Polizei warnt vor Falschmeldung - Mediziner schließen Tod eines Kindes nur durch Maske aus

03.10.2020, 11:04 (CEST)

Seit Wochen werden in sozialen Netzwerken Falschmeldungen über Kinder verbreitet, die angeblich durch das Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes gestorben sein sollen. Einer dieser Fälle habe sich am 28. September 2020 in der Nähe von Schweinfurt ereignet, heißt es unter der Überschrift «3. totes Kind wegen der Maske» bei Facebook (hier archiviert). Angeblich soll dort ein sechsjähriges Mädchen im Schulbus bewusstlos geworden sein.

BEWERTUNG: Ein derartiger Fall ist der Polizei in Unterfranken nicht bekannt. Mediziner schließen aus, dass ein Kind nur durch das Tragen einer Alltagsmaske stirbt.

FAKTEN: Die Polizei in Unterfranken warnte via Twitter und Facebook davor, die Falschmeldung zu verbreiten. «Das sind Internetmärchen, die seit Dienstag auf verschiedenen Social-Media-Kanälen in der Region verbreitet werden», erläuterte eine Sprecherin der Polizei der Deutschen Presse-Agentur auf Anfrage

Weder in Schweinfurt noch in der Umgebung sei eine Sechsjährige wegen des Tragens einer Alltagsmaske erkrankt oder gar ums Leben gekommen. Inzwischen hätten sich schon mehrere besorgte Bürger in dem Regierungsbezirk im Norden Bayerns bei der Polizei gemeldet. «Die Kripo versucht gerade herauszufinden, wer das gestreut hat», fügte die Sprecherin hinzu.

Dass ein Kind nur durch Tragen einer Alltagsmaske stirbt, schließen Fachleute aus: «Unmöglich» sei das, sagt der Berliner Mediziner und Sprecher des Berufsverbandes der Kinder- und Jugendärzte, Jakob Maske, auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur (dpa). Auch kleine Kinder könnten einen Mundschutz tragen. «Das ist gar kein Problem», erklärt der Experte.

Angenommen, ein Kind würde tatsächlich nicht genügend Sauerstoff oder zu viel CO2 einatmen, dann würde es müde werden und sich abgeschlagen fühlen, so der Mediziner. In diesem Fall würde das Kind die Maske von allein abnehmen. «Davon stirbt man aber auf gar keinen Fall», erklärt der Experte, denn: «Das CO2 ist ein Gas und bleibt im Stoff nicht hängen.» Dominic Dellweg, Chefarzt für Pneumologie am Fachkrankenhaus Kloster Grafschaft, veranschaulicht das: «Wenn Luft durch die Maske geht, gehen auch Sauerstoff und CO2 durch.» Auch er schließt aus, dass ein gesundes Kind durch die Verwendung einer Alltagsmaske stirbt.

Aber warum atmet man mit Maske schlechter? Eine Maske stellt allgemein - unabhängig von Sauerstoff und CO2 - einen Widerstand für die Atmung dar. Dadurch erhöhe sich die Atemanstrengung und das Gehirn könne eine Luftnot melden, erklärt Dellweg. Deshalb rät er zu einer «sehr gut durchatembaren» Maske für Kinder. Im Gegensatz zu den medizinischen Masken gibt es bei den sogenannten Community-Masken dafür keine Norm.

Allgemein gilt für Kinder, die noch nicht das Grundschulalter erreicht haben, eine «Kann-Empfehlung» für Masken, erklärt die Deutsche Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin. Säuglinge sollten der Empfehlung zufolge keine Maske tragen.

Bei Kindern, die aufgrund einer Erkrankung in ihrer Herz- oder Lungenfunktion eingeschränkt sind, soll das Risiko der Maske individuell mit dem Arzt abgeklärt werden. Ein Beispiel: Asthmakranke Kinder können bei einem Anfall in Atemnot geraten. In so einem Fall verschlechtert die Maske nach Worten von Dominic Dellweg die Situation.

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Links:

Beitrag: https://www.facebook.com/janett.meyer.5/posts/3331612690293121 (archiviert: http://dpaq.de/SWIv9)

Warnung der Polizei bei Twitter: https://twitter.com/PolizeiUFR/status/1311582255505121280 (archiviert: http://dpaq.de/DVO8o)

Warnung der Polizei bei Facebook: https://www.facebook.com/PolizeiUnterfranken/posts/3440630375990940 (archiviert: http://dpaq.de/Vs95c)

Maskenempfehlung der Deutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin (DGKJ): https://www.dgkj.de/fileadmin/user_upload/Meldungen_2020/200504_DGKJ_Maskenempfehlung_aktualisiert.pdf (archiviert: http://dpaq.de/2vWF3)

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