Melonen reinigen weder den Magen noch stärken sie besonders die Sehkraft
4.11.2021, 19:09 (CET), letztes Update: 4.11.2021, 19:14 (CET)
In einem Video bei Instagram wird die Wassermelone in höchsten Tönen gelobt. In dem Clip preist ein junger Mann vor allem die gesundheitlichen Vorteile, die diese «göttliche Schöpfung» den Menschen böte (hier archiviert). Er sagt: «Die Melonen sind so gesund, dass sie die Bakterien im Magen entfernen.» Und im Sommer, wenn die Sonne unseren Augen schade, stärkten die vielen guten Inhaltsstoffe der Melone das Sehen. Kann das denn stimmen?
Bewertung
Die Wassermelone ist zweifelsohne ein köstlicher, erfrischender Snack. Als besonders gesundheitsfördernd tritt sie jedoch nicht in Erscheinung. Im Gegenteil: In den vergangenen Jahren waren Melonen mit ihrem säurearmen Fruchtfleisch, in dem sich Erreger leicht vermehren, immer wieder Ursache lebensmittelbedingter Krankheitsausbrüche.
Fakten
Melonen als Kürbisgewächse sind wichtige Lieferanten von Vitaminen, die der menschliche Organismus selbst nicht herstellen kann. Tatsächlich enthalten Wassermelonen auch Beta-Carotin, das im Körper zu Vitamin A umgewandelt wird. Dies ist wiederum unabdingbar für unsere Sehkraft.
Vitamin A sei ein Baustein des Photopigments Rhodopsin, mit dem die Netzhautzellen hell und dunkel unterschieden, erläutert Horst Helbig, Direktor der Augenklinik am Universitätsklinikum Regensburg, gegenüber der Deutschen Presse-Agentur (dpa). Ein Vitamin-A-Mangel kann zu Nachtblindheit führen, einer Einschränkung der Sehfähigkeit etwa bei Dämmerlicht. In den Industrieländern ist Nachtblindheit dank ausreichender, meist ausgewogener Ernährung allerdings sehr selten.
Dass Melonen ein besonders wertvoller Vitamin-A-Lieferant seien und die Augen stärkten, ist für Experten wie Helbig dagegen neu. Auch eine Sprecherin der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) teilt der dpa mit: Melonen täten sich als Vitamin-A-Lieferant nicht hervor.
Das tierische Produkt Schweineleber (gebraten, 26 700 Mikrogramm Retinolaktivitätsäquivalent (RAE) pro 100 Gramm Lebensmittel) weist laut DGE-Broschüre «Die Nährstoffe - Bausteine für Ihre Gesundheit» einen sehr hohen Vitamin-A-Gehalt auf. Um den täglichen Vitamin-A-Bedarf zu decken, reicht der Verzehr von zwei Karotten (roh, 670 Mikrogramm RAE pro 100 Gramm Lebensmittel). Bei der Wassermelone (etwa 40 Mikrogramm RAE pro 100 Gramm Lebensmittel) müsste man nach Auskunft der DGE dagegen über ein Kilogramm für täglichen Bedarf essen.
Die empfohlene Zufuhr für erwachsene Frauen (nicht stillend oder schwanger) liegt laut DGE bei etwa 700 Mikrogramm, für Männer bei 800 bis 850 Mikrogramm RAE. Insgesamt, so die DGE-Sprecherin, empfehle sich eine ausgewogene, vollwertige Ernährung. Die Melone könne durchaus ein Bestandteil dessen sein.
Die Behauptung, Melonen wirkten im Magen gewissermaßen desinfizierend, weil sie Bakterien töten, ist falsch. Es gilt vielmehr das Gegenteil. In den vergangenen Jahren waren Melonen immer wieder an lebensmittelbedingten Krankheitsausbrüchen, vor allem Magen-und-Darm-Infektionen, beteiligt. Denn auf der Schale sitzen oft Salmonellen und Noroviren. Werden Melonen aufgeschnitten, vermehren sich Bakterien und Viren rasch im wenig sauren Fruchtfleisch - vor allem dann, wenn die Melonen ungekühlt gelagert werden.
(Stand: 4.11.2021)
Links
Beitrag bei Instagram (archiviert, Video archiviert)
Informationen zu «Nachtblindheit» (archiviert)
Infos zu Vitamin A bei der DGE (archiviert)
DGE-Broschüre "Die Nährstoffe – Bausteine für Ihre Gesundheit" (archiviert)
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