Falschbehauptungen über Migration verbreitet
Vermeintlicher «Spiegel»-Artikel ist eine Fälschung
21.8.2023, 15:43 (CEST)
Falschinformationen lassen sich auf verschiedene Weisen verbreiten. Eine populäre Variante ist, das Design bekannter Medienmarken zu kopieren, um Leser zu täuschen. Im vergangenen Jahr gab es bereits eine Kampagne, bei der immer wieder Nachrichtenseiten deutscher Medienunternehmen gefälscht wurden. Sie verbreiteten erfundene Inhalte. Dies geschah nun erneut mit einem Artikel in der Aufmachung des Nachrichtenmagazins «Der Spiegel», in dem mit Falschaussagen Stimmung gegen Migranten gemacht wird.
Bewertung
Der Artikel ist eine Fälschung, er stammt nicht vom «Spiegel». Das Design der Original-Internetseite wurde kopiert.
Fakten
Die Seite sieht dem Design des Nachrichtenmagazins zum Verwechseln ähnlich. Selbst die Links führen auf die Original-Homepage. Anhand mehrerer Details lässt sich aber erkennen, dass der vermeintliche «Spiegel»-Artikel eine Fälschung ist.
Der Artikel ist nicht auf der offiziellen «Spiegel»-Seite erschienen, er lässt sich auch nicht im Online-Archiv des Magazins finden. Die Internetadresse (URL) des Nachrichtenmagazins «Der Spiegel» lautet «spiegel.de». Sie endet also mit der sogenannten Top-Level-Domain «.de». Im gefälschten Artikel lautet die URL hingegen «spiegel.ltd». Das zeigt, dass der Artikel aus einer anderen Quelle stammt.
Beim näheren Hinschauen zeigen sich in der Aufmachung weitere Unstimmigkeiten. In der gefälschten URL sowie im oberen Bereich der Seite wird die Rubrik «Ausland» angeführt. Über dem Titel des Fake-Artikels steht dann hingegen «Innenpolitik».
Weitere Fehler und holprige Formulieren deuten darauf hin, dass der Artikel nicht vom «Spiegel» stammt, etwa in der Überschrift: «Deutschen werden durch Migranten immer weiter verdrängt».
Auch inhaltlich sind die Behauptungen im Artikel unhaltbar. So suggeriert der Artikel weiter, dass «Deutsche zu einer nationalen Minderheit werden könnten».
Laut Statistischem Bundesamt waren im vergangenen Jahr aber 59,1 Millionen Menschen in Deutschland weder selbst seit 1950 eingewandert, noch galt das für ein Elternteil von ihnen. Das waren 71,1 Prozent der Bevölkerung, eine große Mehrheit also.
20,2 Millionen Menschen hatten hingegen eine Einwanderungsgeschichte. Das bedeutet, es handelt sich um Menschen, die seit 1950 selbst nach Deutschland eingewandert sind (erste Generation) oder deren direkte Nachkommen (zweite Generation). Bei weiteren 3,9 Millionen in Deutschland geborenen Menschen war nur einer der beiden Elternteile eingewandert.
Der falsche «Spiegel»-Text gehört sehr wahrscheinlich zu einer größeren Kampagne. Im Sommer 2022 zeigten Recherchen von «t-online» und dem ZDF, dass mehr als 30 gefälschte Webseiten Teil einer größeren Aktion pro-russischer Akteure sind, die gezielt Desinformationen in sozialen Netzwerken streuen.
Das Bundesinnenministerium sagte der dpa Anfang September 2022, die Berichte zeigten exemplarisch «das Ausmaß pro-russischer Propaganda und Desinformation in Deutschland». Diese verfolge das Ziel, Vertrauen in Politik, Gesellschaft und staatliche Institutionen zu untergraben, sagte ein Sprecher.
Auch in einem Bericht des französischen Generalsekretariats für Verteidigung und Sicherheit von Juni 2023, der Methoden russischer Fake-News zum Krieg in der Ukraine aufzeigt, werden die gefälschten deutschen und europäischen Internetseiten erwähnt. Als betroffene Länder werden dort unter anderem Frankreich, Deutschland und Großbritannien genannt.
Ende Juli 2023 verhängte die EU Sanktionen gegen Propagandisten des russischen Präsidenten Wladimir Putin, die sie als Verantwortliche hinter den gefälschten Medien-Webseiten und anderen Fake-Kampagnen sieht.
Die derzeit erscheinenden Artikel, wie der des falschen «Spiegel», zeigen, dass die Fake-Kampagne weiterhin andauert. Gemeinsam haben diese Fälschungen, dass sie die Domain-Endung «.ltd» nutzen und pro-russische Inhalte verbreiten.
(Stand: 21.8.2023)
Links
Gefälschter «Spiegel»-Artikel (archiviert)
Statistisches Bundesamt zur Bevölkerungsentwicklung 2022 (archiviert)
Recherche von T-Online zu gefälschten Nachrichtenseiten (archiviert)
Recherche des ZDF zu gefälschten Nachrichtenseiten (archiviert)
Bericht des französischen Generalsekretariats für Verteidigung und Sicherheit zur Fake-Kampagne (archiviert)
Mitteilung des EU-Ministerrats zu den Sanktionen (archiviert)
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