Jahrealte Falschbehauptung

Privatleute dürfen Saatgut verschenken - kein Verbot geplant

07.12.2022, 14:57 (CET)

Obst und Gemüse sind stark im Preis gestiegen. Wer im eigenen Garten Pflanzen aus selbst gewonnenem Saatgut zieht, kann viel Geld sparen. Die Angst, dass das bald vorbei sein könnte, ist unbegründet.

Vorhaben der Europäischen Union (EU) in der Agrarpolitik führen immer wieder zu kontroversen Debatten - manchmal entstehen dabei auch Behauptungen, die nicht stimmen. Im November 2022 verbreitet sich beispielsweise das Sharepic einer vermeintlich aktuellen Entscheidung der EU: «Eu will Obst- und Gemüseanbau in Gärten verbieten», heißt es in der Überschrift einer kurzen Meldung (Schreibweise im Original). Angeblich soll der Anbau alter und seltener Sorten strafbar werden, heißt es in dem Text.

Bewertung

Diese Falschbehauptung kursiert schon seit 2013. Obst- und Gemüseanbau in privaten Gärten ist nicht verboten und die EU wollte das auch nicht verbieten.

Fakten

In der EU ist das sogenannte Inverkehrbringen von Saatgut reguliert - also die Weitergabe und der Verkauf. Es ist in Deutschland jedoch nicht verboten, im eigenen Garten seltene Saat-Sorten anzubauen und sie an den Nachbarn zu verschenken.

Das Bundessortenamt bestätigte auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur (dpa): «Private Gärtner dürfen ihre seltenen Sorten verschenken und ihre Amateursorten untereinander tauschen, solange dieses Abgeben an Andere nicht zu gewerblichen Zwecken, also im Rahmen eines Gewerbes oder sonst zu Erwerbszwecken geschieht.» Für die sogenannten Amateur- oder Erhaltungssorten gibt es eine eigene Verordnung.

Das Sharepic bildet einen alten Blogartikel ab, der auf einen Artikel von 2013 verweist. Damals hatte die EU-Kommission zwar vor, ihre Richtlinien für Saatgut zu vereinheitlichen. Es ging dabei jedoch nicht darum, den privaten Anbau zu verbieten, wie das Bundessortenamt mitteilte: «Es war nie geplant, den Anbau von Amateur- oder Erhaltungssorten zu verbieten und strafbar zu machen.»

Das erklärte die EU 2013 auch selbst und verwies auf Ausnahmen im Gesetzesentwurf. Auch der Verein «Arche Noah», der sich für die «Erhaltung der Kulturpflanzenvielfalt und ihre Entwicklung» einsetzt, bestätigte der dpa, dass die EU damals kein Verbot des privaten Anbaus plante.

2014 lehnte eine Mehrheit im EU-Parlament die neue Ausrichtung der Saatgut-Richtlinien ab. Wie viele andere Vereine hatte «Arche Noah» von 2013 an den Gesetzesentwurf kritisiert.

Inzwischen hat die EU einen neuen Anlauf unternommen, ihre Richtlinien zum Saatgut zu novellieren. Ein Verbot des privaten Anbaus ist darin nach wie vor nicht Thema. Es gibt aber unterschiedliche Vorschläge, die zum Teil wieder große Kritik auf sich ziehen. Konkret wird das Vorhaben aber erst 2023.

(Stand: 6.12.2022)

Links

Sharepic (archiviert)

Artikel Screenshot (archiviert)

Artikel 2013 (archiviert)

Artikel Deutsche Wirtschafts-Nachrichten (archiviert)

Pressemitteilung EU (archiviert)

Saatgutverkehrsgesetz (archiviert)

Erhaltungssortenverordnung (archiviert)

Broschüre zu seltenen Sorten (archiviert)

Ablehnung der neuen Richtlinie 2014 (archiviert)

Global 2000 (archiviert)

Blog (archiviert)

Deutsche Wirtschafts-Nachrichten (archiviert)

Broschüre zu alten Sorten (archiviert)

Zum Entwurf von 2013 (archiviert)

EU-Abgeordneter zum Ablauf von 2013ff (archiviert)

Artikel Bayern 1 (archiviert)

Petition gegen neue Novellierung (archiviert)

Vern-Verein zur Novellierung (archiviert)

Artikel bei agrarheute (archiviert)

Zur Novellierung (archiviert)

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