Bewohner von Berliner Pflegeheim nur mit Einverständnis geimpft

22.02.2021, 15:02 (CET)

Seit Ende Dezember werden in Deutschland Bewohner von Pflege- und Seniorenheimen gegen das Coronavirus geimpft, so auch im diakonischen Pflegeheim Agaplesion Bethanien in Berlin. Einem Artikel (hier archiviert) zufolge soll es auf der Demenzstation dieses Pflegeheims zu Impfzwang, Einschüchterung und Gewalt gegen die Bewohner gekommen sein, auch durch Bundeswehrsoldaten. Mehr noch: Die Senioren sollen bei der zweiten Impfdosis «ohne Vorwarnung» dort geimpft worden sein, wo sie gerade angetroffen worden waren. Von 31 Personen sollen acht nach der Impfung gegen das Coronavirus gestorben sein.

BEWERTUNG: Die Behauptungen sind irreführend. 32 von insgesamt 35 Bewohnern der Demenzstation wurden geimpft, für sie lag vorab eine Einverständniserklärung vor. Der Zeitpunkt der zweiten Impfung war geplant, es wurde nicht spontan geimpft. Sechs der 32 geimpften Senioren starben, nachdem sie positiv auf das Coronavirus getestet worden waren.

FAKTEN: Von 35 Bewohnern der Demenzstation wurden 32 am 3. Januar durch ein mobiles Team geimpft. Alle erhielten vorab ein Aufklärungsmerkblatt, einen Anamnesebogen sowie eine Einwilligungserklärung. Diese wurde für 32 Bewohner erteilt, teilweise durch Angehörige.

Beim zweiten Termin wurden 24 Personen geimpft - sechs waren im Laufe des Januars verstorben, zwei weitere erhielten die zweite Dosis wegen ihres gesundheitlichen Zustandes nicht. Die sechs Verstorbenen waren einige Tage nach der ersten Impfung positiv auf das Coronavirus getestet worden. Ob sie an Covid-19, den Folgen ihrer Vorerkrankungen oder beidem gestorben sind, ist nicht zu klären. Weitergehende Deutungen seien einem Sprecher des Pflegeheims zufolge «reine Spekulation».

Ein Corona-Test nach dem 3. Januar ergab bei 13 Bewohnern ein positives Ergebnis. Es ist möglich, dass sie sich kurz vor oder kurz nach der Impfung mit dem Virus infiziert haben. Ein nahezu vollständiger Schutz gegen das Virus setzt erst ab etwa sieben Tagen nach der zweiten Impfung ein.

Menschen in hohem Alter oder mit Vorerkrankungen haben ein erhöhtes Sterberisiko. Daher könne es Todesfälle innerhalb kurzer Zeit nach der Impfung geben, «ohne aber kausal mit der Impfung assoziiert zu sein», erklärt das Paul-Ehrlich-Institut.

Für die unterstellte Heimtücke des Impfteams gibt es keine Anhaltspunkte. In einer Stellungnahme reagierte das Pflegeheim auf die Vorwürfe. «Falsch ist, dass körperliche Gewalt in Form von Festhalten oder Nötigung stattfand», hieß es. Während der Impfungen sei es in keiner Situation zu Übergriffen, Zwang oder Druck gekommen.

Ein Bundeswehrsoldat dokumentierte den Impftermin in der Demenzstation. Er hatte jedoch keinen Kontakt zu den Bewohnern im Wohnbereich. Demnach sei es laut Heimsprecher fraglich, wie der Soldat die Bewohner eingeschüchtert haben sollte. In der Vergangenheit hatten Soldaten im Pflegeheim ausgeholfen, indem sie etwa mit Bewohnern Gespräche führten und spazieren gingen. Dazu habe es ausschließlich positive Rückmeldungen der Bewohner gegeben.

Nach dem zweiten Impftermin waren einige Bewohner tatsächlich etwas müde. Zudem hatten sie Kopfschmerzen und Schmerzen an der Einstichstelle - also gewöhnliche Impfreaktionen, wie eine Statistik des Paul-Ehrlich Instituts zeigt.

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Links:

Artikel: https://www.wochenblick.at/schockierender-whistleblower-bericht-tote-nach-impfung-in-berliner-heim/(hier archiviert https://archive.vn/6HwIk)

Paul-Ehrlich-Institut: Schützt die Impfung vor einer Infektion? https://www.pei.de/DE/service/faq/faq-coronavirus-inhalt2.html (hier archiviert https://archive.vn/jwum4)

Sechster Sicherheitsbericht des Paul-Ehrlich-Instituts: https://www.pei.de/SharedDocs/Downloads/DE/newsroom/dossiers/sicherheitsberichte/sicherheitsbericht-27-12-bis-12-02-21.pdf?__blob=publicationFile&v=9 (hier archiviert http://dpaq.de/pJPY0)

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