Montagnier hat nicht den Tod aller Geimpften vorhergesagt

02.06.2021, 15:38 (CEST)

Wer sich gegen COVID-19 hat impfen lassen, hat angeblich nicht mehr lange zu leben. Jedenfalls wird in sozialen Netzwerken behauptet, kein Geringerer als der französische Virologe und Nobelpreisträger Luc Montagnier (88) habe das vorhergesagt. Die Impfung schütze nicht vor der Erkrankung, sondern verstärke diese sogar.

Bewertung

Diese Behauptung ist falsch. Montagnier hat das nicht gesagt.

Fakten

In einem Facebook-Post (hier archiviert) wird ein Ausschnitt aus einem Video mit Montagnier verbreitet. In dem dazugehörigen Text wird behauptet: «Alle geimpften Menschen werden innerhalb von zwei Jahren sterben.» Montagnier habe «bestätigt, dass es keine Überlebenschance für Menschen gibt, die irgendeine Form des Impfstoffs erhalten haben».

Tatsächlich gibt es weder in dem Interview-Ausschnitt noch an anderer Stelle eine Äußerung Montagniers, wonach alle geimpften Menschen innerhalb von zwei Jahren sterben würden und es keine Überlebenschance für sie gebe.

Das Interview (hier archiviert) wurde auf der Webseite der RAIR Foundation USA (hier archiviert) verbreitet, die sich selbst als Aktivisten-Organisation beschreibt, die eine «Bedrohung der USA durch Kämpfer für eine islamistische Vorherrschaft, radikale Linke und deren Verbündete» bekämpft.

Die Organisation selbst hat bereits am 20. Mai auf ihrer Webseite (hier archiviert) erklärt, dass Montagnier niemals gesagt hat, geimpfte Menschen würden innerhalb von zwei Jahren sterben. Es könne sich bei diesen Lügen um einen «zynischen Versuch» handeln, davon abzulenken, dass Montagnier die Corona-Impfstoffe für gefährlich halte.

Montagnier wurde 2008 als Mitentdecker des HI-Virus mit dem Nobelpreis ausgezeichnet. Er ist danach immer wieder mit umstrittenen Äußerungen aufgefallen. Unter anderem behauptete er, eine gesunde Ernährung und Lebensführung reiche im Kampf gegen HI-Viren aus und Autismus könne mit dauerhafter Antibiotika-Behandlung geheilt werden.

In dem von RAIR verbreiteten Interview behauptet Montagnier, die Impfung führe zu Mutationen des Covid-19 Virus und damit zu neuen, infektiösen Varianten. Grund dafür sei die Bildung von infektionsverstärkenden Antikörpern (Antibody-dependent enhancement, ADE). Diese Auffassung wird von vielen anderen Wissenschaftlern nicht geteilt. In einem Artikel der Fachzeitschrift «Nature» (hier archiviert) heißt es unter anderem: «Eine definitive Rolle von ADE bei Erkrankungen durch humane Coronaviren ist nicht bekannt.» Da ADE aber bei anderen Viruserkrankungen beobachtet worden sei, könne dies grundsätzlich nicht ausgeschlossen werden. Klinische Daten belegten das derzeit jedoch nicht vollständig.

Links

Facebook-Post (archiviert)

Artikel mit Behauptung (archiviert)

RAIR Foundation USA (archiviert)

Interview bei RAIR (archiviert)

RAIR-Dementi (archiviert)

Nature zu ADE (archiviert)

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