Impfung macht nicht unfruchtbar - sie wird Schwangeren besonders empfohlen

17.12.2021, 14:34 (CET)

Inzwischen sind mehr als dreieinhalb Milliarden Menschen weltweit gegen Covid-19 geimpft. Die verschiedenen zugelassenen Impfstoffe erweisen sich als sicher und wirksam. Einige Frauen lassen sich jedoch von falschen Behauptungen verunsichern und fragen sich: Ist die Impfung auch während einer Schwangerschaft ratsam? Es wird etwa immer wieder behauptet (hier archiviert), die Covid-Impfung mache angeblich unfruchtbar.

Bewertung

Es gibt keine Hinweise darauf, dass eine Corona-Impfung unfruchtbar macht. Sie wird Schwangeren und Frauen mit Kinderwunsch explizit empfohlen, da Schwangere ein erhöhtes Risiko für einen schweren Verlauf von Covid-19 haben.

Fakten

Schwangere sind besonders gefährdet, schwer an Covid-19 zu erkranken. Das zeigen Daten der «Cronos-Registerstudie», die den Zustand von Müttern und Babys untersucht, wenn sich die Mutter während der Schwangerschaft mit Covid-19 infiziert. Weitere internationale Studien (etwa hier und hier und hier) bestätigen diese Beobachtung.

Auch Wolfgang Heinrich, Professor für Geburtsmedizin an der Charité Berlin, betont im Gespräch mit «Zeit Online» die Gefahr einer Covid-19-Infektion für werdende Mütter: «Das Gefährlichste für das Ungeborene ist eine schwere Erkrankung der Mutter, wodurch es zu einer extremen Frühgeburt oder Totgeburt kommen kann. In solchen schweren Fällen kann das Coronavirus ins Blut der Mutter gelangen und zu einer Blutvergiftung oder schweren Plazentainfektion führen.»

Es ist keine besondere Ähnlichkeit zwischen dem Spike-Protein von Sars-CoV-2 und dem für die Bildung der Plazenta wichtige Protein Syncytin-1 vorhanden, erklärte Lars Dölken, Professor für Virologie und Immunbiologie an der Universität Würzburg, der Deutschen Presse-Agentur (dpa) bereits für einen früheren Faktencheck. Deshalb besteht keine Gefahr, dass durch die Impfung erzeugten Antikörper die Bildung der Plazenta verhindert wird. Forschende des Universitätsklinikums Jena bestätigen diese Einschätzung.

Der Immonologe Andrew L. Croxford vergleicht in einem Tweet die Spike-Proteine anderer Stoffe und fand sogar geringe Ähnlichkeiten mit Aktin, Kollagen und Hämoglobin. Würden diese Stoffe durch das Spike-Protein falsch erkannt und bekämpft, würde der gesammte menschliche Organismus zusammenbrechen.

Ebenso verhält es sich mit Covid-19-Antikörpern: Würden sie sich tatsächlich gegen das erwähnte körpereigene Syncytin-1-Protein richten, hätte dies bereits zu erhöhten Zahlen an Fehlgeburten oder ähnlichen Komplikationen führen müssen. Studien (etwa hier und hier) konnten jedoch keine Auffälligkeiten feststellen.

Auch widerlegte ein früherer dpa-Faktencheck bereits falsche Zahlen zu Fehlgeburten nach Corona-Impfungen. Nach mehreren Millionen infizierter Frauen mit Covid-19 sind auch hier bisher keine Auffälligkeiten bezüglich eventuell eigeschränkter Fruchtbarkeit bekannt.

Es wurde zudem in Studien eine hohe Anzahl an Antikörpern im Nabelschnurblut nachgewiesen, die dadurch an das Neugeborene übergehen und für den sogenannten «Nestschutz» sorgen. Behauptungen, dass mRNA aus der Impfung in die Muttermilch gelangen könnte, wurden bereits in einem früheren dpa-Faktencheck widerlegt.

In den aktualisierten Empfehlungen der Ständigen Impfkommission (Stiko) wird Frauen ab dem zweiten Schwangerschaftsdrittel eine Corona-Impfung mit einem mRNA-Impfstoff empfohlen. Es gebe nur noch sehr wenige Gründe gegen eine Impfung von werdenden Müttern. Dazu zählt etwa eine bekannte Allergie gegen einen der Inhaltsstoffe.

Anders verhält es sich mit Lebendimpfstoffen, die etwa gegen Röteln, Masern und Mumps eingesetzt werden. Sie enthalten vermehrungsfähige, aber abgeschwächte Krankheitserreger, die in der Regel keine Erkrankung auslösen können. Hier kann eine Wartezeit bei einem Kinderwunsch sinnvoll sein. Während einer Schwangerschaft ist die Impfung mit einem Lebendimpfstoff nicht empfohlen.

Da in Deutschland aktuell im Grunde nur mRnA-Impfstoffe verimpft werden, sieht die Wissenschaft bei Corona-Impfungen von Schwangeren kein erhöhtes Risiko. Aber auch bei den zuvor ausgegebenen Impfstoffen von AstraZeneca und Johnson & Johnson waren keine Auffälligkeiten hinsichtlich einer Gefährdung von Schwangeren beobachtet worden.

(Stand: 16.12.2021)

Links

Informationen zur «Cronos-Registerstudie» (archiviert)

Studie zur Gefährdung von Schwangeren bei einer Covid-19-Infektion 1 (archiviert)

Studie zur Gefährdung von Schwangeren bei einer Covid-19-Infektion 2 (archiviert)

Studie zur Gefährdung von Schwangeren bei einer Covid-19-Infektion 3 (archiviert)

Interview mit Wolfgang Heinrich, Professor für Geburtsmedizin an der Charité (archiviert)

Informationen über das Glycoprotein Syncytin-1 (archiviert)

dpa-Faktencheck vom 14.01.2021 zu Corona-Impfung und Schwangerschaft

Studie zur Rate von Fehlgeburten nach Impfung mit mRNA-Impfstoffen 1 (archiviert)

Studie zur Rate von Fehlgeburten oder sonstigen Komplikationen nach Corona-Impfung 2 (archiviert)

dpa-Faktencheck vom 02.12.2021 zu angeblichen Fehlgeburten nach Corona-Impfung

Interview mit Bettina Toth zu eventueller Unfruchtbarkeit nach Corona-Erkrankung (archiviert)

Informationen des RKI zur Impfung mit Lebensimpfstoffen (archiviert)

Informationen über Lieferprognosen der Impfstoff-Hersteller (archiviert)

Empfehlung Covid-19-Impfung für schwangere und stillende Frauen verschiedener wissenschaftlicher Fachgesellschaften (archiviert)

Informationen zur Zulassung des Impfstoffs von Vaxzevria von AstraZeneca (archiviert)

Informationen zur Zulassung des Impfstoffs von Janssen von Johnson&Johnson (archiviert)

Studie zu hoher Anzahl von Antikörpern im Nabelschnurblut nach einer Impfung von Schwangeren (archiviert)

dpa-Faktencheck vom 18.06.2021 zu mRNA und Muttermilch

Empfehlung der Ständigen Impfkommission (STIKO) zur Impfung gegen Covid-19 von Schwangeren und Stillenden (archiviert)

Informationen des Robert-Koch-Instituts zur Impfung bei Schwangeren, Stillenden und bei einem Kinderwunsch (Stand 30.11.2021) (archiviert)

Informationen der Bundesregierung zur Corona-Schutzimpfung für Schwangere (archiviert)

Facebook-Post mit Behauptung (archiviert)

Kontakt zum dpa-Faktencheckteam: faktencheck@dpa.com