Coronavirus

Impfstoffe wurden auch in den USA klinisch getestet

02.02.2023, 12:12 (CET)

Im Netz wird behauptet, klinische Versuche mit Covid-Impfstoffen in den USA seien «nicht echt». Doch klinische Studien gab es in den Vereinigten Staaten ebenso wie in anderen Ländern.

Auch fast drei Jahre nach Beginn der Coronavirus-Pandemie versuchen Anhänger von Verschwörungstheorien weiterhin die Sicherheit von Covid-Impfstoffen in Frage zu stellen. Nun wird in einem Blog-Eintrag behauptet, das Zulassungsverfahren sei «reines Theater» gewesen und klinische Studien «nicht echt». Der Autor behauptet außerdem, die Pandemie sei eine vom US-Verteidigungsministerium geplante Militäroperation. US-Regierungsdokumente würden das beweisen. Was hat es mit diesen Behauptungen auf sich?       

Bewertung

Sowohl in den USA als auch in anderen Ländern haben klinische Studien stattgefunden. In den USA wurde den am häufigsten verwendeten Impfstoffen von Pfizer und Moderna zunächst eine Notfallzulassung erteilt, später wurden diese Vakzine dann gänzlich zugelassen. Für die Behauptung, es handele sich bei der Pandemie um eine Militäroperation, gibt es keine Belege.   

Fakten

Die Webseite Uncut News ist für ihre verschwörungstheoretischen Inhalte bekannt und war schonhäufigerGegenstand von Faktenchecks. Im Text beruft sich der Autor auf ein Video-Interview des Kanals «Redacted» mit Sasha Latypova, die sich selbst als «Unternehmerin im Bereich Pharmazeutika und medizinische Geräte» bezeichnet. 

Latypova behauptet im Interview, dass klinische Studien zu den Coronavirus-Vakzinen nicht stattgefunden hätten und diese von der US-Regierung, Medien und Pharmakonzernen inszeniert worden seien. Im Text wird behauptet, es seien Gesetze erlassen worden, «die besagen, dass klinische Studien nicht erforderlich sind».

Es stimmt, dass laut den US-Bestimmungen für Notfallzulassungen klinische Studien nicht zwingend erforderlich sind. Doch auf ihrer Webseite erklärt die US-Behörde für Lebens- und Arzneimittel (FDA)  die Voraussetzungen, unter denen ein Unternehmen einen Antrag auf Notfallzulassung für ein Coronavirus-Vakzin stellen kann. Dabei werden klinische Studien explizit verlangt. So müsse ein Antrag neben anderen Daten «alle Sicherheitsdaten aus den mit dem Impfstoff durchgeführten Phase-1- und Phase-2-Studien» sowie «eine Phase-3-Sicherheitsdatenbank mit weit über 3.000 Impfstoffempfängern enthalten.»

Klinische Studien wurden in den USA mit tausenden von Teilnehmern, die auch teilweise interviewt wurden, durchgeführt. Das belegen nicht nur Medienberichte, sondern auch in wissenschaftlichen Zeitschriften veröffentlichte Artikel sowie die Daten aus den Studien selbst, die zum Teil ebenfalls öffentlich gemacht wurden.

Basierend auf einer Studie mit rund 44.000 Menschen, von denen die Hälfte den Impfstoff erhielt, erteilte die FDA dem Biontech/Pfizer-Vakzin zunächst im Dezember 2020 eine Notfallzulassung. Im August 2021 folgte die vollständige Zulassung.

Noch im Dezember 2020 erhielt auch der Impfstoff von Moderna die Notfallzulassung der FDA, im Januar 2022 folgte die vollständige Zulassung. Moderna testete den Impfstoff in einer Studie mit rund 30.000 Teilnehmern und Teilnehmerinnen.

Auch in der EU wurden Impfstoffe basierend auf klinischen Studien zugelassen. Eine Liste der in Deutschland und der EU zugelassenen Impfstoffe findet sich zum Beispiel auf der Webseite des Paul-Ehrlich-Instituts.

Im Text wird weiter behauptet, die Pandemie sei eine vom US-Verteidigungsministerium geplante Militäroperation. Im Jahr 2013 sei eine «Pandemic Enterprise» ins Leben gerufen worden, an der unter anderem das Verteidigungsministerium und die FDA beteiligt gewesen seien. Hauptsächlich sei die Gruppe «damit beschäftigt, Wege zu finden, alles geheim zu halten».

Es ist unklar, worauf sich Latypova beziehungsweise der Autor beziehen. Am nächsten kommt der Beschreibung das Public Health Emergency Medical Countermeasures Enterprise (Unternehmen für medizinische Notfallmaßnahmen im öffentlichen Gesundheitswesen), welches bereits seit 2006 existiert.

Das PHEMCE beschäftigt sich mit der «Vorbereitung auf chemische, biologische, radiologische und nukleare Bedrohungen sowie auf neu auftretende Bedrohungen durch Infektionskrankheiten». Laut einem Washington Post Artikel half es beispielsweise, dass vor «wichtigen Entscheidungen über die Beschaffung von Impfstoffen und anderen lebenswichtigen Gütern, Fachwissen und eine offene Debatte in der gesamten Regierung stattfindet». Ein Exekutivausschuss der Organisation hat sich demnach zweimal im Monat getroffen und ein Netzwerk von «Expertenarbeitsgruppen, die detaillierte Daten über Bedrohungen wie Grippe, neu auftretende Krankheiten, Pocken und andere lieferten», beaufsichtigt.

(Stand 31.1.2023)

Links

Uncut-News Artikel mit Falschbehauptungen (archiviert)

Tagesanzeiger Artikel zu Uncut-News (archiviert)

dpa-Faktenchecks zu Uncut-News hier, hier, hier und hier

Redacted Video-Interview (archiviert)

US-Bestimmungen für Notfallzulassungen (archiviert)

FDA Seite zu Covid-19 Notfallzulassungen (archiviert)

New York Times Interview mit Vakzin-Probandin (archiviert)

Biontech/Pfizer Studie (archiviert)

Tagesspiegel Artikel zu Biontech/Pfizer Notfallzulassung (archiviert)

RND Artikel zu vollständiger Biontech/Pfizer Zulassung (archiviert)

ZDF Beitrag zu Moderna Notfallzulassung (archiviert)

RND Artikel zu vollständiger Moderna Zulassung (archiviert)

Moderna Studie (archiviert)

Handelsblatt Artikel zu Moderna Studie (archiviert)

EMA Seite zu Zulassungsverfahren (archiviert)

Paul-Ehrlich-Instituts Webseite zu Impfstoffen (archiviert)

Regierungswebseite zu PHEMCE (archiviert)

Washington Post Artikel mit Erwähnung von PHEMCE (archiviert)

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