Impfung schützt gut vor schweren Corona-Verläufen - Drosten-Aussage missverstanden

14.09.2021, 14:58 (CEST)

Mit steigenden Corona-Infektionszahlen wächst auch die Sorge vor Ansteckungen trotz Impfung. Dazu verbreitet sich in sozialen Medien die Behauptung, dass der Charité-Forscher Christian Drosten sogar zu einer Ansteckung raten soll. «Star-Virologe Drosten empfiehlt Geimpften Corona-Infektion», heißt es auf einem Screenshot, der auf Facebook kursiert. Ein Nutzer schreibt dazu: «Nuu,is klar, wenn die Plöööre schon nichts bringt» (archiviert). Gemeint sein sollen offenbar, dass Impfungen nicht wirken. Doch stimmt das so und hat Drosten tatsächlich diese Empfehlung ausgesprochen?

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Die Aussage von Christian Drosten wurde missverstanden und aus dem Kontext gerissen. Sie bedeutet nicht, dass Impfungen wenig bringen. Drosten empfiehlt nach eigenen Angaben keine Infektion und wünscht sich auch keine - rechnet aber damit, dass sie passiert. Er sagt das in einem Gespräch über den Zeitpunkt, wenn das Coronavirus endemisch ist - also dank großer Immunität in der Gesellschaft kaum noch jemandem schaden kann.

Fakten

Der Screenshot, der sich auf Facebook verbreitet, stammt von einem Artikel einer österreichischen Nachrichtenseite. Dort ist der Text mit der Überschrift «Star-Virologe Drosten empfiehlt Geimpften Corona-Infektion» erschienen.

Im Artikel selbst wird klarer, was genau Drosten mit seinen Ausführungen zur Impfung und Infektion gemeint hat, die er ursprünglich im NDR-Podcast «Coronavirus-Update» machte. Auf Twitter nahm der Virologe außerdem Stellung zur falschen Interpretation: «Lese heute ja verrückte Dinge über mich. Selbstverständlich will ich mich nicht selbst infizieren!», schrieb er dort.

Tatsächlich sprach Drosten im NDR-Podcast über den Zeitpunkt, wenn Sars-Cov-2 endemisch in Deutschland wird. Das beschreibt die Situation, wenn sich das Coronavirus weiter schleichend verbreitet, aber den allermeisten Infizierten nichts mehr ausmacht - es also nur sehr wenige schwere Verläufe oder Todesfälle gibt. «Wir wollen, dass das zu einer Erkältung wird», sagt Drosten als Vergleich.

Mit diesem anzustrebenden Zustand hängt auch das missverstandene Zitat zusammen. «Und wann dieser Zeitpunkt ist, das liegt an uns. Und das liegt an der Impfquote», sagt Drosten. Hier macht er also klar, dass nur ein ausreichend verbreiteter Immunschutz durch die Impfung in der Gesellschaft erreichen kann, dass Ansteckungen trotz Impfung so gut wie nicht mehr gefährlich sind. Dass Geimpfte deutlich besser vor schweren Corona-Verläufen geschützt sind als Ungeimpfte, ist immer wieder auch Gegenstand von dpa-Faktenchecks.

Der Impfschutz lässt aber nach einer Zeit nach. Permanente Auffrisch-Impfungen könnten aus Drostens Sicht außerdem nicht das Ziel sein. Daher erwartet er, dass Geimpfte zusätzliche Immunität dadurch erhalten, dass sie immer wieder mit dem Virus in Kontakt kommen: «Mein Ziel als Virologe Drosten, wie ich jetzt gerne immun werden will, ist: Ich will eine Impfimmunität haben und darauf aufsattelnd will ich dann aber durchaus irgendwann meine erste allgemeine Infektion und die zweite und die dritte haben. Damit habe ich mich schon lange abgefunden», sagt Drosten.

Das dies jedoch nicht als Empfehlung zu verstehen ist, sondern als zu erwartende Tatsache, wird aus einem weiteren Zitat deutlich: «Das kann ich als relativ gesunder Erwachsener so für mich verantworten. Es gibt andere Bevölkerungsgruppen, die können das natürlich nicht. Aber ich kann das für mich selbst, für meine eigene Gesundheit auch nur verantworten, weil ich jetzt zweifach geimpft bin. Und ich muss zugeben, ich wäre gerne auch noch ein drittes Mal geimpft.»

(Stand: 13. September 2021)

Links

Artikel auf österreichischer Nachrichtenseite (archiviert)

Tweet von Christian Drosten zum Missverständnis (archiviert)

NDR-Podcast «Coronavirus-Update» mit Aussagen von Christian Drosten (archiviert)

dpa-Faktencheck «Geimpfte sind besser vor schweren Corona-Verläufen geschützt als Ungeimpfte»

Facebook-Beitrag mit der Behauptung (archiviert)

Kontakt zum dpa-Faktencheckteam: faktencheck@dpa.com