Erfundene Abgabe

Preisschild mit angeblicher «Putin-Steuer» gefälscht

02.09.2022, 14:18 (CEST)

Viele europäische Ländern unterstützen die Ukraine in ihrem Kampf gegen Russland. Doch dass in manchen eine neue Putin-Steuer zur Finanzierung eingeführt wurde, stimmt nicht.

Lebensmittel, Energie und Benzin: Seit dem Beginn des russischen Krieges in der Ukraine sind viele Dinge des täglichen Gebrauchs in Europa teurer geworden. In den sozialen Medien verbreiten sich nun Bilder, auf denen zu sehen sein soll, dass auf einzelne Produkte eine «Putin-Steuer» gezahlt werden muss.

Bewertung

Es gibt keine Belege für eine Putin-Steuer in Europa. Das Foto mit dem Preisschild ist manipuliert, die Nebenkostenabrechnung hätte in der Form keine rechtliche Grundlage.

Fakten

Als Belege für die angebliche Sondersteuer werden drei Fotos geteilt: ein Regal mit Preisschild, eine öffentliche Toilette in Italien und eine Nebenkostenabrechnung aus der Schweiz.

Das auf dem linken Foto abgebildete Produkt «Neljän viljan hiutale» ist in Finnland beim Discounter Lidl erhältlich. Es handelt sich um Vierkornflocken. Der dpa-Faktencheck hat daraufhin Lidl Finnland kontaktiert und das in den sozialen Medien kursierende Bild mit dem Preis und der vermeintlichen «Kriegssteuer gegen Putin» («Sotavero Putinia vastaan») vorgelegt.

«Das von Ihnen übermittelte Bild enthält ein Produkt von Lidl (den Brei), aber ansonsten hat das Bild nichts mit Lidl zu tun und ist ein falsches Bild (Bildmanipulation)», heißt es in einer schriftlichen Antwort. Die Preisschilder seien anders und auch der Name des Produkts sei falsch geschrieben - «Myllynkivi» statt «Mylly Kivi». Auch Schriftart und Anordnung der Elemente weichen von echten Preisschildern von Lidl in Finnland ab. Dort sind die Preise zudem centgenau angegeben - also nicht mit «2,3 €» wie auf der Fälschung.

Eine Anfrage beim Mieterinnen- und Mieterverband Bern ergab, dass auch die online verbreitete Nebenkostenabrechnung mit einer aufgeführten Putin-Steuer nicht echt ist. «Wir haben keine Kenntnis von einer Putin-Steuer in Bern», heißt es in einer schriftlichen Antwort. Es gebe keine rechtliche Grundlage, eine Putin-Steuer zu erheben. Nebenkosten könnten dem Mieter nur verrechnet werden, wenn sie im Mietvertrag explizit als Nebenkosten vereinbart wurden seien und entsprechend aufgelistet worden sind, heißt es weiter.

Im Zusammenhang mit dem Bild, auf dem das Schild einer Bezahltoilette in Italien zu sehen ist, hat der dpa-Faktencheck die Betreiberfirma Veritas kontaktiert, jedoch keine Antwort erhalten. Man erkennt deutlich, dass der Bereich, auf dem «La tassa di Putin» («Putins Steuer») zu lesen ist, nachträglich ergänzt wurde. Eine Suche nach dem Begriff liefert jedoch keine Ergebnisse, die auf die Existenz einer derartigen Abgabe hinweisen.

Doch nicht nur in Europa steigen die Preise rapide. Als die US-Inflationsrate im Mai einen neuen Höchststand erreichte, sagte Präsident Joe Biden: «Wir haben noch nie so etwas wie Putins Steuer auf Lebensmittel und Gas gesehen». Dabei wird deutlich, dass er den Ausdruck «Putins Steuer» im übertragenen Sinne verwendet. Auch in den USA gibt keine Abgabe, die so heißt.

(Stand: 2.9.2022)

Links

Finnisches Produkt (archiviert)

Richtige Preisschilder von Lidl Finnland (archiviert)

Bloomberg-Bericht zu Biden Aussage (archiviert)

Suchmaschinen-Suche zu Steuer in Italien (archiviert)

Facebook-Post (archiviert)

Über dpa-Faktenchecks

Dieser Faktencheck wurde im Rahmen des Facebook/Meta-Programms für unabhängige Faktenprüfung erstellt. Ausführliche Informationen zu diesem Programm finden Sie hier.

Erläuterungen von Facebook/Meta zum Umgang mit Konten, die Falschinformationen verbreiten, finden Sie hier.

Wenn Sie inhaltliche Einwände oder Anmerkungen haben, schicken Sie diese bitte mit einem Link zu dem betroffenen Facebook-Post an faktencheck@dpa.com. Nutzen Sie hierfür bitte die entsprechenden Vorlagen. Hinweise zu Einsprüchen finden Sie hier.

Schon gewusst?

Wenn Sie Zweifel an einer Nachricht, einer Behauptung, einem Bild oder einem Video haben, können Sie den dpa-Faktencheck auch per WhatsApp kontaktieren. Weitere Informationen dazu finden Sie hier.