wurden weder heimlich aufgenommen - noch sind sie unzulässigerweise oder gar illegal im Land.
Einwanderung auf «Bewährung»
In den Vereinigten Staaten besteht gemäß dem Immigration and Nationality Act (INA) die Möglichkeit, Ausländern aus dringenden humanitären Gründen oder aus erheblichem öffentlichen Interesse vorübergehend die Einreise zu gewähren. Das genehmigt aber nicht die CBP selbst, sondern der ihr vorgesetzte Heimatschutzminister.
Von dieser Bewährungsbefugnis machte auch Joe Biden Gebrauch – und das ganz offiziell: Im Januar 2023 kündigte der US-Präsident an, das Programm auf Personen aus Kuba, Haiti, Nicaragua und Venezuela auszuweiten - mit dem «CHNV parole program». Damit wollte er den illegalen Grenzübertritten etwas entgegensetzen.
In seiner Ansprache erklärte Biden, wie sich das Bewährungsprogramm gestaltet: Monatlich können bis zu 30 000 Menschen aus Haiti, Kuba, Nicaragua und Venezuela einen solchen vorübergehenden Aufenthalt beantragen. Zuvor werden sie jedoch einer Hintergrundüberprüfung unterzogen und sie benötigen einen Sponsor in den USA, der finanziell für sie haftet.
Die Aufnahme ist befristet und entspricht ganz ausdrücklich nicht einer Aufenthaltserlaubnis. Außerdem soll das Programm nicht dazu dienen, die üblichen Visaverfahren zu umgehen oder zu ersetzen. Und auch die Anzahl an Menschen, die über das «CHNV-Bewährungsprogramm» in die Vereinigten Staaten einreisten, war nie geheim: Die CBP veröffentlicht dazu monatlich Zahlen, sogar nach Herkunftsländern aufgeschlüsselt.
Unmut gegen die Initiative
Die Bewährungsprogramme zur Aufnahme von Ausländern in Krisensituationen haben in den Vereinigten Staaten eine lange Tradition. Inzwischen wird das Land aber mit enorm hohen Zuwanderungszahlen aus dem Süden konfrontiert, weswegen mehrere Bundesstaaten gegen das «CHNV-Programm» klagten.
Der Richter entschied allerdings, dass die Kläger nicht nachweisen konnten, davon negativ betroffen gewesen zu sein (Download, S.2). Die Aufzeichnungen belegten, dass die Gesamtzahl der Einwanderer aus den betreffenden Ländern seit Beginn des Programms um 44 Prozent zurückgegangen sei.
(Stand: 19.4.2024)
Links
«SZ»-Artikel zur Südgrenze in den USA (archiviert)
Blogpost mit Behauptung (archiviert)
«Daily Mail»-Artikel (archiviert)
Beitrag zur Klage (archiviert)
Zur Einreise auf «Bewährung» (archiviert)
Ansprache Bidens im Januar 2023 (archiviert)
Konditionen des Bewährungsprogramms (archiviert)
Angaben der CBP zu Grenzübertritten von Januar 2024 (archiviert)
Zur Geschichte des Bewährungsprogramms (archiviert)
Urteil zum CHNV-Programm von März 2024 (Download) (archiviert)
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