Bundesregierung hat keine Kenntnis von vermeintlicher Anweisung zur Sondermeldung arbeitssuchender Pflegekräfte

08.02.2022, 17:02 (CET)

Bis zum 15. März haben Beschäftigte in Krankenhäusern, Pflegeheimen oder -diensten noch Zeit, ihren Impfnachweis vorzulegen. So sieht es die einrichtungsbezogene Impfpflicht vor. Nun verbreitet sich in sozialen Medien die Behauptung, dass das Ausmaß der arbeitssuchend gemeldeten Pflegerinnen und Pfleger angeblich darüber entscheiden soll, ob die Impfpflicht ausgesetzt wird. «Die Bundesregierung hat die Arbeitsämter angewiesen die Anzahl derer zu melden, die ab dem 15. März arbeitssuchend sind. Daran soll geschaut werden, ob die Impfpflicht durchsetzbar ist, oder ob es zu kritischen Mitarbeiterengpässen kommen wird», heißt es in einem Facebook-Beitrag (archiviert). Angeblich soll diese Information aus einem «Arbeitsamt in der Pfalz» stammen. Verbunden wird das mit einem Aufruf an Pflegekräfte, sich arbeitssuchend zu melden. «In Speyer hat sich beispielsweise ein ganzes Pflegeheim (Geimpfte+Ungeimpfte) arbeitssuchend gemeldet», wird außerdem in dem Beitrag behauptet. Diese Methode soll in Italien bereits dazu geführt haben, dass die Impfpflicht nicht durchgesetzt werden konnte. Stimmen diese Behauptungen?

Bewertung

Die Behauptungen sind falsch. Wer sich in welcher Branche oder aus welchen Berufsgruppen arbeitssuchend meldet, wird ohnehin bereits erfasst. Dem Bundesarbeitsministerium zufolge hat die Regierung nicht die gesonderte Meldung von arbeitssuchendem Pflegepersonal angewiesen. Auch der Regionaldirektion der Bundesagentur für Arbeit in Rheinland-Pfalz ist so eine Aufforderung nicht bekannt. Dass sich in Speyer sämtliche Beschäftigten eines Pflegeheims arbeitssuchend gemeldet haben, ist der zuständigen Geschäftsstelle ebenfalls unbekannt.

Fakten

Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales teilte der Deutschen Presse-Agentur (dpa) mit, es handele sich «hierbei um eine Standard-Auswertemöglichkeit, die keiner gesonderten Datenerhebung bedarf». Die Arbeitsagenturen hätten keine besondere Anweisung erhalten, arbeitssuchende Pflegekräfte zu melden.

Das bestätigt auch die Niederlassung der Bundesagentur für Arbeit in Rheinland-Pfalz - dieses Bundesland wird im Beitrag genannt. «Der Regionaldirektion Rheinland-Pfalz-Saarland ist keine gesonderte Anweisung zur Meldung in Bezug auf die Impfpflicht für Pflegepersonal bekannt», teilte eine Sprecherin der dpa mit.

Warum genau sich jemand arbeitssuchend meldet, wird in der Statistik nicht erfasst. «Ob Arbeitsuchendmeldungen in Zusammenhang mit beispielsweise der einrichtungsbezogenen Impfpflicht stehen, ist deshalb nicht bekannt», sagte das Bundesarbeitsministerium der dpa.

Arbeitssuchend sind Menschen, die eine drohende Arbeitslosigkeit bei der Arbeitsagentur anzeigen, aber noch im Job sind. Sie sollten nicht mit Menschen verwechselt werden, die keinen Arbeitsplatz mehr haben oder keiner Beschäftigung mehr nachgehen. «Täglich melden sich Menschen aus unterschiedlichen Gründen arbeitssuchend, ohne dass daraus später eine Arbeitslosigkeit entsteht, da sie z.B. einen neuen Job gefunden haben», teilte die Sprecherin der Regionaldirektion Rheinland-Pfalz-Saarland mit.

Eine Sprecherin der Bundesagentur für Arbeit teilte der dpa bereits Anfang Februar mit, dass es in verschiedenen sozialen Medien Aufrufe gegeben habe, sich schon vor Inkrafttreten der Impfpflicht im Gesundheitswesen arbeitssuchend zu melden. Ob eine erhöhte Zahl von arbeitssuchend gemeldeten Pflegekräften unter anderem auf diese Aufrufe zurückzuführen ist, sei derzeit nicht bekannt. Insgesamt stellt die Bundesagentur für Arbeit vor der Einführung einer einrichtungsbezogenen Corona-Impfpflicht im Gesundheitswesen Bewegung auf dem Arbeitsmarkt fest.

Der angebliche Fall, dass sich das ganze Personal eines Pflegeheims in Speyer arbeitssuchend gemeldet haben soll, lässt sich allerdings nicht belegen. «Der Geschäftsstelle Speyer ist ein solcher Fall nicht bekannt», teilte die Sprecherin der Regionaldirektion Rheinland-Pfalz-Saarland mit.

Ebenso falsch ist die Behauptung, dass in Italien eine Impfpflicht gestoppt werden konnte. Sie gilt nach wie vor für Beschäftigte im Gesundheitswesen, im Bildungsbereich, bei der Polizei und im Militär. Seit dem 8. Januar sind auch alle Über-50-Jährigen zur Corona-Impfung verpflichtet.

(Stand: 07.02.2022)

Links

Facebook-Beitrag mit der Behauptung (archiviert)

Informationen der Bundesregierung zum Bundestagsbeschluss über die einrichtungsbezogene Impfpflicht (archiviert)

dpa-Meldung, veröffentlich auf «zeit.de»: Vor Impfpflicht: 12.000 Pflegekräfte arbeitssuchend gemeldet (archiviert)

dpa-Meldung mit Informationen zur Impfpflicht in Italien, veröffentlicht von «stern.de» (archiviert)

Informationen zur Impfpflicht in Italien bei der Nachrichtenagentur ANSA (archiviert)

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