Keine Urinflecken: Foto von Hildmanns Festnahme manipuliert

01.09.2020, 21:24 (CEST)

Er ist einer der bekanntesten Verbreiter von Verschwörungsmythen in Deutschland: Der rechtsradikale Vegan-Koch Attila Hildmann posaunt seit Monaten krude Thesen in die Welt - unter anderem auch Lügen über das Coronavirus. Bei den Demonstrationen gegen die staatlichen Corona-Schutzauflagen in Berlin nahm ihn die Polizei am 29. August fest. Nun wird ein Foto dieser Aktion in sozialen Medien verbreitet, das einen deutlichen Urinfleck in Hildmanns Schritt zeigt - verbunden mit hämischen Kommentaren.

BEWERTUNG: Das Foto wurde nachträglich manipuliert. Videos zeigen, dass Hildmann an sich halten konnte.

FAKTEN: Der rechtsradikale Verschwörungsmystiker Hildmann wurde am Nachmittag des 29. August 2020 vor der russischen Botschaft in Berlin festgenommen. Nach Angaben einer Polizeisprecherin war er der Aufforderung nicht nachgekommen, den Ort zu verlassen, wie etwa die «Bild»-Zeitung berichtet.

Auf einem Foto, das in den sozialen Netzwerken für so einigen Hohn sorgt, ist auf der grauen Hose Hildmanns ein vermeintlicher Urinfleck zu sehen, während er von Polizisten im Schwitzkasten abgeführt wird.

Die Aufnahme entstand vor dem Botschaftsgebäude auf der Straße Unter den Linden. Ein Vergleichsbild auf dem Kartenportal Mapillary zeigt die genaue Stelle der Festnahme: kurz vor dem Eingang zum S-Bahnhof Brandenburger Tor.

In verschiedenen Videoaufnahmen der Situation ist allerdings zu erkennen, dass sich Hildmann an keiner Stelle der Festnahme einnässt. Unter anderem ist die gesamte polizeiliche Maßnahme in einem Clip auf dem Youtube-Kanal der «Bild» festgehalten. Zudem findet in sozialen Medien das gleiche Foto auch ohne die hineinmanipulierten Flecken Verbreitung.

Hildmann kam am selben Tag offenbar nach kurzer Zeit wieder frei, wie aus dem Nachrichtenverlauf auf seinem Telegram-Kanal ersichtlich ist. In einer Reaktion auf das Foto warf der Rechtsextremist dort seinen politischen Gegnern vor, «nen Pissfleck reinretuschiert» zu haben.

Am 29. August waren vor der russischen Botschaft nach Angaben von Berlins Innensenator Andreas Geisel (SPD) unter anderem aus einer Menge von rund 3000 sogenannten Reichsbürgern und Rechtsextremisten Steine und Flaschen auf die Polizei geflogen. Laut Polizei gab es dort auch Gefangenenbefreiungen.

Mehrere Zehntausend Menschen hatten am selben Tag in Berlin überwiegend friedlich gegen die staatlichen Corona-Schutzauflagen demonstriert - unter anderem bei einer Großkundgebung an der Siegessäule. Am Abend allerdings hatten Demonstranten eine Absperrung am Reichstagsgebäude durchbrochen und waren die Treppe hochgestürmt. Polizeibeamte drängten die Menschen zurück, sie setzten Pfefferspray ein. Es kam zu Rangeleien. Insgesamt war die Polizei an dem Tag mit rund 3000 Beamten im Einsatz.

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Links:

«Bild»-Video von Hildmann-Festnahme: https://www.youtube.com/watch?v=_zFoQspFeqI

Mapillary-Foto vor der russischen Botschaft: https://www.mapillary.com/app/?lat=52.516428&lng=13.383564&z=19.56796359863698&focus=photo&pKey=yq1OeUe6yDqd1Bx3tUBkuA (archiviert: https://archive.vn/LbMEu)

Tweet mit Foto ohne hineinmanipulierte Flecken: https://twitter.com/Lokoschat/status/1300035520102359041 (archiviert: https://archive.vn/cfr0k)

«Bild» u. a. über Hildmann-Festnahme: https://www.bild.de/news/inland/news-inland/corona-demos-in-berlin-72629634.bild.html (archiviert: https://archive.vn/IrUZv)

Facebook-Post mit manipuliertem Hildmann-Foto: https://www.facebook.com/matthiasclemenszecplus/photos/a.1735440833341303/2696527823899261 (archiviert: https://archive.vn/IVuwQ)

Tweet mit manipuliertem Hildmann-Foto: https://twitter.com/ZecNutrition/status/1299795135497199624 (archiviert: https://archive.vn/3WX1r)

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