Falsche Zuschreibung

Bundesregierung klärte über Rentenstatistik auf

28.03.2024, 19:00 (CET), letztes Update: 28.03.2024, 19:16 (CET)

Aus dem Kontext gerissen und einseitig beschuldigt - so hat es eine Aussage des AfD-Abgeordneten Stephan Brandner in die sozialen Medien geschafft.

Pointierte Aussagen von Politikerinnen und Politikern werden gerne in den sozialen Medien geteilt. Aktuell kursiert ein Videoausschnitt im Netz, in dem der AfD-Bundestagsabgeordnete Stephan Brandner der Regierung schwere Vorwürfe macht. Die soll nämlich den Rentnern im Land die Schuld an vermeintlich niedrigen Renten geben. Gesagt haben soll das die Staatssekretärin beim Bundesminister für Arbeit und Soziales, Anette Kramme, im Bundestag. Ein Blick in die Protokolle zeigt ein anderes Bild.

Bewertung

Brandners Aussage ist falsch, der kurze Videoclip ist irreführend. Kramme hat in dieser Fragestunde den Rentnern nicht die Schuld an niedrigen Renten gegeben. Kramme ging es darum, Statistiken zum Rentenbezug einzuordnen.

Fakten

Der Ausschnitt stammt aus der Fragerunde der 156. Sitzung des Bundestags am 13. März dieses Jahres. Dort ging es unter anderem um das Renteneintrittsalter. Im Plenarprotokoll lässt sich genau nachvollziehen, was Teilnehmende der Sitzung gesagt haben.

Stephan Brandners Frage lautete: «Welche Schlussfolgerungen zieht der Bundesminister für Arbeit und Soziales, Hubert Heil, aus dem Vorschlag der Wirtschaftsweisen Veronika Grimm (Mitglied im Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung), den Zeitpunkt des Renteneintritts an die Lebenserwartung zu koppeln, und wie begründet er seine Antwort?» Diese Frage beantwortete Anette Kramme. Sie sagte, dass sie «keinerlei Notwendigkeit» sehe, «das Renteneintrittsalter darüber hinaus anzuheben».

Wie es in Fragestunden üblich ist, dürfen Nachfragen gestellt werden. Brandner sprach dann das Thema Altersarmut an. Dabei zitierte er die folgenden Zahlen: «40 Prozent der Rentner haben weniger als 1 250 Euro im Monat zur Verfügung, etwa 25 Prozent weniger als 1 000 Euro im Monat.» Brandner bezog sich dabei auf Medienberichte vom Januar, die Berechnungen des Statistischen Bundesamtes auf Anfrage des Linken-Abgeordneten Dietmar Bartsch zitieren.

Kramme erklärte daraufhin, dass die Zahlen die Situation verzerren würden, da es in Deutschland «bereits nach fünf Jahren Arbeitsleistung eine Rente» gebe. «Es sind häufig nicht die Menschen mit den niedrigsten Renten, die im Endergebnis tatsächlich am wenigsten zur Verfügung haben», sagte die Staatsministerin und verweist auf den Rentenversicherungsbericht und Alterssicherungsbericht, der jedes Jahr erscheint. Im neusten Bericht findet sich tatsächlich eine Übersicht über die Rentenbezieher. Dort gibt es auch einen Anteil an Kleinstrenten.

Brandner schlussfolgerte aus Krammes Aussagen: «Ich habe Sie jetzt so verstanden, dass die Menschen in Deutschland selber schuld sind, dass die Renten so niedrig sind, weil sie einfach zu wenig arbeiten.» Allerdings hat sie diese Aussage zuvor nicht getätigt.

Kamme antwortet danach, dass es Menschen in Deutschland gebe, die «nur ganz kurz sozialversicherungspflichtig gearbeitet haben» und danach in die Selbstständigkeit oder in ein Beamtenverhältnis gewechselt seien, und daher «winzigste Renten» beziehen. Würde man diese Menschen herausrechnen, «stellen sich Renten als weitaus höher dar».

Anette Kramme hat also an keiner Stelle Rentnern in Deutschland die Schuld an niedrigen Renten gegeben. Vielmehr zweifelte sie die Vergleichbarkeit von Zahlen an.

(Stand: 28.3.2024)

Links

Video (archiviert)

Sitzungsprotokolle, S. 20005-20006 (archiviert)

RND-Bericht (archiviert)

Rentenversicherungsbericht und Alterssicherungsbericht (archiviert)

Über dpa-Faktenchecks

Dieser Faktencheck wurde im Rahmen des Facebook/Meta-Programms für unabhängige Faktenprüfung erstellt. Ausführliche Informationen zu diesem Programm finden Sie hier.

Erläuterungen von Facebook/Meta zum Umgang mit Konten, die Falschinformationen verbreiten, finden Sie hier.

Wenn Sie inhaltliche Einwände oder Anmerkungen haben, schicken Sie diese bitte mit einem Link zu dem betroffenen Facebook-Post an faktencheck@dpa.com. Nutzen Sie hierfür bitte die entsprechenden Vorlagen. Hinweise zu Einsprüchen finden Sie hier.

Schon gewusst?

Wenn Sie Zweifel an einer Nachricht, einer Behauptung, einem Bild oder einem Video haben, können Sie den dpa-Faktencheck auch per WhatsApp kontaktieren. Weitere Informationen dazu finden Sie hier.