Nicht nur für Deutschland vorgesehen: 554 Millionen Impfdosen wurden seit Beginn der Impfkampagne bestellt und beinhalten globale Spenden

22.02.2022, 12:52 (CET)

In Deutschland haben etwas mehr als 75 Prozent der Bevölkerung die Grundimmunisierung mit den meist zwei nötigen Covid-19-Impfungen erhalten. Für die meisten Menschen wird auch eine Auffrischimpfung empfohlen. Unklar ist, ob in Zukunft weitere oder regelmäßige Impfungen notwendig sein könnten. In sozialen Medien verbreitet sich aber schon jetzt ein Szenario, das belegen soll, dass angeblich noch mehr Impfungen geplant sind: «Die deutsche Regierung hat im Januar 2022 rund 554 Millionen Impfdosen bestellt», heißt es auf einem Sharepic in einem Facebook-Beitrag (archiviert). Weiter steht dort: «Deutschland hat rund 83 Millionen Einwohner. Das bedeutet, für jeden Bürger sind etwa 6-7 Injektionen vorgesehen...» Stimmen diese Zahlen und ist die Schlussfolgerung zu den Impfungen pro Bürger korrekt?

Bewertung

Die 554 Millionen Impfdosen wurden laut Bundesregierung zwischen Dezember 2020 und Dezember 2021 bestellt - nicht nur im Januar 2022. Außerdem wurden oder werden nicht alle diese Impfdosen an die Einwohner Deutschlands verimpft. Es sind auch Impfdosen enthalten, die Deutschland an andere Länder spendet. Dass für jeden Bürger schon jetzt sechs bis sieben Impfungen gegen Covid-19 vorgesehen seien, ist also falsch.

Fakten

Die Zahl der 554 Millionen bestellten Impfdosen stammt aus einer Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage im Bundestag. In dieser Anfrage hatte die AfD-Fraktion unter anderem gefragt, wie viele Impfstoffdosen zum Stichtag 16. Dezember 2021 durch die Bundesrepublik Deutschland selbst oder durch deren Vertragspartner und wann seit Beginn der Pandemie bestellt worden seien.

Darauf lautet die Antwort: «Deutschland hat aus diesen Verträgen in verschiedenen Tranchen zum Stichtag 16. Dezember 2021 rund 554 Mio. Impfdosen bestellt». Die 554 Millionen Impfdosen wurden also nicht im Januar 2022 bestellt, wie es auf Facebook heißt, sondern allesamt vor dem 16. Dezember 2021. Darin enthalten sind also auch Bestellungen ganz zu Beginn der Impfkampagne im Dezember 2020.

Teilweise sind diese bestellten Impfdosen noch nicht ausgeliefert, sondern für einen Lieferzeitraum im Jahr 2022 oder sogar 2023 vorgesehen. Insgesamt wurden sogar noch mehr Impfdosen bis zum 16. Dezember 2021 bestellt: Die Bundesregierung nennt noch einen Kauf von 3 Millionen Dosen des Biontech-Impfstoffs von Polen Anfang Dezember 2021.

Doch nicht alle diese Impfdosen sind für die Menschen in Deutschland vorgesehen. Deshalb ist es auch keine korrekte Rechnung, die Gesamtzahl der bestellten Impfungen durch die Einwohnerzahl Deutschlands zu teilen und so von sechs bis sieben Injektionen pro Bürger auszugehen.

Denn die Bundesregierung spendet einen Teil ihrer bestellten Dosen an andere Länder - zum Beispiel im Rahmen der globalen Hilfsinitiative Covax. «Zum Stichtag 16. Dezember 2021 wurden rund 7,66 Mio. Impfstoffdosen bilateral gespendet», heißt es in der Antwort auf die Kleine Anfrage. «Ebenfalls zum Stichtag 16. Dezember 2021 hat die Bundesregierung insgesamt rund 95,4 Millionen Impfstoffdosen aus deutschen Lieferverträgen an COVAX übertragen», schreibt die Bundesregierung.

In Deutschland verimpft wurden bis Ende Dezember 2021 rund 149 Millionen Impfdosen, bis zum 21. Februar waren es 169 Millionen.

Ende Januar ergab eine Kleine Anfrage der Bundestagsfraktion der Linken eine ähnliche Lücke zwischen der Zahl der bisher bestellten Impfdosen und der Zahl der verabreichten Impfdosen. Die Linke kritisierte daraufhin mangelnde Transparenz bei der Beschaffung der Impfstoffe und forderte mehr Impfstoff für ärmere Länder.

Dem ARD-Magazin «Report Mainz» begründete das Bundesgesundheitsministerium die Lücke so: Ziel der hohen Bestellmengen sei, jederzeit die ausreichende Versorgung der Bevölkerung in Deutschland mit Corona-Impfdosen sicherstellen zu wollen. Überschüssige Impfdosen könne Deutschland an andere Länder abgeben.

Zurzeit empfiehlt die Ständige Impfkommission (Stiko) eine Grundimmunisierung mit den meist nötigen zwei Impfungen gegen Covid-19 für so gut wie alle Personen ab 12 Jahren. Für Kinder zwischen fünf und elf Jahren wird eine Grundimmunisierung nur empfohlen, wenn sie Vorerkrankungen oder Angehörige mit einem hohen Risiko für einen schweren Covid-19-Verlauf haben.

Eine Auffrischimpfung empfiehlt die Stiko allen grundimmunisierten Personen ab 12 Jahren. Eine zweite Auffrischimpfung wird nur Menschen ab 70 Jahren, Bewohnerinnen, Bewohner und Betreute in Einrichtungen der Pflege, sowie Tätige in medizinischen Einrichtungen und Pflegeeinrichtungen.

(Stand: 21.02.2022)

Links

Antwort der Bundesregierung auf Kleine Anfrage der AfD-Fraktion im Bundestag zu Impfstofflieferungen (archiviert)

Zahl der verabreichten Impfdosen bis 31. Dezember 2021 auf Impfdashboard.de

Zahl der verabreichten Impfdosen bis 21. Februar 2022 auf Impfdashboard.de

Antwort der Bundesregierung auf Kleine Anfrage der Linken-Fraktion im Bundestag zu Impfstofflieferungen (archiviert)

Linksfraktion zur Zahl der bestellten Impfdosen (archiviert)

Stellungnahme der Bundesregierung in Artikel von tagesschau.de (archiviert)

Veröffentlichung der Ständigen Impfkommission zu den Impfempfehlungen gegen Covid-19 (archiviert)

Facebook-Beitrag mit der Behauptung (archiviert)

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