Sexistische Lüge über Michelle Obama hat Ursprung in Satire-Artikel

24.08.2020, 09:11 (CEST)

Das Testament ihrer verstorbenen Mutter soll die frühere First Lady Michelle Obama angeblich als «Sohn Michael Robinson Obama» ausweisen. Ein Artikel mit dieser Behauptung wird derzeit auf Facebook verbreitet. Nutzer verstehen den Beitrag als Beweis dafür, dass die seit Jahren kursierende Verschwörungserzählung, wonach Michelle Obama ein Mann sei, der Wahrheit entspreche: «Na, jetzt dürfte jeden klar sein, dass die Michelle der Michl ist!», heißt es in einem Kommentar.

BEWERTUNG: Der Inhalt des Artikels ist erfunden. Er geht auf eine englischsprachige Seite zurück, die nach eigenen Angaben Satire veröffentlicht. Die Mutter von Michelle Obama lebt.

FAKTEN: Als Quelle wird auf Facebook auf einen Text der Seite «freeworldnews.us» verwiesen. Darin wird behauptet, Michelle Obamas Mutter sei gestorben und habe das Erbe ihrem «Sohn Michael» hinterlassen. Der Text wirkt teilweise wie eine automatische Übersetzung und ergibt nicht immer Sinn: «Sie schlief friedlich ein, bevor sie größtenteils von ihrem Lhasa Apso verschlungen wurde, und die Polizei von Chicago hat jegliches Foulspiel ausgeschlossen.» Ein Lhasa Apso ist ein kleiner Hund.

Die Seite «Freeworldnews.us» besitzt kein Impressum und wurde erst im Juni 2020 angemeldet, wie ein Blick auf https://whois.domaintools.com/ zeigt. Der Text über Michelle Obamas Mutter wurde offenbar von der Seite «obamawatcher.com» übernommen und übersetzt. Der Link zum Original steht unter dem deutschen Text. Dort steht jedoch nicht, dass sich «obamawatcher.com» selbst als Satire- und Parodieseite bezeichnet.

Der Text über Michelle Obamas angeblich verstorbene Mutter und deren angebliches Erbe ist also erfunden. Obamas Mutter lebt zudem noch - es existieren keine Berichte über einen Tod der heute 83-Jährigen. Ende 2019 wiesen US-Faktenchecker von «Snopes.com» bereits auf die Kennzeichnung des Textes als Satire hin, da der Hinweis darauf auch im englischsprachigen Raum teils unterschlagen wurde.

Die Satire hat allerdings einen ernsten Hintergrund: Seit einigen Jahren existiert in rechten US-Medien die Verschwörungserzählung, wonach Michelle Obama eigentlich ein Mann sein soll. Zu den Verbreitern gehört etwa der ultrarechte Betreiber der Seite «Infowars.com», dessen Konten bei Facebook und Twitter bereits wegen missbräuchlichen Verhaltens gesperrt wurden.

---

Links:

Facebook-Posting mit der falschen Behauptung (18. August 2020): https://www.facebook.com/photo.php?fbid=638855667048485&set=a.165327524401304&type=3&theater (archiviert: https://archive.vn/kZSgZ)

Text mit der falschen Behauptung auf der Seite «freeworldnews.us» (17. August 2020): https://freeworldnews.us/michelle-obamas-mutter-stirbt-und-ueberlaesst-die-erbschaft-mein-sohn-michael (archiviert: https://archive.vn/1vGDY)

«Über uns»-Artikel der Seite «obamawatcher.com»: https://obamawatcher.com/sample-page/ (archiviert: http://dpaq.de/WjsOk)

Faktencheck von «Snopes.com» über den Satire-Artikel (22. Oktober 2019): https://www.snopes.com/fact-check/michelle-obama-inheritance/ (archiviert: https://archive.vn/55S2V)

Artikel des «Independent» über Alex Jones‘ Verschwörungserzählung über Michelle Obama (25. August 2017): https://www.independent.co.uk/news/world/americas/alex-jones-michelle-obama-man-proof-infowars-conspiracy-theorist-sandy-hook-a7911996.html (archiviert: http://dpaq.de/JXA7N)

BBC-Artikel über die Twitter-Sperrung von Alex Jones (6. September 2018): https://www.bbc.com/news/world-us-canada-45442417(archiviert: http://dpaq.de/FzmRY)

---

Kontakt zum dpa-Faktencheckteam: faktencheck@dpa.com