Karl Lauterbach forderte schärfere Regeln für Ungeimpfte - jedoch keinen «Knast»

16.11.2021, 17:28 (CET)

Für die Beschreibung der Maßnahmen im Kampf gegen die Ausbreitung von Covid-19 sind schon viele Vergleiche bemüht worden. Ein Lockdown käme dem Aufenthalt im Gefängnis gleich, heißt es etwa häufig. SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach soll nun tatsächlich einen «Knast für Ungeimpfte» fordern - das wird zumindest in sozialen Netzwerken behauptet (archiviert). Doch sind die Forderungen des Politikers tatsächlich so drastisch?

Bewertung

Zwar sprach sich der Politiker dafür aus, schärfere Regeln für Ungeimpfte auf den Weg zu bringen. In ein Gefängnis wollte er sie jedoch nicht einsperren. Falsch ist daher, dass in dem Post die Aussage Lauterbachs nicht nur stark überspitzt, sondern sie auch mit Anführungszeichen als wörtliches Zitat gekennzeichnet wird.

Fakten

Kurz vor der Veröffentlichung des Facebook-Beitrags hat sich Karl Lauterbach gegenüber den Zeitungen der Funke-Mediengruppe geäußert und flächendeckend strenge 2G-Regeln gefordert. Er sagte: «Ungeimpfte sollten nur noch Zugang zu ihrem Arbeitsplatz, zu Lebensmittelgeschäften, Drogerien und Apotheken haben. Eine solche Einschränkung für Ungeimpfte ist notwendig, weil ihre Inzidenz einzigartig hoch ist. Das ist die einzige Möglichkeit, wieder Kontrolle über die Infektionslage zu bekommen.» Dieses Zitat findet sich beispielsweise auf der Internetseite der Berliner Morgenpost, die zur Funke-Mediengruppe dazugehört.

Die Forderung wurde am Tag der Veröffentlichung auf Lauterbachs Twitter-Profil sinngemäß wiederholt: «Das gesamte öffentliche Leben muss auf 2G reduziert sein. […] Die Ungeimpften müssen das ertragen, weil, wenn man ehrlich ist, sie auch mit dem Leben der anderen spielen», heißt es im Tweet. Weder dort noch in dem Funke-Interview ist von einer Haftstrafe, einem Gefängnisaufenthalt oder einem Einsperren die Rede. Für das vermeintliche Zitat gibt es keinerlei Belege.

Lauterbachs Abgeordnetenbüro in Berlin teilte auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur (dpa) zudem mit, dass Herr Lauterbach «definitiv» keinen Knast für Ungeimpfte fordere. Die Behauptung sei falsch.

Die Behauptung geht mutmaßlich auf einen Artikel des rechtspopulistischen Internet-Blogs journalistenwatch.com zurück. Es sind mehrere Parallelen erkennbar. Während im Facebook-Beitrag die stilisierte Silhouette Adolf Hitlers vom Buchcover des Romans «Er ist wieder da» gezeigt wird, ist in dem Blog-Beitrag ein beschmiertes Wahlplakat zu sehen, auf dem Lauterbach ein sogenanntes Hitler-Bärtchen gemalt wurde. Dazu heißt es im Titel «Lauterbach macht den "Österreicher"» - wahrscheinlich als Anspielung auf die Herkunft Hitlers. In beiden Fällen wird Lauterbach durch die unsachgemäße Verwendung von Anführunsgzeichen fälschlicherweise in den Mund gelegt, er wolle «Ungeimpfte in den "Knast"» stecken.

(Stand: 16.11.2021)

Links

Facebook-Beitrag mit Behauptung (archiviert)

Lauterbach in der Berliner Morgenpost (archiviert)

Überblick Funke-Tageszeitungen (archiviert)

Lauterbach-Tweet mit Forderung (archiviert)

Journalistenwatch mit falschem Lauterbach-Zitat (archiviert)

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