«Glaubensbekenntnis» stammt nicht aus der Feder John D. Rockefellers

27.11.2020, 16:37 (CET)

«Wir werden ihr Leben kurz halten und ihre Gedanken schwach halten, während wir so tun, als würden wir das Gegenteil tun.» So beginnt das vermeintliche «Freimaurer-Glaubensbekenntnis» des US-Großindustriellen John D. Rockefeller. Das ausführliche Credo (hier archiviert) macht gerade in den sozialen Medien die Runde, wird dabei vielfach kommentiert und geteilt.

BEWERTUNG: Es gibt keinen Beleg dafür, dass der Text von John D. Rockefeller verfasst worden ist. Der Text erschien ursprünglich auf einer Finanz-Website; sein Verfasser: anonym.

FAKTEN: Freimaurerlogen gründeten sich im Mittelalter zunächst auf den Britischen Inseln und breiteten sich von dort aus über ganz Europa, später die Welt aus. In ihnen traf sich eine Elite aus Handwerksmeistern, Bürgerlichen, Akademikern und Adeligen. Sie verstanden sich als fortschrittliche Kräfte; schnell dichtete ihnen darum vor allem die Kirche an, sie planten einen Umsturz, um die Macht an sich zu reißen. Dass sich die Freimaurer meist hinter verschlossenen Türen trafen, machte sie - für deren Kritiker - nur umso verdächtiger.

Der US-Amerikaner John D. Rockefeller gründete Mitte des 19. Jahrhunderts «Standard Oil» - hierzulande besser als Esso bekannt. Vielen gilt er bis heute als größter Kapitalist aller Zeiten. Er ist zugleich Begründer der noch immer einflussreichen und bekannten Rockefeller-Dynastie.

Reichtum und Einfluss der Freimaurer und Rockefellers ließen früh Vorurteile und Verschwörungstheorien gedeihen.

Auch das aktuell kursierende, angebliche «Glaubensbekenntnis», aus der Perspektive eines Freimaurers verfasst, ist voll von subversiven Vorhaben. So heißt es darin etwa, man wolle den Menschen mit Giften, die ihnen über Wasser und Nahrungsmittel verabreicht würden, den Verstand rauben, sie versklaven, übergewichtig und abhängig werden lassen.

Es finden sich keinerlei Hinweise darauf, dass der Text aus der Feder Rockefellers stammt. Manche Indizien sprechen sogar dagegen: Denn der Verfasser der Schrift will das Volk auch mit «Videospielen» ablenken; die ersten Videospiele jedoch wurden erst in den 1950er Jahren und damit zwei Jahrzehnte nach Rockefellers Tod entwickelt.

Überhaupt scheint ist unsicher, ob die Zeilen von einem Mitglied einer Freimaurer-Loge verfasst wurden.

Die Recherche ergibt, dass der Text vor 2003 unter dem Titel «Der Geheimbund» auf «www.BankIndex.com» erschienen ist, einem Portal für Finanzkommentare. Verfasser sei ein unbekannter Autor, heißt es dort - nicht: John D. Rockefeller.

Auch die Faktenchecker von «Snopes» beschäftigte dieses Thema; sie kamen zu vergleichbaren Ergebnissen.

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Links:

Beitrag auf Facebook: https://www.facebook.com/198670873853028/posts/1232739783779460 (archiviert: https://archive.vn/JCaY2)

Erläuterungen zu Freimaurern: https://www.britannica.com/topic/order-of-Freemasons (archiviert: https://archive.vn/9Uz7r)

Biografische Notiz zu John D. Rockefeller: http://www.britannica.com/biography/John-D-Rockefeller (archiviert: https://archive.vn/8k4Ka)

Überblick Geschichte der Videospiele: https://www.game.de/spielgeschichte/ (archiviert: https://archive.vn/znWTB)

Original-Veröffentlichung des «Glaubensbekenntnisses»: http://www.bankindex.com/read.asp?ID=861 (archiviert: http://dpaq.de/htd1T)

«Snopes»-Faktencheck: https://www.snopes.com/fact-check/john-d-rockefellers-masonic-creed/#google_vignette (archiviert: https://archive.vn/jg3n7)

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Kontakt zum dpa-Faktencheckteam: faktencheck@dpa.com