Unfallversicherung sieht keine Gesundheitsgefahr durch Corona-Masken
13.11.2020, 17:43 (CET)
Zur Eindämmung der Corona-Pandemie gibt es teils auch in Schulen eine Maskenpflicht. Im Internet warnen Maskengegner nun vor drohenden Gesundheitsschäden. So kursiert die Behauptung, die Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung (DGUV) habe Masken für Kinder verboten (hier archiviert). Erwachsene dürfen demnach nur zwei Stunden lang eine Mund-Nasen-Bedeckung tragen. Als Beleg wird ein Dokument verbreitet, das unter anderem von einer Arbeitsmedizinerin verfasst wurde.
BEWERTUNG: Falsch. Aus den Empfehlungen der DGUV ergibt sich kein Masken-Verbot für Kinder. Die Angaben zu Orientierungswerten für Arbeitnehmer sind verkürzt wiedergegeben.
FAKTEN: Die DGUV hat in einer Mitteilung vom 10. November klargestellt, dass sie keine Belege für eine Gesundheitsgefahr durch das Tragen von Mund-Nasen-Bedeckungen sieht.
Sie hat lediglich Empfehlungen zur Tragezeit von Mund-Nase-Bedeckungen herausgegeben, wie Sprecher Stefan Boltz der Deutschen Presse-Agentur auf Anfrage mitgeteilt hat. Der Gesundheitsbereich ist dabei ausgenommen. Die Empfehlungen wurden im Mai veröffentlicht und im Oktober noch einmal aktualisiert, ohne dass es dabei inhaltliche Änderungen gegeben hat.
Sie sehen bei mittelschwerer körperlicher Arbeit eine Tragedauer von zwei Stunden mit einer anschließenden «Erholungszeit» von 30 Minuten vor. Eine Arbeitspause ist damit nicht gemeint, Beschäftigte sollen in dieser Zeit lediglich die Maske ablegen. Bei leichter Arbeit sei auch eine Verlängerung der Tragedauer auf drei Stunden möglich.
In der betrieblichen Praxis sei es außerdem oft möglich, für kurze Zeit die Maske abzunehmen, wenn der Mindestabstand von 1,50 Metern zu anderen Personen gewährleistet ist. In diesen Fällen ist es also nicht nötig, die Maske für 30 Minuten abzunehmen.
Die Empfehlungen dienen Arbeitgebern zur Orientierung und sind keine verbindlichen Vorgaben. Insbesondere lasse sich aus ihnen nicht ableiten, dass betriebliche Vorschriften zum Tragen von Masken hinfällig seien.
Für Schulen hat die DGUV einen eigenen Schutzstandard veröffentlicht. Darin wird eine Maskenpflicht für Schüler ab der fünften Klasse auch im Unterricht empfohlen, wenn aufgrund der schulischen Abläufe die nötigen Abstände nicht eingehalten werden können.
In diesem Fall sollten Schüler genügend Kurzpausen erhalten, in denen sie die Maske abnehmen können. Sind solche Kurzpausen nicht möglich, ist den Angaben zufolge nach drei Stunden Tragezeit eine Masken-Pause von 15 bis 30 Minuten ratsam.
Es ist also nicht richtig, dass Masken der DGUV zufolge nicht länger als zwei Stunden getragen werden dürfen, wie Sprecher Boltz betont. Ebenso wenig gebe es eine Verpflichtung für Arbeitgeber, Vorsorgeuntersuchungen anzubieten, wie dies im verbreiteten Dokument der Arbeitsmedizinerin behauptet wird.
In einem im Internet vielfach geteilten Video wurde fälschlicherweise behauptet, die DGUV habe die Angaben in dem Dokument bestätigt. Sie hat jedoch in einer Mitteilung vom 11. November klargestellt, dass ihr hierdurch Aussagen zugeschrieben wurden, die sie nicht getroffen hat.
Richtig ist, dass die Empfehlungen sich an der DGUV-Regel 112-190 zur Benutzung von Atemschutzgeräten orientieren, die im Dokument ebenfalls zitiert wird. In diesem Regelwerk werden Tragezeitbegrenzungen für verschiedene Maskenarten aufgeführt.
Der Wert von zwei Stunden entspricht dabei der Vorgabe für Filtermasken mit Ausatemventil. Denn die DGUV-Experten gehen davon aus, dass Mund-Nase-Bedeckungen aus Baumwolle, Leinen oder Seide sowie medizinische Gesichtsmasken ähnliche Atemwiderstände wie solche Filtermasken aufweisen können.
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Links:
Beitrag auf Facebook: https://www.facebook.com/permalink.php?story_fbid=3990210357659083&id=100000104751831 (archiviert: https://archive.vn/WUu8V)
Dokument zur vermeintlichen Gesundheitsgefahr durch Masken von Arbeitsmedizinerin Beatrice Vöhringer: https://www.proske.news/wp-content/uploads/2020/11/2_5267515601697376955.pdf (archiviert: http://dpaq.de/JAoK7)
Mitteilung der DGUV «Fakten zu Mund-Nase-Bedeckungen»: https://www.dguv.de/de/mediencenter/pm/pressemitteilung_411780.jsp (archiviert: https://archive.vn/Ze1it)
Mitteilung der DGUV zu Falschmeldungen im Internet: https://www.dguv.de/de/mediencenter/pm/pressearchiv/2020/quartal_4/details_4_412161.jsp (archiviert: https://archive.vn/ba87U)
Video mit falscher Zitierung der DGUV: https://www.youtube.com/watch?v=NKrlcel6FSA (archiviert: https://perma.cc/D8GW-MN55)
DGUV-Empfehlungen zur Tragezeit: https://www.dguv.de/medien/inhalt/praevention/themen_a_z/biologisch/kobas/tragezeitbegrenzung_kobas_27_05_2020.pdf (archiviert: http://dpaq.de/nxLCE)
Erläuterungen zu den DGUV-Empfehlungen: https://www.dguv.de/medien/inhalt/praevention/themen_a_z/biologisch/kobas/erlaeuterungen_tragezeitbegrenzung_kobas_7_10_2020.pdf (archiviert: http://dpaq.de/grrrk)
DGUV-Regel zur Benutzung von Atemschutzgeräten: https://publikationen.dguv.de/widgets/pdf/download/article/1011 (archiviert: http://dpaq.de/jye5H)
DGUV-Empfehlungen für Schulen: https://publikationen.dguv.de/widgets/pdf/download/article/3850 (archiviert: http://dpaq.de/VKlDl)
Maskenempfehlung der Deutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin (DGKJ): https://www.dgkj.de/fileadmin/user_upload/Meldungen_2020/200504_DGKJ_Maskenempfehlung_aktualisiert.pdf (archiviert: http://dpaq.de/JfiR0)
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