Unbestätigte Verdachtsfälle

Schwere Nebenwirkungen nach Corona-Impfung sind selten

02.01.2023, 11:46 (CET), letztes Update: 17.03.2023, 15:59 (CET)

Seit Beginn der Impfkampagne wurden in Deutschland rund 65 Millionen Menschen mindestens einmal gegen das Coronavirus geimpft. Doch die Sicherheit und Wirksamkeit der Impfung sorgt auch nach rund zwei Jahren noch für Diskussionen im Netz. In einem Blogartikel wird Ende Dezember 2022 eine Umfrage veröffentlicht, die ergeben haben soll, dass «die Zahl der schweren Impffolgen» sehr viel höher liegt als die offiziellen Daten aussagen. Angeblich haben 17 Prozent der Deutschen «schwer unter den Nebenwirkungen einer Corona-Impfung gelitten». Doch lässt die Umfrage eine derartige Deutung zu?

Bewertung

Nein. Die Umfrage in der Bevölkerung liefert keine Daten über bestätigte Impfnebenwirkungen, sondern lediglich über Symptome und Vorfälle, die in zeitlicher Nähe zu einer Covid-19-Impfung aufgetreten sein sollen.

Fakten

Die Angaben zu Impfnebenwirkungen beruhen auf Ergebnissen einer Umfrage, die der Blog-Autor nach eigener Aussage beim Meinungsforschungsinstitut INSA in Auftrag gegeben hat. Deutschlandweit sollen rund 2000 Personen befragt worden sein.

Gefragt wurde demnach: «Haben Sie selbst oder enge Familienangehörige schwer unter den Nebenwirkungen einer Corona-Impfung gelitten?» Welche Familienangehörigen hier als eng gelten, geht aus dem Text ebenso wenig hervor wie die Definition von «schwer» oder «Nebenwirkungen».

Daraufhin sollen 11 Prozent mit «ja, ich selbst» und weitere 6 Prozent mit «ja, sowohl enge Familienangehörige als auch ich selbst» geantwortet haben. Daraus lässt sich jedoch nicht schließen, dass 17 Prozent der Befragten tatsächlich schwere Impfnebenwirkungen hatten. Nach einer Impfung haben Menschen oft für kurze Zeit Beschwerden wie Armschmerzen oder auch Fieber. Schwere Nebenwirkungen wie Allergieschocks oder Herzmuskelentzündungen sind dagegen sehr selten.

In Deutschland besteht für Ärztinnen und Ärzte nach § 6 Infektionsschutzgesetz (IfSG) sowie § 6 der Berufsordnung (Download-Link) eine Meldepflicht für Verdachtsfälle und unerwünschte Arzneimittelwirkungen. Hervorzuheben ist an dieser Stelle der Terminus Verdachtsfall: Denn körperliche Reaktionen nach einer Impfung müssen nicht zwangsläufig auch auf diese zurückzuführen sein, wie das Paul-Ehrlich-Institut (PEI) schreibt. Dennoch werden «unerwünschte Reaktionen von besonderem Interesse» grundsätzlich als schwerwiegend eingestuft, auch wenn sie weniger gravierend sind als in § 4 Arzneimittelgesetz (AMG) definiert.

Das PEI sammelt die gemeldeten «Verdachtsfälle von Nebenwirkungen oder Impfkomplikationen» für die Corona-Impfung und veröffentlicht diese vierteljährlich im «Bulletin zur Arzneimittelsicherheit». Laut der aktuellen Ausgabe wurden zum Stichtag 31. Oktober 2022 insgesamt rund 333 500 Verdachtsfälle gemeldet, in etwa 51 000 Fällen ein Verdacht auf schwerwiegende Nebenwirkungen.

Bis zum gleichen Zeitpunkt wurden nach Angaben des Robert Koch-Instituts (RKI) 187,8 Millionen Impfungen verabreicht. Es gab also in etwa eine Verdachtsmeldung auf schwere Nebenwirkungen pro 3700 verabreichten Dosen.

Berichtigung

Der letzte Absatz wurde berichtigt. In einer vorhergehenden Version vom 30. Dezember 2022 war für das Verhältnis von Verdachtsmeldungen und Impfungen eine falsche Bezugsgröße für die Gesamtzahl der verabreichten Dosen gewählt worden.

(Stand: 17.3.2022)

Links

Deutschlandweiter Impfstatus (archivierter Stand vom 31.10.2022)

Blogartikel (archiviert)

Bulletin zur Arzneimittelsicherheit, Ausgabe 04/2022 (Download-Link)

Impfstatus am 31. 10. 2022 laut RKI (Download-Link)

Einwohnerzahl 1. Quartal 2022(archiviert)

§ 6 Infektionsschutzgesetz (IfSG) (archiviert)

Muster-Berufsordnung der Bundesärztekammer (Download-Link)

§ 4 Arzneimittelgesetz (AMG) (archiviert)

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