Zankapfel «Songwriter*innen»

Kiewel und ZDF dementieren Gender-Zwang im «Fernsehgarten»

17.08.2022, 15:49 (CEST)

Eigentlich steht der ZDF-«Fernsehgarten» für leichte Unterhaltung. Nun ist die Show wieder zwischen politische Fronten geraten. Der unbelegte Vorwurf: Der Sender zwinge die Moderatorin zum Gendern.

Zwei Wochen nach der Performance des mit Sexismus-Vorwürfen konfrontierten Nummer-Eins-Hits «Layla» hat der ZDF-«Fernsehgarten» erneut eine der Spitzenpositionen auf der Aufgeregtheitsskala erobert. Diesmal hat Moderatorin Andrea Kiewel selbst das Netz in Aufruhr versetzt. In der Sendung vom 14. August 2022 entschuldigte sich die 57-Jährige scheinbar, das Wort «Singer-Songwriter*innen» (mit einer Sprechpause an der Stelle des Gendersternchens) benutzt zu haben. «Ich muss», sagte sie neckisch. Dem ZDF wird vorgeworfen (archiviert), auf seine Moderatoren und Moderatorinnen einen «ideologische[n] Gender-Zwang» auszuüben.

Bewertung

Kiewel und das ZDF widersprechen, dass es Druck zum Gendern gebe. Die Moderatorin hat zudem in der Sendung durchaus das generische Maskulinum genutzt. Es gibt kein Indiz für den angeblichen «Druck».

Fakten

«Niemand, nicht das ZDF und sonst auch niemand, sagt mir, dass ich gendern muss», erklärt Kiewel der «Bild»-Zeitung nach der Sendung. «Ich will es. Ich muss es nicht.» Alles, was sie sage oder schreibe, mache sie aus tiefster Überzeugung. «So bin ich. Eine Frau, der das -innen am Herzen liegt.»

In der am Sonntag ausgestrahlten Show hatte Kiewel mit entsprechender Sprechpause an der Stelle des Gendersternchens gesagt (im Video ab 48:43 Min.): Das «Fernsehgarten»-Team habe den Eindruck, dass jede Menge Positives los sei in der «deutschen Singer-Songwriter*innen-Szene». Kiewel drehte sich danach zu einer Zuschauerin neben ihr und sagte etwas flapsig: «Nicht das Gesicht verziehen, ich muss.»

Ohne überhaupt zu wissen, ob sich Kiewels «ich muss» überhaupt auf das ZDF bezieht, wird dem Sender in diversen Kommentaren im Netz Druck in Sachen Gendern vorgeworfen.

Das ZDF teilt auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur (dpa) eine Reaktion der betreffenden Redaktion mit: «Es gibt definitiv keine Anweisung zum Gendern im "ZDF-Fernsehgarten". Andrea Kiewel ist es ein persönliches Anliegen alle anzusprechen, daher verwendete sie diese Formulierung im Zusammenhang mit "muss".»

Teilweise wird zudem mit Verweis auf die Herkunft aus dem Englischen behauptet, das Wort «Singer-Songwriter» könne gar nicht gegendert werden. Doch während es stimmt, dass es im Englischen keine extra gekennzeichnete weibliche Form gibt, erlaubt der Duden durchaus im Deutschen «Singer-Songwriterin». Durch die Nutzung eines Gendersternchens oder einer Sprechpause wird für die Pluralform signalisiert, dass Männer und Frauen sowie nicht-binäre Personen gemeint sind, die weder eine männliche noch eine weibliche Geschlechtsidentität haben.

Gendern ist immer wieder Streitthema. Der Ausschnitt der «Fernsehgarten»-Sendung wurde vielfach in sozialen Medien gepostet. Was häufig nicht gezeigt wird: Dass Kiewel an anderen Stellen während der Sendung durchaus das generische Maskulinum nutzt - das heißt, dass die männliche Plural-Form auch Frauen und nicht-binäre Personen mit einschließt: «Wie viele Einwohner hat Finnland?», fragt sie etwa (2:06 Min.). Einmal zählt sie auf (26:51 Min.): «Aufregend, Zuschauer da.» Ein anderes Mal sagt sie (81:23 Min.): «Wir standen hier ohne Zuschauer.» Oder als es um das Wacken-Festival geht (117:16 Min.): «80 000 Besucher.»

Kurzum: Es gibt kein Indiz, dass das ZDF von seinen Moderations-Teams erwartet oder es gar zwingt, gegenderte Formen zu nutzen.

(Stand: 16.08.2022)

Links

ZDF-«Fernsehgarten» vom 14.08.2022, Textstelle ab 48:43 Min.

dpa-Bericht über «Layla» im ZDF-«Fernsehgarten» am 31.07.2022 (archiviert)

dpa-Bericht über Fernsehgarten/Gendern (archiviert)

Kiewel-Statement via «Bild»-Zeitung am 14.08.2022 (archiviert)

Cambridge Dictionary über englische Substantive und Geschlechter (archiviert)

Duden über «Singer-Songwriterin» (archiviert)

Facebook-Post über «Songwriter» (archiviert)

Facebook-Post über Falschbehauptung über Gendern/ZDF (archiviert)

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