Unwahrer Begriff verbreitet - Pädagogin fordert Schutzräume für Kinder

14.01.2021, 14:08 (CET)

«Teltows Kitakinder lernen ihren Körper kennen»: Mit dieser Überschrift ist am 28. Dezember 2020 auf der Website der Zeitung MAZ ein Artikel über die Arbeit einer Sozialpädagogin in Brandenburg erschienen. In sozialen Netzwerken kursieren seitdem sehr viele Posts mit Behauptungen darüber, welche vermeintlichen pädagogischen Konzepte die Beraterin für Kitas fordere, etwa hier (hier archiviert). «Sie ist der Meinung, dass Kinder bis sechs Jahre an Masturbation herangeführt werden müssen und Kitas «Masturbationszimmer» benötigen», wird beispielsweise in einem Artikel über die Sozialpädagogin behauptet. Kann das so stimmen?

BEWERTUNG: Die Pädagogin fordert für Kinder die Möglichkeit, ihre womöglich stattfindenden sexuellen Erfahrungen abgeschieden von anderen Kindern zu machen. An keiner Stelle hat die Frau gefordert, Kinder zur Masturbation heranzuführen oder «Masturbationszimmer» einzurichten - dieser Begriff stammt nicht von ihr.

FAKTEN: In dem Online-Artikel der MAZ (Bezahlinhalt), der am 04.1.2021 auch in der Zeitung veröffentlicht wurde, steht bezüglich der sexualpädagogischen Konzepte der Sozialpädagogin Anke Sieber geschrieben: «Kinder erkunden ihren Körper auf unterschiedliche Weise und in verschiedenen Situationen, weiß Sieber. Hier sollte die Kita den Kindern einen geschützten Raum geben, etwa durch das Anbieten einer Decke und Aufstellen bestimmter Regeln.»

An keiner Stelle in dem Artikel heißt es, dass die Pädagogin ein «Masturbationszimmer» fordert oder Kinder bis sechs Jahren an das Thema Masturbation herangeführt werden sollen - so wurde es später bei einem Artikel einer Lokalzeitung behauptet, die später zu dieser Behauptung eine Richtigstellung veröffentlicht hat: «Zum einen ist das Thema Masturbation im Kindergarten bei der Fortbildung durch die DREIST e.V. [dem Verein der Pädagogin; Anm. v. dpa] zwar Inhalt und Thema, allerdings konnte der Eindruck entstehen, es handelt sich dabei um eine Aufforderung, in der Kita zu masturbieren. Das ist nicht der Fall. Vielmehr soll gelehrt werden, mit Kindern umzugehen, die in der Kita masturbieren», heißt es in der Richtigstellung. «Weiter könnte der Ausdruck "Masturbationszimmer" einen falschen Eindruck vermitteln. Mit geschützten Räumen ist gemeint, dass die Kinder ihre sexuellen Erfahrungen abgeschieden von den Kameraden machen dürfen.»

Die MAZ hat Anfang Januar über den Artikel der Lokalzeitung berichtet: «Dort [in der Lokalzeitung; Anm. v. dpa] war ein MAZ Beitrag zu den Weiterbildungsveranstaltungen des Kita-Eigenbetriebes sinnentstellend und mit zusätzlichen Aussagen des Autors wiedergegeben worden.»

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Links:

Post mit Behauptung: https://www.facebook.com/1061973173841323/posts/3769506489754631 (archiviert: http://dpaq.de/rxqHa)

Artikel der MAZ: https://www.maz-online.de/Lokales/Potsdam-Mittelmark/Teltow/Sexualpaedagogische-Frueherziehung-in-Teltower-Kitas (archiviert: http://dpaq.de/MIVwk)

Artikel in Lokalzeitung über den MAZ-Artikel, mit Behauptung: https://baeke-courier.de/2021/01/04/kita-kinder-erkunden-ihre-koerper/ (archiviert: http://dpaq.de/zXP4y)

Klarstellung der Lokalzeitung: https://baeke-courier.de/2021/01/08/klarstellung-zum-thema-sexuelle-frueherziehung/ (archiviert: https://archive.vn/UMI1m)

Artikel in der MAZ über Lokalzeitung: https://www.maz-online.de/Lokales/Potsdam-Mittelmark/Teltow/Teltow-Bundestagsabgeordnete-Saskia-Ludwig-kritisiert-sexualpaedagogische-Frueherziehung-in-Kitas (archiviert: http://dpaq.de/nCflu)

Artikel mit Behauptung: https://www.freiewelt.net/nachricht/masturbationszimmer-in-kitas-sind-angriff-auf-sexuelle-entwicklung-der-kinder-10083513/?fbclid=IwAR2O2tO6u138WRpdgvCrGfsySI_x0cYKRPuhkBiwLn_zsljnWUt3erCN9lo (archiviert: http://dpaq.de/T29pw)

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