Wald-Verbände: Deutscher Wald steht nicht vor Ausverkauf an China

01.02.2021, 11:03 (CET)

Naturschützer schlagen Alarm: Der deutsche Wald sei bedroht - diesmal nicht durch Dürren oder Insektenplagen, sondern durch ausländische Investoren. «Chinesen kaufen in Deutschland ganze Wälder!!», wird in einem Blogbeitrag von Anfang Januar 2021 behauptet (hier archiviert). Das Reich der Mitte sei leer gerodet, darum decke es seinen Holzbedarf nun im Ausland - und kaufe ganze Wälder vor allem in Norddeutschland auf.

BEWERTUNG: Die Aussagen des im Text genannten Maklers sind fast 15 Jahre alt und schon damals von Experten widerlegt worden. Wald-Verbände haben auch heutzutage keinerlei Hinweise darauf, dass chinesische Investoren in großem Maße deutschen Wald aufkaufen.

FAKTEN: Die Nachricht ist nicht neu und fußt auf der Aussage eines einzelnen Maklers aus dem Sommer 2007. Dieser hatte einem damaligen Zeitungsartikel zufolge gesagt, er habe 500 Hektar Wald im Raum Celle angeblich an chinesische Investoren vermittelt. Er wurde mit den Worten zitiert: Er könne sich vor Anfragen aus dem Reich der Mitte nach Forstflächen kaum retten.

Zeitlich parallel erschien etwa in der Tageszeitung «taz» ein Artikel zum selben Thema. Darin räumte etwa der damalige Vorsitzender des Bundes Deutscher Forstleute, Bernhard Dierdorf, ein: Chinesische Investoren seien gar nicht die große aktuelle Gefahr. Es gab also schon seinerzeit Zweifel an Wahrheitsgehalt und Plausibilität der Behauptungen des Maklers über einen Ausverkauf.

Doch ist an der Nachricht heute im Jahr 2021 etwas dran? Sabine Krömer-Butz, Sprecherin der Schutzgemeinschaft Deutscher Wald, verneint das auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur (dpa). Sie habe sich unter den Kollegen vor Ort umgehört. Ergebnis: «Diese Meldung ist nicht aktuell und damals wie heute eine Fake-Nachricht.»

Larissa Schulz-Trieglaff stimmt dem zu. Sie ist Sprecherin von «Die Waldeigentümer», einem Verband, der die Interessen auch von Privatwaldbesitzern vertritt. In deren Hand ist etwa die Hälfte des deutschen Forstes. Der andere Teil gehört Bund, Land und Kommunen. Nur Privatbesitzer können ihren Wald veräußern.

Schulz-Trieglaff erklärt im Gespräch mit der dpa, sie habe nichts davon mitbekommen, dass aktuell Wald in großem Stil verkauft werde. Der durchschnittliche deutsche Privatwald sei etwa drei Hektar groß. Würde eine Fläche von insgesamt 500 Hektar veräußert, wie im Bericht behauptet, dringe dies sicher bis zum Verband vor. Zumal, wenn ausländische Investoren danach griffen. «Wenn überhaupt, wird Wald meist im regionalen Umfeld verkauft», so Schulz-Trieglaff.

Allerdings: Dass das rohstoffarme China seit Jahren rund um die Welt massenhaft Holz für seine wachsende Bau- und Möbelindustrie kauft, stimmt. Jedoch interessieren sich die Investoren vor allem für riesige Waldgebiete wie in Sibirien oder Südamerika, die kostengünstig zu erwerben sind und deren Bewirtschaftung kaum kontrolliert ist. Für den deutschen Wald gilt beides nicht.

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Links:

Beitrag: https://unserenatur.net/chinesen-kaufen-in-deutschland-ganze-waelder/ (archiviert: https://archive.vn/2jWJZ)

Beitrag auf Facebook: https://www.facebook.com/permalink.php?id=116753893066811&story_fbid=438911577517706 (archiviert: https://archive.is/vE0kG)

«Welt»-Artikels vom 13.6.2007: https://www.welt.de/welt_print/article942004/Globalisierung-erreicht-die-Waelder-Chinesen-kaufen-in-Deutschland-ein.html (archiviert: https://archive.is/vDbnW)

«taz»-Artikel vom 27.6.2007: https://taz.de/Waldwirtschaft/!5198782/ (archiviert: https://archive.is/qaJFX)

Infos zu Waldbesitz in Deutschland: https://www.waldeigentuemer.de/themen/private-waldbesitzer/ (archiviert: https://archive.is/fqUTF)

ORF-Bericht über chinesischen Holzeinkauf vom 8.6.2019: https://orf.at/stories/3119860/ (archiviert: https://archive.is/xwx89)

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