Medien-Webseite gefälscht

Kein Artikel der «FAZ» - Text größtenteils abgeschrieben

02.09.2022, 14:04 (CEST)

Stets ist ein kritischer Blick im Internet wichtig. Das zeigt einmal mehr eine Reihe gefälschter Artikel, die im Gewand von großen Medien aufgetaucht sind. Eins haben sie alle gemeinsam.

Seit der russischen Invasion in die Ukraine wird regelmäßig und viel über diesen Krieg berichtet. Doch zuletzt sind mehrere Artikel aufgetaucht, in denen große Medienmarken angeblich die Abschaffung der westlichen Sanktionen gegen Russland fordern - so vermeintlich auch in einem Artikel der «Frankfurter Allgemeinen Zeitung» (FAZ). Aber würden seriöse Medien in Deutschland so etwas tun?

Bewertung

Der Artikel ist gefälscht und stammt nicht von der «FAZ». Die Aufmachung der Original-Website wurde kopiert.

Fakten

An mehreren Punkten ist zu erkennen, dass der angebliche «FAZ»-Artikel unseriös ist:

Falsche URL

Der Artikel ist weder auf der offiziellen Seite «faz.net» zu finden noch im gedruckten Archiv der «FAZ».

Bei einem genauen Blick auf die Internetadresse (URL) des vermeintlichen «FAZ»-Artikels wird deutlich: Dieser steht nicht auf der offiziellen Webpräsenz «faz.net», sondern auf einer nachgemachten Seite mit einer anderen Endung: «faz.ltd».

Was es zunächst schwierig macht, den Artikel als gefälscht zu erkennen: Durch das kopierte Layout wird der Eindruck erweckt, es handle sich um die echte «FAZ»-Website. Dieselben Rubriken wie im Original leiten den User oder die Userin sogar auf die offizielle «FAZ»-Seite weiter. Außerdem ist das echte «FAZ»-Impressum verlinkt.

Entspricht nicht journalistischen Maßstäben

Im zweiten Absatz des gefälschten Artikels wird auf eine Vergleichstabelle verlinkt, die angeblich vom Hamburger Nachrichtenmagazin «Der Spiegel» stammen soll. Folgt man diesem Link, landet man aber auf einem Artikel des Berliner «Tagesspiegel». Das zeigt eine journalistisch sehr unsaubere Arbeit.

Bei einem genaueren Blick wird deutlich, dass der gefälschte Artikel auf «faz.ltd» eine umgeschriebene Version des «Tagesspiegel»-Artikels ist. Auch die dort zusammengestellte Tabelle, wurde einfach auf die gefälschte «FAZ»-Seite kopiert. Im Text des «Tagesspiegel» selbst ist allerdings genauso wenig die Forderung zu finden, dass die Sanktionen gegen Russland eingestellt werden sollten. Auffällig ist zudem, dass im gefälschten und kopierten Artikel nachrichtliche Informationen und kommentierende Absätze vermischt werden.

Im Journalismus ist es nicht verwerflich, andere Medien mit der entsprechenden Erwähnung zu zitieren. Abschreiben oder einfaches Umschreiben ganzer Artikel aber ist Diebstahl geistigen Eigentums - und kann juristische Konsequenzen nach sich ziehen.

Der in dem gefälschten Artikel zitierte Experte Timo Wollmershäuser vom Institut für Wirtschaftsforschung (Ifo) bestätigte der Deutschen Presse-Agentur (dpa) schriftlich, dass er diese Sätze nur dem «Tagesspiegel» gesagt habe.

Auch die Quellenangabe des gefälschten «FAZ»-Artikels ist nicht korrekt. Die Informationen stammen nicht von der französischen Nachrichtenagentur AFP.

Die «FAZ» hat selbst über die gefälschten Artikel im Namen großer deutsche Medien berichtet - darunter auch über den hier untersuchten.

Teil einer Desinformationskampagne

Nach Recherchen von T-Online und dem ZDF ist die gefälschte Website Teil einer größeren Kampagne pro-russischer Akteure, die gezielt Desinformationen in sozialen Netzwerken und vor allem auf Facebook verbreiten. Artikel weiterer deutscher Medien (Faktenchecks hier und hier) wurden gefälscht. Zur Verbreitung sollen auch zahlreiche Fake-Accounts in sozialen Medien erstellt worden sein.

Das Bundesinnenministerium ist beunruhigt über die Fälschungen und sagte der dpa: «Wir haben mit Sorge zur Kenntnis genommen, dass über Fake-Accounts in bestimmten sozialen Medien täuschend echt aussehende, allerdings gefälschte Webauftritte von etablierten Nachrichtenseiten verlinkt werden.»

(Stand: 02.09.2022)

Links

«FAZ»-Berichterstattung zu gefälschten Artikeln (archiviert)

Suche auf «faz.net» nach angeblichem Artikel (archiviert)

Suche in gedruckter «FAZ» nach angeblichem Artikel (archiviert)

«Tagesspiegel»-Artikel (archiviert)

Recherche von T-Online (archiviert)

Recherche des ZDF (archiviert)

dpa-Faktencheck zu gefälschtem «Spiegel»-Artikel

dpa-Faktencheck zu gefälschem «Bild»-Artikel

Falscher «FAZ»-Artikel(archiviert)

Facebook-Post mit Link zu falschem «FAZ»-Artikel (archiviert)

Über dpa-Faktenchecks

Dieser Faktencheck wurde im Rahmen des Facebook/Meta-Programms für unabhängige Faktenprüfung erstellt. Ausführliche Informationen zu diesem Programm finden Sie hier.

Erläuterungen von Facebook/Meta zum Umgang mit Konten, die Falschinformationen verbreiten, finden Sie hier.

Wenn Sie inhaltliche Einwände oder Anmerkungen haben, schicken Sie diese bitte mit einem Link zu dem betroffenen Facebook-Post an faktencheck@dpa.com. Nutzen Sie hierfür bitte die entsprechenden Vorlagen. Hinweise zu Einsprüchen finden Sie hier.

Schon gewusst?

Wenn Sie Zweifel an einer Nachricht, einer Behauptung, einem Bild oder einem Video haben, können Sie den dpa-Faktencheck auch per WhatsApp kontaktieren. Weitere Informationen dazu finden Sie hier.